Es ist wahr,
dass der Türke kein Kulturschöpfer ist
und auch
dass er
keiner mehr wird.
Dass er eine Krämerseele ist,
deren geistige Fähigkeiten
die eines Leibeigenen
üblicherweise nicht
zu sehr
übersteigen.
Dass der Inder
eine
religiös verwirrte schwatzhafte Natur
hat.
Dass das Verhältnis des Polen zum Eigentum
nachhaltig!
gestört ist.
Es sind dies
alles
allgemeine Wahrheiten,
die jedem Volksgenossen
und jeder Volksgenossin
ohne Weiteres
einleuchten.
Jedoch ist es eine
nationale Schande, dass hier in Deutschland
nur
ein türkischer! Anhänger unserer Bewegung
dieses auch laut zu sagen wagt.
Volksgenossen und Volksgenossinnen:
Wenn ich die Gegenwart Deutschlands betrachte,
so überrascht mich das nicht!
Der Deutsche der Gegenwart
trennt seinen Abfall gründlicher
als seine Rassen
mit einer einzigen Ausnahme:
auf dem Felde des Humors.
Hier macht
nur!
der Deutsche Scherze über den Deutschen,
der Türke macht Scherze über den Türken.
Die Hausmaus macht Scherze über die Hausmaus
und
die Feldmaus über die Feldmaus.
Das hat sich zu ändern,
und das wird sich ändern.
Ab heute, 22.45 Uhr, scherzt die Hausmaus
über die Feldmaus,
der Dachs über den Rehbock
und der Deutsche über den Türken.
Daher schließe ich mich inhaltlich
in vollem Umfang
der Ausländerkritik meines Vorredners an.«
Damit trat ich ab.
Die Stille war erstaunlich.
Ich ging mit festem Schritt hinter die Kulissen. Aus dem Publikum war noch immer kein Laut zu hören. Der Dame Bellini flüsterte gerade ein Kollege etwas ins Ohr. Ich stellte mich neben sie und beobachtete wieder das Publikum. Die Augen der Menschen waren verwirrt, sie suchten Halt auf der Bühne und schweiften zurück zu dem Moderatorenschreibtisch. Dort saß jener Wizgür und klappte auf der Suche nach einer launigen Verabschiedung ratlos den Mund auf und zu. Es war jene sichtliche Überforderung, die im Publikum einen wahren Lachsturm hervorrief. Ich verfolgte nicht unzufrieden seine völlige Unfähigkeit, die letzten Endes in einem lauwarmen »Bis zum nächsten Mal und schalten Sie wieder ein« versiegte. Die Bellini räusperte sich. Sie schien für einen Augenblick unsicher, so beschloss ich, ihr etwas Mut zuzusprechen.
»Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte ich ihr.
»So?«, meinte sie. »Wissen Sie das?«
»Natürlich«, antwortete ich. »Mir ging es einmal ähnlich. Wir hatten erstmals den Circus-Krone-Bau angemietet, und es war nicht sicher, ob…«
»Entschuldigen Sie«, sagte die Bellini, »ein Anruf.«
Sie zog sich in einen Winkel der Kulissen zurück und hob ihr mobiles Telefongerät ans Ohr. Was sie hörte, schien ihr nicht zu gefallen. Ich versuchte gerade, ihre Miene zu deuten, als ich eine Hand an der Uniform spürte. Es war jener Wizgür, der mich am Kragen riss. Sein Gesicht hatte nichts Heiteres mehr. Mir wurde wieder einmal schmerzlich das Fehlen meiner SS bewusst, als er mich an die Kulissen drückte und zwischen den Zähnen hervorstieß:
»Du Arschloch schließt dich hier nicht irgendwelchen Vorrednern an!«
Aus den Augenwinkeln sah ich einige Ordner herbeilaufen. Wizgür stieß mich nochmals an die Wand, ließ mich aber los. Sein Kopf war dunkelrot. Dann drehte er sich um und schrie: »Was läuft hier für eine abgewichste Scheiße? Ich dachte, der macht hier sein Nazi-Programm!« Mit unverminderter Lautstärke wandte er sich dann an den neben uns stehenden Hotelreservierer Sawatzki: »Wo ist die Carmen? Wo? Ist? Die? Carmen?!«
Blass, aber straff gespannt eilte die Dame Bellini herbei. Ich überlegte, ob ich in jenem Augenblicke mit ihrer vollen Bündnistreue rechnen konnte, kam aber zu keinem endgültigen Ergebnis. Sie machte beschwichtigende Handbewegungen und öffnete den Mund zu einer Äußerung, kam jedoch nicht dazu.
»Carmen! Endlich! Hier läuft eine Riesenscheiße ab! Hast du das gesehen? Hast du das gesehen? Was ist das für ein Arschloch? Du hast gesagt, ich mache meine Ausländernummer und der macht seinen Nazi-Scheiß. Du hast gesagt, er wird mir widersprechen! Er wird sich über Türken im Fernsehen aufregen oder so! Und jetzt das! Was heißt hier ›Anhänger der Bewegung‹? Welche Bewegung? Wieso Anhänger? Wie stehe ich denn jetzt da?«
»Ich hab dir aber auch gesagt, dass er anders ist«, sagte die Bellini, die sich erstaunlich rasch wieder vollkommen in den Griff bekam.
»Das ist mir scheißegal«, schäumte jener Wizgür, »ich sage es hier und jetzt: Ich will diese Drecksau nicht mehr in meiner Sendung. Der hält sich an keine Absprachen! Ich lass mir von dem Arschloch nicht die Sendung ruinieren.«
»Bleib ruhig«, sagte die Bellini jetzt mit einer eigentümlich sanft-energischen Stimme. »Das ist doch gar nicht so schlecht gelaufen.«
»Ist alles in Ordnung?«, fragte einer der beiden Saalordner.
»Schon klar«, sagte die Dame Bellini beschwichtigend, »ich habe das hier unter Kontrolle. Beruhige dich, Ali.«
»Ich beruhige mich überhaupt nicht«, gellte Wizgür, dann bohrte er mir seinen Zeigefinger knapp unter den Schulterriemen. »Du machst mir hier nichts kaputt, Freundchen«, und dabei hämmerte er unablässig wie ein Specht mit dem Zeigefinger auf meine Brust, »du glaubst, du kommst hier durch mit deiner albernen Hitleruniform und deiner ach so undurchschaubaren Masche, aber ich sag dir, das ist überhaupt nicht neu, das ist ein ganz alter Hut. Du bist ein Amateur. Was glaubst du, was du hier machst? Du kommst und setzt dich ins gemachte Nest? Aber daraus wird nichts, mein Lieber, das kannst du dir abschminken! Wenn hier jemand Anhänger hat, dann bin ich das! Das ist mein Publikum, das sind meine Fans, da hältst du dich mal schön raus! Du bist ein erbärmlicher Amateur, und deine Uniform und deine ganze Nummer ist absolute Scheiße. Mit dem Quatsch kannst du demnächst in irgendwelchen Bierzelten auftreten oder im Schützenverein, ich sage dir: Du wirst nichts mehr!«
»Ich brauche nichts zu sein«, sagte ich gelassen, »hinter mir stehen Millionen volksdeutsche Genossen, die…«
»Hör mit deiner Scheiße auf«, kreischte Wizgür, »du bist hier nicht auf Sendung! Glaubst du, du kannst mich provozieren? Du provozierst mich nicht! Mich!! Nicht!!!«
»Kommt runter«, sagte die Bellini jetzt laut, »alle beide. Klar, wir müssen das alles noch ein wenig überarbeiten. Das braucht noch ein wenig Feintuning. Aber es war gar nicht so schlecht. Eben was Neues. Jetzt beruhigen wir uns und schauen, was die Kritiken sagen…«
Und wenn ich seit meiner jüngeren Gegenwart einmal meiner Berufung absolut sicher war, dann war es in diesem Augenblick.
xv.
Es sind die Momente der Krise, die den wahren Führer offenbaren. In denen er Nervenstärke zeigt, Durchhaltewillen, unbedingte Entschlossenheit, obgleich die Welt sich gegen ihn stellt. Wenn Deutschland mich nicht gehabt hätte, wäre 1936 niemand ins Rheinland einmarschiert. Alle haben sie gezittert, wir hätten nichts tun können, wenn der Gegner sich zum Losschlagen entschlossen hätte, gerade einmal fünf Divisionen hatten wir einsatzbereit, die Franzosen allein das Sechsfache, und dennoch habe ich es gewagt. Niemand hätte das getan außer mir, und ich habe in jener Zeit genau beobachtet, wer zu mir stand, mit den Beinen oder mit dem Herzen, das Schwert in der Hand, Seite an Seite.
Und es sind jene Momente der Krise, in denen das Schicksal auch die wahren Getreuen offenbart. Es sind diese Momente des Zweifels, in denen aus dem Wagnis der Erfolg erwächst, wenn – aber nur wenn – der fanatische Glaube ungebrochen ist. Wo man diejenigen erkennt, die diesen Glauben nicht haben, sondern die nur in banger Erwartung verfolgen, auf welche Seite sie sich zu schlagen haben. Eine Führernatur muss diese Leute im Auge behalten. Es ist möglich, sie zu benutzen, jedoch darf man nicht den Erfolg der Bewegung von ihnen abhängig machen. Sensenbrink war einer von ihnen.