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»Woher wollen Sie das wissen?«, fragte Iceni. »Black Jack sprach davon, dass sich die Gefangenschaft auf sie ausgewirkt hat, aber er hat keine Einzelheiten genannt.«

Drakon wirkte, als überlege er, ob er darauf etwas erwidern sollte, dann zuckte er mit den Schultern. »Ich kenne einige Leute, die nach langer Gefangenschaft aus einem Arbeitslager entlassen wurden. Für sie war es … sehr unangenehm, nicht ständig von vier Wänden umgeben zu sein.«

Iceni fragte sich, was sie dazu sagen konnte. Wer von uns kennt nicht irgendjemanden, der in ein Arbeitslager geschickt wurde? Aber nicht viele von uns begegnen jemandem, der aus einem dieser Lager entlassen worden war. Zu viele sind dort gestorben. »Waren das Freunde von Ihnen?«

»Ja.« Drakon hatte den Blick gesenkt, seine Miene war wie versteinert.

Schon gut, ich werde nicht weiter nachfragen. Ich werde sogar das Thema wechseln. »Was schlagen Sie vor, wo wir diese ehemaligen Gefangenen unterbringen sollen?«

Er hob den Kopf, sichtlich erleichtert darüber, dass sie ihn nicht nach weiteren Details gefragt hatte. »Auf der Orbitaleinrichtung. Sie ist nicht allzu groß, und die Räumlichkeiten ähneln in gewisser Weise einem Gefängnis, so wie sie es gewohnt sind. Es handelt sich um eine gemischt genutzte Einrichtung mit Militär und Zivilisten. Die Sicherheit ist kein nennenswertes Thema, da es dort sehr einfach ist, den Zugang zu bestimmten Bereichen einzuschränken. Und niemand kann uns vorwerfen, wir würden sie wegsperren, damit wir Ruhe vor ihnen haben.«

»Hmm.« Iceni lächelte. »Wir könnten sogar Lob dafür erhalten. Seht her! Zum ersten Mal wurde jemand aus dem von den Enigmas kontrollierten Gebiet zurückgeholt. Und dank unserer Beziehungen zu Black Jack sind sie jetzt wieder frei!«

Drakon nickte, sah sie dann aber eindringlich an. »Sie sind eigentlich nicht die Ersten.«

»Die aus dem Gebiet der Enigmas zurückkehren?«, fragte Iceni. »Ich nehme an, Colonel Morgan darf diesen Titel für sich beanspruchen. Sie haben mir noch immer nicht den Grund genannt. Wissen Sie, warum sie sich für diese Selbstmordmission freiwillig gemeldet hat?«

»Nein. Sie wuchs in einem staatlichen Waisenhaus auf, beide Elternteile waren im Krieg gefallen. Aber Morgan verliert nie ein Wort darüber. Ich weiß nicht mehr, als dass sie eine medizinische Unbedenklichkeitsbescheinigung erhalten hat, sodass sie nach dieser Mission wieder eingesetzt werden konnte.«

»Ach ja? Und was steht da genau drin?«

Drakon zog die Brauen zusammen. »Nicht viel, außer dass sie diensttauglich ist. Sie benötigte diese Bescheinigung, sonst hätte man sie als Soldatin auf Arbeiter-Ebene ins Gefecht geschickt. Das widerfuhr dem Mann, der mit ihr auf dieser Mission unterwegs gewesen war. Er wurde einen Monat später in eine von diesen Schlachten zwischen uns und der Allianz geschickt, in der so viele Männer, Frauen, Schiffe und Waffen zum Einsatz kamen, als hätten wir gehofft, die Kriegsmaschinerie zum Erliegen zu bringen, wenn wir sie nur mit einer ausreichenden Zahl von Opfern verstopfen. Er fiel in der ersten Schlacht.«

Sie musterte Drakon. Sie wusste, von welcher Art Schlacht Drakon redete, und sie kannte dieses schreckliche Gefühl völliger Sinnlosigkeit, das durch diese Kämpfe verursacht worden war. Es hatte immer so gewirkt, als könne nichts und niemand jemals dieses sinnlose Abschlachten stoppen. »Aber Morgan wurde vor diesem Schicksal bewahrt«, meinte sie nachdenklich. »Sie muss einen Gönner gehabt haben, dass ihr diese Bescheinigung ausgestellt wurde. Haben Sie eine Ahnung, wer das war?«

»Nein. Ich musste davon ausgehen, dass sie die Voraussetzungen für die Bescheinigung erfüllt hatte, denn Morgan hat keine Verbindungen zu irgendjemandem, der so was für sie hätte arrangieren können.«

»Keine Verbindungen, von denen Sie wissen«, hakte Iceni nach.

»Ich habe sehr intensiv nachgeforscht«, sagte Drakon in einem Tonfall, der deutlich machen sollte, dass er nichts unversucht gelassen hatte, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. »Aber dass sie aus dem Enigma-Gebiet zurückgekehrt ist, wussten Sie ja schon. Ich habe das überhaupt nur angesprochen, weil wir beide wissen, dass Morgan … na ja, dass sie ein paar Probleme hat.«

»Das ist noch harmlos ausgedrückt.«

»Ein paar von diesen Problemen könnten zugegebenermaßen auch schon vor der Mission existiert haben. Das würde dann auch erklären, wieso sie sich freiwillig gemeldet hat. Ob es allerdings so ist, wissen wir nicht. Aber das alles«, redete er weiter, »gilt auch für diese Bürger, die von den Enigmas festgehalten wurden. Einige von ihnen könnten jetzt auch Probleme haben. Sie werden jedenfalls eine Menge Hilfe benötigen.«

»Stimmt«, sagte Iceni und nickte bedächtig. »Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ja, solange diese Leute nicht untersucht worden sind, können wir sie nicht auf die Bevölkerung loslassen. Das ist eine gute Rechtfertigung dafür, sie bis auf Weiteres in der Orbitaleinrichtung unterzubringen. Dann kommt wenigstens niemand auf die Idee, an unseren Absichten zu zweifeln.«

»Haben wir denn irgendwelche anderen Absichten?«, wollte Drakon wissen.

Darüber musste sie erst einmal nachdenken. »Wenn sie wirklich überhaupt nichts wissen? Wahrscheinlich. Ich glaube, Ihre Überlegungen bezüglich der freigelassenen Bürger sind sehr gut. Wir könnten auch die Leute aus Taroa bei uns behalten, bis wir von den Freien Taroanern hören.« Iceni lächelte ironisch. »Allerdings könnte die Interimsregierung der Freien Taroaner noch lange brauchen, ehe sie in dieser Sache entscheidet. Diese Leute scheinen immer endlos lange diskutieren zu müssen.«

»Dann wollen wir hoffen, dass die taroanischen Bürger nicht an Altersschwäche sterben, während sie auf ihre Heimkehr warten«, meinte Drakon. »Wir zahlen schon jetzt genug Bestechungsgelder und üben an verschiedenen Stellen Druck aus, damit das Verteidigungsabkommen abgesegnet wird, bevor irgendjemand auf Taroa begreift, wie eng sie sich mit diesem Abkommen an uns binden. Wir können es uns nicht leisten, noch mehr zu investieren, nur damit Taroa uns die befreiten Gefangenen abnimmt. Gut, dann zur zweiten Sache. Sie wissen über diese Allianz-Offizierin Bradamont Bescheid?«

»Ich weiß«, antwortete Iceni und achtete genau darauf, was sie sagte, »dass sie mit Colonel Rogero zu tun hat. Und ich weiß, dass wir diese Verbindung gerade erst dazu benutzt haben, um unsere Version der Ereignisse an Black Jack zu übermitteln. Und ich weiß auch, dass sich in den von den Schlangen erbeuteten Unterlagen eine Akte befand, in der diese Bradamont als Quelle mit dem Codenamen Gottesanbeterin geführt wurde. Kennen Sie die ganze Geschichte, die sich dahinter verbirgt?«

»Ich schätze, heute ist der Tag, um über meine Mitarbeiter zu reden.« Drakon drehte sich zur Seite und legte eine Hand auf den Mund, während er nachdachte. »Die Kurzfassung sieht wie folgt aus: Vor einigen Jahren wurden Colonel Rogero und eine kleine Gruppe Soldaten nach der Rückkehr aus dem Heimaturlaub als Wachen dazu verpflichtet, auf einem umgebauten Frachter Kriegsgefangene der Allianz zu einem Arbeitslager zu begleiten. Auf dem Weg dorthin kam es an Bord des Frachters zu einem schweren Unfall. Rogero befreite die Allianz-Gefangenen aus ihren Kabinen, um ihnen das Leben zu retten. Danach ließ er sie bei der Reparatur der Schäden am Frachter mithelfen, weil sonst niemand überlebt hätte.«

Iceni schüttelte den Kopf. »Moralisch völlig richtig, aber auch genau das Gegenteil von dem, was die Vorschriften besagen.«

»Ganz genau. Nachdem sie sich in Sicherheit gebracht hatten, wurde Rogero verhaftet. Der beteiligte CEO war der Meinung, wenn Rogero das Wohl der Allianz-Gefangenen schon so sehr am Herzen lag, dann könne er auch gern mehr Zeit mit ihnen verbringen, und zwar in einem der typischen mörderischen Arbeitslager, in denen die Gefangenen untergebracht wurden. In dieser Zeit …« Drakon unterbrach sich und machte eine hilflose Geste. »… verliebten sich die beiden ineinander.«