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„Was für welche?“

„Es sind unweit von hier Bäume gefällt worden, junger dreißigjähriger Wuchs. Ich hole einen Stamm.“

„Stecken ihn in das Loch.“

„Ja.“

„Schön. Laufen Sie.“

Müller entfernte sich. Er war an dem Holzschlag vorübergekommen. Dort angelangt, fand er einen Stamm, welcher von den Ästen befreit und stark genug war, den dicken Maler zu tragen. Er nahm ihn auf die Achsel und trug ihn zurück.

Wieder beim Loch angekommen, untersuchte er sehr sorgfältig den Boden, um nicht selbst einzubrechen. Dann ließ er den Stamm hinabrutschen.

„Ah! Sapperment!“ schrie es unten.

„Was gibt's?“

„Tun Sie doch das Maul auf, ehe Sie mich aufspießen oder zerstampfen.“

„Ich dachte, Sie merken es ganz von selbst. Wird es gehen auf diese Weise?“

„Will's versuchen.“

Müller hörte ein Stöhnen und Pusten, dann erscholl es aus der Tiefe herauf:

„Das ist doch eine ganz verfluchte Patsche, in die ich da geraten bin.“

„Wieso?“

„Es will nicht gehen.“

„Ich denke, Sie können klettern!“

„Gewiß. Aber der Baum dreht sich immer um sich selbst herum. Ich bin doch nicht etwa hier abgerutscht, um Reitschule oder Karussell zu spielen.“

„So gibt es nur ein Mitteclass="underline" Ich halte den Stamm.“

„So brechen Sie durch.“

„Nein. Die künstliche Decke hält doch fester, als ich dachte. Noch besser aber wird es sein, ich komme auch einmal hinab.“

„Dann stecken wir beide in der Tinte.“

„Keine Sorge. Bin ich unten, so kann ich schieben, und Sie kommen viel leichter herauf.“

„Na, dann versuchen Sie es!“

„Treten Sie auf die Seite.“

Müller umfaßte zunächst mit den Händen den Stamm, schlang dann auch die Beine um denselben und rutschte hinab.

Müller war leichter hinabgekommen, als er sich gedacht hätte.

„Da bin ich“, sagte er, als er den Boden unter seinen Füßen fühlte.

„Station Hölle! Fünf Minuten Aufenthalt“, verkündete Herr Hieronymus Aurelius Schneffke.

„Vielleicht auch etwas länger.“

„Habe keine Lust dazu.“

„Befinde ich mich einmal hier, so will ich doch auch genau wissen, wo ich bin.“

„Dazu gehört eine Laterne.“

„Habe ich.“

„Sapperment! Sie scheinen Tag und Nacht bereit zu sein, als Einbrecher zu praktizieren.“

„Man muß hier stets au fait sein. Aber, Herr Schneffke, was treiben Sie im Wald?“

„Studien.“

„Was für welche?“

„Geologische und geognostische, wie Sie sehen. Ich untersuche das Erdinnere.“

„Sie sollten das Herumspazieren lieber bleiben lassen.“

„Warum?“

„Sie verunglücken stets dabei.“

„Das will ich ja. Ich bin ein großer Freund des Unglücks, vorausgesetzt, daß es mich selbst betrifft, aber keinen anderen.“

„Sonderbare Passion!“

„Ja, ein jeder Mensch hat seine Mucken.“

„Also was wollten Sie im Wald?“

„Es wurde mir so unheimlich in dem Nest Thionville. Ich brauche frische Luft –“

„Glaubten Sie, hier unten frische Luft zu finden?“

„Na, was das betrifft, so bin ich allerdings auf einen solchen Rutsch nicht ausgegangen.“

„Sie konnten Hals und Beine brechen.“

„Keine Sorge. Ich falle weich. Ich schlenderte so in meinen Gedanken durch den Wald; da kriegte die Erde ein Loch, und ich schoß hinab. Unten kam ich gerade auf den Teil zu sitzen, wo die Engel keine Flügel haben. Auf diese Weise habe ich weder mir noch den Steinplatten hier einen Schaden getan.“

„Wirklich! Steinplatten gibt es hier. Wollen die Lampe anzünden.“

Beim Schein des Lichts bemerkten sie nun, daß das Loch viereckig war, also auf künstliche Weise hergestellt. Sie befanden sich in einem Gang, welcher etwas mehr als Manneshöhe und eine Breite von fünf Fuß hatte.

„Wo gibt es Türen?“ fragte Müller.

„Da vorwärts und auch rückwärts.“

„Haben Sie sie gefühlt?“

„Ja. Ich tappte mich fort und bin an drei Türen gewesen. Weiter aber getraute ich mich nicht. Diese Gegend scheint ganz von Schächten und Gängen durchzogen zu sein.“

„Die Türen waren natürlich verschlossen?“

„Ja.“

„Was für Schlösser?“

„Keine Hänge-, sondern Kastenschlösser.“

„Wollen einmal sehen, ob mein Schlüssel paßt.“

„Ah! Auch Schlüssel haben Sie mit? Immer also auf dem Qui vive.“

„Das ist notwendig.“

Müller steckte den Schlüssel in das Schloß der ersten Tür, welche sie erreichten. Er paßte.

„Sapperment, das klappt wie Pudding!“ meinte der Maler. „Bin neugierig was da drinnen steckt.“

Müller öffnete. Das kellerartige Gewölbe war leer, und den gleichen Erfolg hatte das Öffnen von noch zwei weiteren Türen.

„Wir müssen die Untersuchung unbedingt fortsetzen“, meinte Schneffke.

„Ich meine das Gegenteiclass="underline" Wir kehren an die Oberwelt zurück.“

„Warum? Man muß doch wissen, wer oder was hier steckt.“

„Erstens ist das zu gefährlich – – –“

„Warum?“

„Es kann leicht da oben jemand vorübergehen und den Stamm im Loch bemerken.“

„Das ist allerdings wahr.“

„Und sodann habe ich keine Zeit und Sie auch nicht.“

„Ich? Pah, ich bin nicht beschäftigt.“

„Sie werden aber Beschäftigung erhalten. Fritz Schneeberg ist nach Thionville gegangen, um Sie zu suchen.“

„Wozu?“

„Sie sollen zu Miß de Lissa kommen.“

„Zu der Engländerin, die eine Gouvernante war?“

„Die Sie wenigstens für eine solche gehalten haben.“

„Sapperlot! Sollte sie mich doch noch heiraten wollen?“

„Das weniger. Sie sollen einem dort anwesenden Herrn einen Liebesdienst erweisen.“

„Soll ich ihn etwa rasieren?“

„Nein, das nicht.“

„Oder einen abgerissenen Knopf anflicken?“

„Nein. Der Herr ist ein Amerikaner und heißt Deep-hill – – –“

„Ah der! Er sitzt immer bei der Engländerin im Garten und schnauzt die Leute an, welche zufälligerweise einmal ein paar Zaunlatten abbrechen.“

„Hm; haben auch Sie welche abgebrochen?“

„Nur zwei. Das ist doch wenig genug.“

„Und da wurde er grob?“

„Außerordentlich.“

„Darum sagte er mir, daß er mit Ihnen zusammengeraten sei.“

„Sagte er das? Nun, ich habe mir nicht viel daraus gemacht. Wenn er sich etwa mit der Befürchtung quälen sollte, daß ich vor Schreck die Staupe bekommen habe, so beruhigen Sie ihn, Herr Doktor. Ich habe ihm überhaupt bereits gesagt, daß er mich jedenfalls einmal sehr notwendig brauchen wird.“

„Wozu?“

„Zur Enthüllung eines Geheimnisses.“

„Vielleicht meinen Sie dasselbe Geheimnis, in Beziehung dessen er Sie sprechen möchte.“

„Welches?“

„Seiner Kinder.“

„So hat dieser Monsieur Schneeberg bereits geschwatzt? Na, ich bin nicht rachsüchtig und trage keinem Menschen etwas nach. Dieser Amerikaner hat mich angebellt, wie der Mops den Mond. Der Mond aber lächelt trotz des Mopses, und so soll auch mein gnadenreiches Licht diesen Herrn Deep-hill in friedlich-poetischem Schimmer belächeln.“

„Schön! Sie treffen auch Schneeberg bei ihm.“

„Das ist mir sehr lieb. Ich will Ihnen aufrichtig sagen, daß ich nur Schneebergs wegen von dieser Sache gesprochen habe. Er liebt diese Nanon Charbonnier – – –“

„Ah! Das wissen Sie?“

„Ja. Ich habe sie von der Birke aus belauscht!“

„O weh!“

„Allerdings o weh! Denn ich rutschte von der Birke herunter und kugelte gerade vor das Pärchen hin.“