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„Das ist ein alter Name. Ein französisches Geschlecht führt ihn vielleicht seit einem halben Jahrtausend.“

„Nun, er gehört diesem Geschlecht an.“

„Was! So ist er Baron?“

„Ja. Baron Gaston de Bas-Montagne.“

„Und seine beiden Töchter sind legitim?“

„Gewiß. Es haftet kein Makel an ihnen.“

Da nickte er befriedigt vor sich hin und sagte:

„Sprechen wir doch später hierüber. Großvater hat vorhin falsch geraten. Welche Überraschung war es denn, die unserer noch wartet? Betrifft sie mich oder euch?“

„Dich und uns“, antwortete Richard. „Man hat mir nämlich von einem fremden Mann erzählt, welcher vor Jahren in den hinter Sedan liegenden Bergen Schätze gesucht haben soll. Er soll ein Deutscher gewesen sein.“

„Herrgott!“ fuhr der Alte auf. „Sollte man deinen Vater gemeint haben, Richard?“

„Ich vermute es.“

„Hast du dich erkundigt?“

„Sehr genau.“

„Und was hast du erfahren?“

„Daß er es gewesen ist.“

„Mein Heiland. Was werde ich weiter hören müssen.“

„Ich will lieber jetzt noch schweigen, Großvater.“

„Nein! Erzähle!“

„Aber es ist aufregend.“

„Ich werde es ertragen. Ich habe ja so lange Zeit gelitten; die Ungewißheit war peinigend, die Gewißheit wird mir Ruhe bringen. Nicht wahr, man hat ihn ermordet?“

„Man wollte es.“

„Wer?“

„Richemonte.“

„Ah! Also wieder dieser. Sie sind also zusammengeraten?“

„Sogar auf höchst feindseliger Weise.“

„Und da hat mein Gebhard, dein armer, armer Vater, unterliegen müssen?“

„Unterliegen, ja; aber getötet ist nur der gute Florian worden.“

„Was sagst du? Höre ich recht?“

Hugo von Königsau erhob sich bei diesen Worten von seinem Sitz, legte die beiden Fäuste auf den Tisch und blickte mit den Augen eines Mannes, der durch zehn eiserne Türen sehen will, den Rittmeister an.

„Es ist so, wie ich sage“, antwortete dieser.

„Nur Florian wurde getötet?“

„Ja.“

„Dein Vater blieb leben?“

„Ja, wenn auch schwer verwundet.“

„Warum kehrte er nicht zu uns zurück?“

„Er war Gefangener des Kapitäns Richemonte.“

„Alle tausend Teufel! Er hat ihm die Freiheit geraubt. Eine so lange Zeit. Wohin hat er ihn gesteckt?“

„In ein unterirdisches Gewölbe.“

„Donner und Doria. Ich möchte gleich mit dem nächsten Zug nach Ortry, um diesem Teufel von Kapitän die Seele aus dem Leib zu jagen. Er ist ein Satan.“

„Er wird seinen Lohn finden; da laß mich nur sorgen.“

„Aber dein Vater? Lebt er noch?“

„Ich – vermute es.“

„Du vermutest? Du weißt also nichts Gewisses?“

„Hm. Ich habe nachgeforscht.“

„Pah. Sieh mich einmal an. Sehe ich jetzt aus wie ein altes Weib, welches sich von irgendeiner frohen oder traurigen Botschaft niederwerfen läßt?“

„Allerdings nicht.“

„Nun, so rede offen. Ich bemerke, daß du lavieren willst. Ich will die Wahrheit haben, und zwar schnell. Er ist tot?“

„Nein.“

„Mein Gott im Himmel! Er lebt. Wo? Noch in diesem unterirdischen Gefängnis?“

„Nein. Ich war mit Fritz unten bei ihm.“

„So habt ihr ihn befreit?“

„Ja. Er ist frei.“

„Und wo befindet er sich?“

„Auf dem Weg zu dir.“

„Auch dies ist nicht wahr. Heraus damit, heraus. Er ist bereits da, und ihr habt ihn versteckt?“

Er kam hinter dem Tisch hervor wie ein Jüngling, so kräftig und schnell.

„Ja, der Vater ist da“, sagte da Emma.

„Wo ist er, wo?“

„Er wartet in deinem Schlafzimmer.“

Da stieß der Alte einen Jubelruf aus und stürmte zur Tür hinaus, die anderen ihm nach. –

Auch der dicke Maler Hieronymus Aurelius Schneffke war mit in Berlin angekommen. Er begab sich zunächst nach seiner Wohnung, um sich ein wenig zu restaurieren, und ging dann nach der Nummer 16 derselben Straße, wo er im Hinterhaus vier Treppen hoch emporstieg und klingelte.

Es ließen sich von innen langsame, schlurfende Schritte hören, und dann fragte die Stimme des alten Sonderlings Untersberg:

„Wer ist da?“

„Ich, der Maler Schneffke.“

Die Tür wurde geöffnet, nicht ganz, sondern nur so weit, wie es die Sicherheitskette zuließ. Der Alte lugte heraus und fragte:

„Sind Sie allein?“

„Ja.“

„Wirklich?“

„Ja.“

„Wissen Sie, als Sie zum letzen Mal bei mir waren, brachten Sie mir auch einen Menschen mit, welcher nicht wieder gehen wollte.“

„Ich konnte nichts dafür. Heute bin ich allein.“

„So kommen Sie.“

Die Tür wurde jetzt ganz geöffnet, und der Maler durfte eintreten. Hinter ihm verschloß der Alte sofort wieder und winkte seiner Dogge, sich als Wächter an die Tür zu setzen.

Das Zimmer war in demselben Zustand, wie vor Schneffkes Reise. Der Alte schien sein Abendbrot gegessen zu haben, denn auf dem Tisch stand ein alter Teller mit einem harten Brotrest und einer dürren Käserinde.

Untersberg deutete auf einen Stuhl, auf welchem der Maler Platz nahm, und setzte sich selbst auf einen zweiten. Er beobachtete den Dicken eine ganze Weile, ohne ein Wort zu sagen, dann begann er:

„Erinnern Sie sich unseres letzten Gespräches noch?“

„Sehr genau.“

„Sie wissen, daß ich Sie warnte?“

„Wovor?“

„Ah, sehen Sie, daß Sie nichts mehr wissen!“

„Sie haben mich nicht gewarnt.“

„Sogar sehr streng. Ich warnte Sie vor Unvorsichtigkeiten.“

„Ah so! Das meinen Sie. Nun ja, Sie rieten mir Vorsicht an.“

„Haben Sie das befolgt?“

„Natürlich.“

„Haben Sie auch nichts verraten?“

„Kein Wort.“

„Schwören Sie.“

„Ich schwöre.“

„Gut, so können wir beginnen. Sie waren also doch in Frankreich?“

„Wo sonst!“

„Es wäre doch möglich, daß Sie von meinem Geld eine Lustpartie nach einem ganz anderen Ort gemacht hätten.“

„Das wäre ja Betrug.“

„Ja. Man darf keinem Menschen trauen.“

Da stand Schneffke von seinem Stuhl auf und sagte:

„Sie behandeln mich wie einen Spitzbuben und Betrüger; das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen. Gute Nacht.“

Er schritt zur Tür zu.

„Ja, gehen Sie. Gute Nacht“, hohnlachte der Alte.

Die Dogge erhob sich und fletschte drohend die Zähne.

„Rufen Sie den Hund fort“, sagte Schneffke.

„Wozu?“

„Daß ich gehen kann.“

„Gehen Sie doch. Ich halte Sie nicht.“

Da drehte sich Schneffke wieder um, setzte sich abermals auf seinen Platz und sagte:

„Na, zerreißen lasse ich mich von dem Hund nicht; aber antworten werde ich Ihnen auch nicht, wenn Sie nicht höflicher werden. Ich habe Zeit, ich kann sitzen bleiben.“

Er griff in die Tasche, zog sich eine Zigarre hervor und machte Miene, sie anzubrennen.

„Was fällt Ihnen ein! Wollen Sie mir meine Bilder und Bücher, meine ganze Bibliothek anbrennen?“

„Nein, sondern nur diese Zigarre.“

„Es kann ein Funke herunterfallen.“

„Ich nehme mich in acht.“

„Nein, nein. Sie rauchen nicht.“

„Wenn Sie höflich sein wollen, werde ich die Zigarre wieder einstecken.“

„Sie sind ein sonderbarer Mensch.“

„Und Sie ein komischer Kauz. Sie machen sich selbst das Leben schwer, Herr Untersberg.“

„Ich habe auch alle Ursache dazu. Also, wollen Sie mir jetzt Rede und Antwort stehen?“