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Seit mein Gemahl nach Konstantinopel abgereist war, scheute ich nichts, um die Prinzipien und Meinungen, welche der Sache, der ich mich gewidmet hatte, dienlich waren, zu verbreiten, anzufeuern und zu bekräftigen. Meine nächsten Vertrauten waren einige Freunde und Kameraden des Fürsten Daschkoff, namens Passik und Bredichin, beides Hauptleute im Regiment Preobraschenski, und der Major Rasloffleff, sowie dessen Bruder, ein Hauptmann vom Regiment Ismailoff. Die zwei letzteren sah ich nur selten bis zum Monat April, wo ich es für nötig fand, mich der Ansichten der Soldaten zu vergewissern. Um indes jeden Verdacht von mir zu entfernen, setzte ich mein gewohntes Leben fort, besuchte gelegentlich meine Verwandten und Freunde und war dem Anschein nach so sehr mit für mein Alter und Geschlecht passenden Ideen beschäftigt, daß niemand erraten konnte, wie vollkommen ich in Pläne versunken war, bei denen es sich um das Geschick des Kaiserreichs handelte.

Sobald meine Ansichten über die Mittel einer wohlorganisierten Verschwörung einigermaßen abgeschlossen waren, richtete ich mein Augenmerk darauf, einige Personen, deren Ansehen und Einfluß wenigstens unserm Unternehmen eine Art Weihe geben konnte, für unsere Interessen zu gewinnen und womöglich in unsere Pläne zu verwickeln. Da war in erster Linie der Marschall Razumowski, der Befehlshaber der Ismailoffskischen Garde, ein Offizier, der von seinem ganzen Korps sehr geliebt wurde, und der, obgleich sehr bevorzugt am Hofe, doch vollkommen imstande war, die Unfähigkeit des Monarchen zum Regieren und die daraus entstehende Gefahr zu begreifen. Aber wie sollte er bewogen werden, sich unserm Plane anzuschließen — er, der zwar sein Vaterland nur so viel liebte, als eine natürliche Antipathie ihm überhaupt erlaubte, irgend etwas auf der Welt zu lieben, der jedoch, unermeßlich reich, überhäuft mit allen Ehren, die je Regenten verleihen konnten, in Trägheit versunken, vor jedem Unternehmen von zweifelhaftem oder gefährlichem Ausgang zurückschreckte? Doch wie schwer auch mein Unternehmen sein mochte, ich ließ mich nicht durch Rücksichten auf Schwierigkeiten abschrecken. Eines Tages, als ich wie gewöhnlich einen Besuch beim englischen Gesandten machte, hörte ich, daß die Garden einen Versuch zum Aufstand unternommen hätten, bloß aus Veranlassung des dänischen Kriegs. Ich fragte Mr. Keith, ob sie wohl von einem höheren Offizier dazu angetrieben worden wären, er aber antwortete mir, er glaube es nicht, da es sehr unwahrscheinlich sei, daß die Offiziere gegen einen Krieg etwas einzuwenden hätten, in welchem sie sich doch so leicht auszeichnen könnten.»Jene unvorsichtigen Gerüchte, «fügte er hinzu,»werden die Veranlassung zu einigen militärischen Bestrafungen und Verbannungen nach Sibirien sein, und dabei wird die Geschichte ihr Bewenden haben.«

Ich indes fühlte mich durch jenen Vorfall veranlaßt, mich mit denjenigen Offizieren des Razumowskischen Regiments zu besprechen, die ich schon ins Vertrauen gezogen hatte, nämlich mit den zwei Rasloffleffs und Herrn Lassunski, die alle drei mit dem Marschall Razumowski sehr befreundet waren. Besonders Lassunski sollte großen Einfluß auf ihn haben. Obgleich sie mir gerade keine Hoffnung über seine Teilnahme machten, empfahl ich ihnen dennoch, in ihren vertrauten Gesprächen mit dem Marschall bei den Umständen des letzten Aufstandes zu verweilen und den Gedanken an einen bevorstehenden Wechsel des Thrones in ihm zu erwecken. Sie sollten erst unbestimmt, nach und nach aber immer positiver von der bestehenden Verschwörung mit ihm sprechen, und wenn der Plan reif sei und der Augenblick der Tat nahe, endlich alle Verstellung abwerfen und unsere Ansichten offen darlegen, so daß er sich dann zu sehr in unser Geheimnis verwickelt sähe, um Angeber zu werden. Um sein Zurückziehen von der Sache zu verhindern, sollten sie ihn daran erinnern, daß Mitwisser auch Mitschuldiger heiße, und da er die Gefahr einmal teile, so würde es wohl in seinem eigenen ebensowohl als in unserm Interesse liegen, sich, wenn nötig, an die Spitze seines Regiments zu stellen. Das alles wurde genau nach meiner Angabe erfüllt und die List mit dem vollständigsten Erfolg gekrönt.

Eine andere für unsere Pläne äußerst wichtige Person war Panin, der Erzieher des Großfürsten Paul, der allen Einfluß besaß, den gewöhnlich eine bedeutende Stellung begleitet. Im Frühjahr sah ich ihn oft in meinem Heim, wo er mich so oft besuchte, als es ihm nur seine Hofpflichten gestatteten. Bei solchen Besuchen wagte ich es denn, ihm von der Möglichkeit und den Folgen einer Revolution zu sprechen, die uns einen besseren Herrscher geben würde, und versuchte wie zufällig, seine Meinung über diesen Punkt zu erfahren. Er ging immer mit großem Interesse auf derartige Gegenstände ein und versenkte sich zuweilen in eine von ihm längst gehegte Idee, seinen jungen Zögling auf den Thron zu erheben und eine Regierung in der Art der schwedischen Monarchie einzuführen.

Allerdings konnte ein junger weiblicher Verschwörer nicht leicht und mit einem Male das Vertrauen eines vorsichtigen, berechnenden Politikers, wie Panin war, gewinnen, aber trotz meines Geschlechtes und meiner Jugend (ich war damals achtzehn Jahre alt), hob mich das Ansehen, das ich bei andern genoß, auch in seinen Augen. Fürst Repnin, sein Lieblingsneffe, den ich oft bei der Prinzessin Kurakin traf, kannte mich sehr gut und pflegte mich unserm gemeinschaftlichen Onkel als einen Charakter darzustellen, der auf die strengsten Prinzipien der Tugend gestützt sei; mein Enthusiasmus und die Vaterlandsliebe, von denen ich erfüllt sei, habe nicht den leisesten Gedanken an persönlichen oder Familienvorteil. –

Immer näher rückte der günstige Augenblick, und doch gab es noch viel zu tun, um Panin vollkommen in der Schlinge zu haben. Ich beschloß daher, bei der nächsten Zusammenkunft mit ihm alle Vorsicht wegzuwerfen und ein vollständiges Bekenntnis über die Natur und Verbreitung unserer Verschwörung abzulegen. Sobald sich also die Gelegenheit darbot, sprach ich zuerst von einem ernsten Plan, eine Revolution zustande zu bringen. Er hörte aufmerksam zu und legte in seiner Antwort besonderen Nachdruck auf die Formen, in denen solche Dinge vollbracht würden, sowie auf die Mitwirkung des Senats. Daß die Mitwirkung dieser Behörde von großem Vorteil wäre, leugnete ich nicht; konnte man aber ohne große Gefahr den Versuch machen, ihre Hilfe zu gewinnen? Auch seiner Meinung, daß die Kaiserin nicht selbst auf den Thron, sondern nur als Regentin während der Minderjährigkeit ihres Sohnes eingesetzt werden könnte, pflichtete ich bei und suchte seine Skrupel über die weiteren Absichten einer Revolution zu bekämpfen.»Lassen Sie nur erst die Tat geschehen sein, «sagte ich,»und Sie werden sehen, daß kein Mensch einen andern Grund dafür suchen wird, als die unmittelbare, drückende Not, welche nur durch einen Wechsel der regierenden Gewalt behoben werden konnte. «Darauf nannte ich ihm die hauptsächlichsten Personen, die mit mir zur Herbeiführung dieses Wechsels verbunden waren: die zwei Rasloffleffs, Lassunski, Passik, Bredichin, Baskakoff, Hetroff, Fürst Bariatinski und die Orloffs. Er war äußerst bestürzt, als er sah, wie weit ich mich bereits kompromittiert hatte, und noch dazu ohne alle Mitteilung oder vorhergehendes Einverständnis mit der Kaiserin. Ich hingegen rechtfertigte meine Zurückhaltung als einen Akt der Vorsicht, da Ihre Majestät nicht Mitwisserin unserer noch unreifen und zweifelhaften Pläne sein konnte, ohne in eine gewisse Verlegenheit zu geraten und sich vielleicht unnötig einer Gefahr auszusetzen. Ehe wir schieden, empfahl ich ihm, Teploff für uns zu gewinnen, der gerade aus der Festung, wohin ihn Peter III. hatte bringen lassen, entlassen worden war.