Выбрать главу

»Und dennoch hassen sie die Schlangen«, fügte Drakon verächtlich an. »Dazu hat das Syndikatsystem letztlich geführt: zu einem Inneren Sicherheitsdienst, vor dem wir uns mehr fürchten als vor der Allianz.«

»Ja, Sir, das ist genau das, wohin es führt. Ich werde Ihnen die Texte beschaffen, General.«

Auch wenn Icenis Verdächtigung, Morgan könnte für die Schlangen arbeiten, völlig absurd war, musste er dennoch wieder über diese Äußerung nachdenken. Die Erwähnung der Schlangen hatte diese Sache ungewollt in den Vordergrund rücken lassen. »Colonel Malin, wie sicher können wir uns sein, was die Echtheit der Informationen über Colonel Morgans Vergangenheit angeht? Gibt es da irgendetwas Wichtiges, was ich bislang noch nicht zu Gesicht bekommen habe?«

Für einen winzigen Augenblick flammte eine intensive Gefühlsregung in Malins Augen auf, die so schnell wieder verschwunden war, dass Drakon sich nicht sicher sein konnte, was er gerade eben gesehen hatte. Schmerz? Das ergab keinen Sinn. Wut? Ja, vielleicht. Frust? Ganz sicher. Malin hatte zweifellos viele Stunden damit verbracht, nach irgendeinem noch so winzigen Hinweis zu suchen, mit dem er Morgan loswerden konnte. Dass es ihm nicht gelungen war, etwas Belastendes zutage zu fördern, musste eine herbe Enttäuschung gewesen sein.

Als Malin dann antwortete, klang seine Stimme so beherrscht wie immer. »Nein, Sir. Was hat sie jetzt wieder angestellt?«

»Seit ihrem kleinen Auftritt im Kommandozentrum nichts weiter.« Drakon rieb sich die Augen und sah Malin wieder an. »Sind unsere Informationen korrekt? Oder besteht die Möglichkeit, dass wir über Morgan Dinge zu wissen glauben, die gar nicht zutreffen?«

»Nein, Sir. Ich bin mir absolut sicher, dass Ihre Informationen über Colonel Morgan stimmen.«

»Ich weiß, was Sie von ihr halten, deshalb werde ich Sie diese Sache geradeheraus fragen: Besteht Ihrer Meinung nach irgendeine Möglichkeit, dass Morgan für die Schlangen arbeitet?«

Diesmal war Malins Reaktion zweifelsfrei zu erkennen: Verwunderung. »Nein, Sir, ich kann mir nicht vorstellen, dass … Sie hasst die Schlangen, Sir.«

»Mehr als sie Sie hasst?«

Malin reagierte mit einem schwachen Lächeln. »Das möchte ich bezweifeln, General. Aber ich werde Colonel Morgan im Auge behalten.«

Und Morgan wird Sie im Auge behalten. Überhaupt behalten wir uns alle ständig gegenseitig im Auge. Wie um alles in der Welt bekommen wir eigentlich noch irgendwas getan? »Danke, Bran. Sorgen Sie dafür, dass Präsidentin Icenis Leute erfahren, dass die Agentin am Leben bleibt. Ich will, dass Sie die Frau in einer Hochsicherheitszelle unterbringen, deren Sicherheitssystem ein paar erkennbare Lücken aufweist.«

Diesmal lächelte Malin verstehend. »Inklusive einer vollständigen Überwachung aller Lücken, damit wir sehen können, wer versucht, die Schlupflöcher für sich zu nutzen. Jawohl, Sir. Ich werde mich sofort darum kümmern.«

Präsidentin Iceni zeigte ihr freundlichstes Lächeln, was etwas leichter für sie war, da sie das Kommandozentrum verlassen hatte und in ihren eigenen Regierungskomplex zurückgekehrt war. In einer vertrauten Umgebung an ihrem eigenen Schreibtisch zu sitzen war eine willkommene Abwechslung, nachdem sie tagelang damit hatte rechnen müssen, dass die Enigmas sie auslöschen würden. »Admiral Geary, ich möchte Ihnen meinen persönlichen Dank aussprechen für Ihr Handeln zum Schutz des von Menschen besiedelten Weltalls und des Midway-Sternensystems vor erneuten Angriffen durch die Enigma-Rasse.«

Nun ging es an den heikleren Teil. »Midway steht auch weiterhin zu seinen Verpflichtungen aus den Verträgen, die mit der Regierung der Syndikatwelten auf Prime geschlossen wurden«, fuhr Iceni fort. »Da wir inzwischen allerdings ein unabhängiges Sternensystem sind, werden Nachverhandlungen über die Vereinbarungen erforderlich. Ich versichere Ihnen, wir sind an Übereinkünften interessiert, von denen Midway und die Allianz gleichermaßen profitieren werden. Ich gehe nicht davon aus, dass es auf dem Weg zu diesen Vereinbarungen irgendwelche Schwierigkeiten geben wird.« So. Kurz und knapp und ein bisschen schwammig. Sag nichts, was nach Unterwürfigkeit oder Drohung klingen könnte. Die Flotte von CEO Boyens hält sich noch immer in der Nähe des Hypernet-Portals auf, und wenn ich mir eines nicht erlauben kann, dann ist es Black Jack zu verärgern. Aber ich kann auch nicht zulassen, dass er mich als selbstverständlich hinnimmt. »Für das Volk. Iceni, Ende.«

Iceni rieb sich das Genick und versuchte, die verspannten Muskeln zu lockern. »Sorgen Sie dafür, dass eine Kopie davon an General Drakon geht, damit er weiß, dass ich nicht hinter seinem Rücken mit Black Jack rede«, wies sie Togo an. »Geben Sie mir Bescheid, sobald wir eine Antwort erhalten.«

»Ja, Madam Präsidentin.«

»Noch keine Reaktion von CEO Boyens?«

»Nein, Madam Präsidentin. Einer unserer Leichten Kreuzer ist unterwegs, um die Übertragungen zwischen der Syndikat-Flotte und dem Allianz-Flaggschiff abzufangen, aber er wird erst in einer Stunde eine geeignete Position erreicht haben.«

Mit finsterer Miene betrachtete sie das Display, das den Leichten Kreuzer zeigte, wie er sich scheinbar im Schneckentempo auf einen Orbit zubewegte, auf dem er sich zwischen den Streitkräften von Black Jack und Boyens befinden würde. Das Display gab an, dass das Kriegsschiff in Wahrheit mit 0,2 Licht unterwegs war, was sogar nach den Standards der Weltraumreise beeindruckend war. Ich könnte mich bei Kommodor Marphissa darüber beklagen, wie lange das alles dauert, aber ich weiß ja, dass ihre Streitkräfte damit befasst waren, auf meinen Befehl hin die Enigmas zu jagen. Diese Tatsache wäre trotzdem für etliche CEOs, unter denen ich leider gedient habe, noch lange kein Grund gewesen, einfach zu schweigen. Aber ich habe von derartigen Brüllaffen gelernt, dass man auf diese Weise niemanden motiviert. Man bewirkt nichts als das Gegenteil, da die Leute aus Widerwillen oder Angst nur umso langsamer werden. Ich hoffe, Marphissa weiß meine Zurückhaltung zu schätzen.

»Der Botschafter von Taroa wartet auf Sie«, sagte Togo.

»Schicken Sie ihn rein.«

So wie andere Sternensysteme, die sich gegen das Syndikat aufgelehnt hatten, hatte auch Taroa unter einer massiven Ausbeutung durch die älteren und erfahreneren Regierungsvertreter gelitten. Einige von diesen Leuten waren tot, anderen war die Flucht gelungen, und wieder andere saßen im Gefängnis. Der Botschafter gehörte zur neuen Garde, ein ehemaliger Universitätslehrer, der durch enge persönliche Verbindungen zur neuen Regierung sehr schnell in ein hohes Amt aufgestiegen war.

Zumindest war ihm bekannt, dass das offizielle Protokoll vorsah, Besuche wie diesen persönlich zu erledigen.

Iceni lächelte höflich und bedeutete dem Botschafter, Platz zu nehmen. Sie sah ihm zu, wie er sich ein wenig misstrauisch hinsetzte und ihr einen Blick zuwarf, der seine Nervosität verriet. Jemand mit deutlich mehr Erfahrung hätte das mühelos überspielt. Iceni war eine CEO gewesen, bevor sie sich den Titel Präsidentin gegeben hatte. Den Bürgern der Syndikatwelten hatte man eingeimpft, einem CEO nicht in die Augen zu sehen, weshalb selbst ein frischgebackener Botschafter Mühe hatte, diese Angewohnheit abzulegen. »Sie haben unser Angebot erhalten?«, fragte Iceni.

Der Botschafter nickte. »Ja, Madam Präsidentin. Es erscheint uns … extrem großzügig.«

»Und jetzt fragen Sie sich, was denn wohl der Haken an der Sache ist, richtig?«

Ihre offene Art überraschte den neuen Botschafter und brachte ihn aus dem Konzept, was genau ihre Absicht gewesen war.