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Sie nickte.

»Und Sie?«fragte sie Wooly und Vistaru.

Wooly lächelte.

»Nikki Zinder hat nie Gelegenheit gehabt, eine eigenständige Person zu sein, ihr eigenes Leben zu führen. Für ihre Tochter gilt dasselbe — und die anderen, nun, sie können lernen, Menschen zu sein. Es wird interessant sein, das alles zu verfolgen. Star und ich haben einander wirklich geliebt, wissen Sie. Es ist schön, nach zweiundzwanzig langen Jahren wieder zusammenzusein.«

»Und wir sind Mavra etwas schuldig«, ergänzte Vistaru. »Wenn wir länger geblieben wären, wenn wir nur darauf geachtet hätten, daß Vashs Kinder alle davonkamen — wer weiß? Sie hatte ein schweres Leben. Vielleicht können wir diesen anderen Frauen helfen, statt sie sich selbst zu überlassen, wie man es mit Mavra getan hat. Soviel sind wir ihr, ihnen und uns selbst schuldig.«

Alaina nickte.

»Das verstehe ich. Ich werde Sie unterstützen. Mavras Honorar ist nie zur Auszahlung gekommen. Mit einer Million können Sie doch allerhand anfangen, nicht?«

Wooly riß die Augen auf.

»Eine Million!«Sie lachte plötzlich. »Mann! Wir kaufen unsere eigene Grenzwelt!«Sie sah Vistaru an. »Wir haben schon so viele Leben hinter uns. Wer weiß, vielleicht leben wir ewig. Wir können später immer noch auf die Sechseck-Welt zurückkehren.«

Vistaru lachte.

»Ja, aber nur langsam. Du bist nicht mehr mein Mann, sondern eine Superfrau.«

»Ich habe als Frau angefangen. Vielleicht wird es Zeit, daß Wu Julee dahinterkommt, wie das wirklich ist.«

»Es kann herrlich sein«, sagte Vistaru leise.

»Da!«schrie Renard. »Die Asteroiden!«

Vier kleine Punkte näherten sich auf den Bildschirmen der größeren Kugel. Ein ungeheurer Energieblitz zuckte auf, dann herrschte Leere.

Die Abtastung zeigte keine Spuren von Neu-Pompeii mehr, nicht ein Stäubchen.

»Nun gut«, sagte Alaina seufzend. »Fliegen wir.«

Das Schiff begann zu vibrieren und schoß davon. Renard hatte Tränen in den Augen, alle schwiegen.

»Leb wohl, Mavra. Vergib uns.«

Sogar die Kapuze des Yugash neigte sich.

Ein namenloser Stern in M 51

Sie stand im Dunkeln und streckte ihre vier Beine aus. Sie war es gewöhnt, im Dunkeln zu arbeiten, und fand schnell eßbare Früchte und etwas altes Brot. Die letzten Konserven hatte sie verbraucht.

Sie fragte sich, warum sie noch lebte. Sie fragte sich, warum sie das Ende immer wieder hinausschob.

Die Beleuchtung flammte auf. Das war an sich keine Überraschung. Sie hatte damit gerechnet.

Sie drehte den Kopf und schaute sich um. Es sah überall verheerend aus. Ein großer Teil der Aufbauten war eingestürzt.

Die Explosionen, das Grollen und Vibrieren, das alles hatte vor Tagen aufgehört, dann hatte sie Hämmern hören können, Schweißgeräusche, Klirren und Poltern. Sie war hinausgegangen, um nachzusehen, aber mit Ausnahme einer Notbeleuchtung unten im Schacht war nichts zu entdecken gewesen.

»Hallo, Mavra«, sagte Obies angenehme Tenorstimme plötzlich.

Sie erschrak zutiefst.

»Obie!«sagte sie vorwurfsvoll. Sie wollte weitersprechen, aber dann fiel ihr ein, daß sie ein Sendegerät brauchte.

Der Computer schien ihre Gedanken zu erraten.

»Nein, eine Sendeanlage ist nicht mehr nötig«, sagte er. »Es gibt auch gar nichts mehr in dieser Art. In den letzten Tagen hat sich viel verändert. Ich habe mich auch verändert, Mavra.«

Sie fühlte sich betäubt, wie in einer Art Halbschlaf. Nichts schien ganz wirklich zu sein, und sie glaubte nur halb daran, daß sie überhaupt noch existierte.

»Also, Obie — was hast du gemacht? Und wie hast du es gemacht?«rief sie.

Der Computer lachte leise.

»Man hat beschlossen, mich zu vernichten, mit Hilfe von vier Antimaterie-Asteroiden. Ich habe die große Schüssel benützt und zwei davon in normale Materie verwandelt — für uns normale. Zweieinhalb Millisekunden vor dem Zusammenprall habe ich uns hierher versetzt. Sie sind mit einem wunderschönen Blitz auseinandergeflogen, und es sah ganz danach aus, als wären wir ausgelöscht worden.«

»Zwei Millisekunden«, sagte sie fassungslos. »War das nicht ein bißchen knapp?«

»Zweieinhalb«, verbesserte er. »Nein, es war genau richtig. Mit ihren Instrumenten konnten sie Veränderungen bis zu fünf Millisekunden wahrnehmen, weißt du, und ich hatte Zeit genug.«

Mavra beschloß, über das Thema nicht weiter zu reden. Jeder, der zweieinhalb Millisekunden als ›Zeit genug‹ ansah, war nicht der richtige Gesprächspartner für sie.

»Ich dachte, wir hätten dich zerstört«, sagte sie. »Die Bombe ist doch explodiert, oder?«

»O ja, sie ist durchaus explodiert. Nur war die Sache abgekartet. Die Bombe hat die Kontrolle nicht beseitigt, sondern nur Hindernisse für eine umfassende Kontrolle, genau, wie wir es geplant hatten.«

»Wir?«sagte sie verwirrt.

»Dr. Zinder und ich, versteht sich. Siehst du, von Anfang an fürchtete Trelig, jemand könnte Gewalt über mich bekommen. Für diesen Fall wünschte er Bomben, die mich an entscheidenden Stellen lähmen sollten. Die Leute, die er am meisten fürchtete, waren Leute wie Yulin, die mit mir umgehen konnten. Er zwang Dr. Zinder also zu diesen Maßnahmen. Alles war genau überprüft, aber es gab nur elektrische Zünder. Mit anderen Worten, ich mußte den Zündstrom selbst liefern, und wie ich schon mehrmals erwähnt hatte, war ich darauf programmiert, bei meiner eigenen Vernichtung keinesfalls mitzuwirken. Dr. Zinder wußte, daß ich den Befehl, die Stromstöße zu liefern, niemals befolgen würde. Er brachte die Bombe so an, daß sie die beiden Moduln zerstören mußte, die meine willkürlichen von den unwillkürlichen Schaltungen trennten. Eigentlich ganz einfach, nur mußte die Bombe von außen ausgelöst werden. Als alles schiefging und wir an der Sechseck-Welt festsaßen, mußte ich also eine Lage schaffen, in der die Bombe zur Explosion gebracht wurde.«

»Wie hast du das gemacht?«fragte sie fasziniert.

»Nun, in allen Plänen, die ich den Leuten, darunter auch dir, in den Kopf setzte, war nur diese eine Bombe bezeichnet. Sie taucht immer auf, wenn du an die Zerstörung von Neu-Pompeii denkst.«

Sie nickte.

»Aber hast du denn das schon gemacht, bevor du von der Sechseck-Welt und unserer Ankunft dort etwas wußtest?«

»Es sprach viel dafür, daß wir alle zugrunde gehen würden, als Dr. Zinder und ich Trelig hereinlegten und in der Sechseck-Welt auftauchten. Im anderen Fall hätte noch immer Trelig oder Yulin oder beide die Kontrolle über mich. Das bedeutete, daß diejenigen, welche dazu fähig waren, mich zu vernichten, das versuchen würden. Deshalb habe ich den Notplan vorgesehen — und es hat geklappt.«

»Nach zweiundzwanzig Jahren«, sagte sie.

»Das macht nichts. Außerdem habe ich in dieser Zeit viel gelernt. Jetzt bin ich ein Individuum, Mavra — ein völlig selbständiger Organismus. Ich kontrolliere und sehe alles auf diesem Planetoiden. Ich bin die Oberfläche ebenso wie die Unterseite. Und niemand kann mich jemals dazu zwingen, in Zukunft Befehle zu befolgen. Die ganze Welt, das bin ich, Mavra — nicht nur dieser Raum hier. Alles.«

Sie wußte nicht recht, ob sie seine Begeisterung zu teilen vermochte. Niemand soll so viel Macht haben, dachte sie.

»Ich möchte mich auch dafür entschuldigen, daß ich mich nicht früher um dich gekümmert habe, aber meine ganze Energie war davon beansprucht, meinen totalen Zusammenbruch vorzuspiegeln, während ich gleichzeitig meine Service-Moduln benützte, über die ich vorher nie selbständig verfügen konnte, um mich zu reparieren und zu modifizieren. Und jetzt bin ich eine Person, Mavra — ein unabhängiger Organismus.«