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«Bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge, Madame, «begann ich,»da die Kaiserin nur noch wenige Tage, vielleicht nur noch wenige Stunden zu leben hat, kann ich nicht länger die Ungewißheit ertragen, in die ein herannahendes Ereignis das Wohl Ihrer Person bringen kann. Ist es denn nicht möglich, der Gefahr vorzubeugen und die Wolken zu zerteilen, die im Begriff sind, sich über Ihrem Haupte zu entladen? In Gottes Namen vertrauen Sie mir, ich bin es wert und will es beweisen. Haben Sie zu Ihrer Sicherheit irgend einen Plan entworfen oder Vorsichtsmaßregeln getroffen? Geben Sie mir Ihre Befehle und gebieten Sie über mich.«

Unter Tränen drückte die Großfürstin meine Hand an ihr Herz.»Ich bin Ihnen, teure Fürstin, «sagte sie,»unaussprechlich dankbar, aber ich erkläre Ihnen hiermit mit dem völligsten Vertrauen, ich beteure Ihnen, daß ich keinen Plan irgend einer Art habe, daß ich nichts tun kann und mir, wie ich glaube, nichts anderes übrig bleibt, als mit Mut dem zu begegnen, was über mich verhängt ist. Ich übergebe mich den Händen des Allmächtigen und vertraue auf seinen Schutz,«—»Gut, «sagte ich,»dann müssen Ihre Freunde für sie handeln, Madame. Was mich betrifft, so besitze ich genügend Eifer, sie zu entflammen. Und welches Opfer würde ich nicht dafür bringen?«

«Ums Himmels willen, Fürstin, «erwiderte sie,»denken Sie nicht daran, sich einer Gefahr auszusetzen, in der Hoffnung, dem Uebel entgegenzuarbeiten, für das es in der Tat keine Rettung mehr gibt. Wenn Sie sich um meinetwillen ins Unglück stürzten, das würde für mich ein ewiger Vorwurf sein.«—»Alles, was ich in diesem Augenblick sagen kann, Madame, «antwortete ich,»ist, daß ich keinen Schritt tun werde, der Ihre Sicherheit gefährden könnte; und welcher Art die Gefahr auch sein möge, sie treffe nur mich. Wenn mich die blinde Ergebenheit für Ihre Sache aufs Schafott führt, so sollen Sie doch nie das Opfer davon sein.«

Die Großfürstin wollte fortfahren, mich vor der Unerfahrenheit und dem Enthusiasmus meines Alters und Charakters zu warnen, aber ich unterbrach sie, küßte ihr die Hand und versicherte, ich wolle uns beide durch Verlängerung dieser Zusammenkunft nicht weiter einer Gefahr aussetzen. Darauf umarmte sie mich zärtlich, und nachdem wir uns einige Augenblicke gerührt in den Armen gelegen hatten, sprang ich aus dem Bett und eilte mit allem Mut und aller Kraft, die ich besaß, zu meinem Wagen zurück, sie in der Aufregung über das Vorgefallene zurücklassend.

Zweites Kapitel

Tod der Kaiserin Elisabeth. — Peter III. lädt mich wiederholt zu seinen Gesellschaften ein. — Ein Gespräch mit dem Kaiser. — Eine kaiserliche Spielgesellschaft. — Ich sage Seiner Majestät die Wahrheit. — Fürst Trubetzkoi. — Peter im Sterbezimmer seiner Tante. — Die neue Etikette.

Am 25. Dezember 1762, am Weihnachtstag, tat die Kaiserin Elisabeth den letzten Atemzug. Der Eindruck, den dies in Petersburg hervorbrachte, war derart, daß trotz des frohen Tages auf allen Gesichtern nur Kummer und Besorgnis zu lesen war. Einige Geschichtsschreiber zwar möchten gerne glauben machen, daß die Garden anders fühlten und mit Entzücken zum Schlosse eilten, um ihrem neuen Herrn den Eid zu leisten, doch ich selbst sah zwei Regimenter, das Semenoffskische und Ismailoffskische, unter meinen Fenstern vorbeimarschieren, und nach dem Zeugnis meiner Augen kann ich versichern, daß in ihren Bewegungen kein Zeichen der Freude oder Befriedigung sichtbar war. Das Aussehen der Soldaten war im Gegenteil düster und niedergeschlagen; ein halb unterdrücktes verwirrtes Gemurmel lief durch die Reihen. Hätte ich keine andere Nachricht gehabt, ich würde aus ihren Mienen erraten haben, daß die Kaiserin tot sei.

Ich war noch immer sehr unwohl und auf mein Zimmer angewiesen. Auch mein Onkel, der Großkanzler, war krank und lag zu Bett, als ihm der Kaiser Peter III. am dritten Tag nach seiner Thronbesteigung einen Besuch machte. Aber das Erstaunen meines Onkels und das meinige wurde noch größer, als man mich für den Abend in den Palast einladen ließ. Meine Krankheit jedoch diente mir zur Entschuldigung, auch am folgenden Abend, wo die Einladung wiederholt wurde. Zwei oder drei Tage später schrieb mir meine Schwester, daß der Kaiser mit meinen fortwährenden abschlägigen Antworten unzufrieden wäre und an meine Entschuldigungsgründe nicht im mindesten glaube. Um Auseinandersetzungen und Bemerkungen zu vermeiden, die dem Fürsten Daschkoff hätten nachteilig werden können, gab ich endlich nach und fuhr in das Schloß. Die Kaiserin Katharina, von der ich nur durch ihren Kammerdiener hörte, war, wie ich wußte, für niemand sichtbar. Erfüllt von Gram und Besorgnissen, hatte sie ihre Gemächer nicht verlassen, außer um anzuordnen und sich zu überzeugen, daß den sterblichen Ueberresten der verewigten Herrscherin alle gebührenden Ehren erwiesen würden.

Sobald Peter III. meiner ansichtig wurde, begann er mich über einen Gegenstand zu unterhalten, der ihm sehr am Herzen zu liegen schien. Er sprach in einer Weise, die all meinen Verdacht und meine Besorgnisse wegen der Kaiserin nur rechtfertigten. Halblaut und in abgerissenen Worten, aber in ziemlich unzweideutigen Ausdrücken, gab er seine Absicht zu erkennen, sie zu beseitigen und Romanowna, wie er meine Schwester nannte, auf den Thron zu erheben. Nachdem er sich ausgesprochen, gab er mir einige heilsame Verwarnungen.»Wenn Sie, meine kleine Freundin, auf meinen Rat hören wollen, «sagte er,»so wenden Sie sich ein wenig mehr zu uns; die Zeit wird kommen, wo Sie es bereuen werden, Ihre Schwester vernachlässigt zu haben. Glauben Sie mir, ich spreche in Ihrem eigenen Interesse. Es bleibt Ihnen kein anderer Weg, sich eine Stellung in der Welt zu schaffen, als der, die Art und Weise Ihrer Schwester zu studieren und sich ihres Schutzes zu versichern.«