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Wir glaubten beide, er sei verrückt geworden, und fingen schon an, uns über seinen Zustand zu beunruhigen, als die Kaiserin mit ihrer gewöhnlichen Gewandtheit ein Mittel ersann, um uns seiner auf kluge Weise zu entledigen, zugleich aber auch seine Eitelkeit aufs höchste zu befriedigen. — »Ich erkenne, «unterbrach sie ihn im vollen Ernst,»die ganze Ausdehnung meiner Verpflichtungen; und da ich Ihren Bemühungen meine Krone verdanke, wem anders, als Ihnen, sollte ich die Sorge für die Verfertigung derjenigen anvertrauen, die ich zu meiner Krönung tragen werde? Ihnen also vertraue ich diesen Gegenstand und stelle alle Juweliere meines Reichs unter Ihre Oberaufsicht.«

Betskoi erhob sich überaus entzückt und eilte nach tausend Danksagungen hinaus, wahrscheinlich um sofort die Nachricht zu verbreiten, daß er eine seines Verdienstes würdige Belohnung erhalten habe. Es ist wohl unnötig, hinzuzufügen, wie herzlich wir über diesen Vorfall lachten, der ebenso charakteristisch für die Gewandtheit und Klugheit der Kaiserin war, als für Betskois Einfältigkeit. –

Aber inmitten der Betrachtungen, welche diese interessanten Begebenheiten anregten, wurden meine Gedanken plötzlich von einer furchtbaren Gewißheit in Anspruch genommen, die mich mit Bestürzung und Schrecken erfüllte: das tragische Ende Peters III. Ich war so empört über diese Nachricht, so wütend über einen solchen Ausgang dieser glorreichen Revolution, daß ich, obwohl ich den Gedanken einer Mitschuld der Kaiserin an diesem Verbrechen, das Alexis Orloff begangen, weit von mir wies, mich doch nicht entschließen konnte, den Palast früher zu betreten, als den folgenden Tag. Ich fand die Kaiserin mit sehr verstörter Miene, offenbar in großer Gemütsbewegung. Sie empfing mich mit folgenden Worten:»Mein Abscheu bei diesem Tode ist unaussprechlich; es ist ein Schlag, der mich zu Boden wirft.«—»Es ist ein zu rascher Tod für Ihren und meinen Ruhm, Madame, «erwiderte ich.

Der Gedanke an dieses Verbrechen kam mir nicht aus dem Sinn, und ich war unvorsichtig genug, im Laufe des Abends im Vorzimmer vor vielen Leuten zu sagen, ich hoffte, Alexis Orloff würde jetzt mehr als je fühlen, daß wir nicht geschaffen wären, dieselbe Luft zu atmen, und ich sei stolz genug, zu glauben, er werde mich in Zukunft nicht einmal mehr als Bekannte anreden. Von diesem Tage an wurden alle Orloffs meine unversöhnlichen Feinde. Aber ich muß Alexis die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er trotz seiner angeborenen Unverschämtheit zwanzig Jahre hindurch niemals mehr ein Wort an mich zu richten wagte.

Wer aber boshaft genug sein kann, die Kaiserin der Teilnahme oder auch nur der Mitwisserschaft an der Ermordung ihres Gemahls zu beschuldigen, wird einen absoluten Beweis von der Ungerechtigkeit dieses Verdachtes in einem Briefe finden, der noch existiert. Er ist von Alexis Orloffs Hand wenige Augenblicke nach der Vollstreckung der gräßlichen Tat an sie geschrieben. Der unzusammenhängende Stil zeigt trotz seiner Trunkenheit das Entsetzen und die Wildheit seiner Befürchtungen, während er für die Tat in den demütigsten Ausdrücken um Verzeihung fleht.

Dieser wichtige Brief wurde von Katharina II. mit großer Sorgfalt unter andern wichtigen Papieren in einem Koffer aufbewahrt, den Fürst Bosborodka nach ihrem Tode auf Pauls Befehl untersuchen mußte, um die Papiere, die er enthielt, in seiner Gegenwart zu lesen. Als er die Lektüre des Briefes Alexis Orloffs beendet hatte, machte der Kaiser Paul das Zeichen des Kreuzes und rief:»Gott sei gelobt! die wenigen Zweifel, die ich in dieser Beziehung noch über meine Mutter hatte, sind gelöst.«—

Anhang

Brief Katharinas II. an Poniatowski.

Peter III. hatte den wenigen Geist, den er besaß, völlig verloren. Er stieß alles um, wollte die Garden abschaffen und war im Begriff, sie zu diesem Zweck aufs Land zu führen, denn er rechnete darauf, sie durch holsteinsche Truppen zu ersetzen, die in der Stadt bleiben sollten. Er wollte die Religion wechseln, sich mit Elisabeth Woronzow verheiraten, mich aber verstoßen und einkerkern.

Am Tage, an dem man den Frieden mit dem Könige von Preußen feierte, hatte er, nachdem er mich öffentlich bei Tafel beleidigt, befohlen, mich abends verhaften zu lassen. Aber mein Onkel, der Prinz Georg, ließ diesen Befehl widerrufen. Erst von jenem Tage an lieh ich den Vorschlägen, die man mir seit dem Tode der Kaiserin Elisabeth täglich machte, ein Ohr. Man beabsichtigte, ihn (Peter III.) in seinem Zimmer gefangen zu nehmen und, wie einst die Fürstin Anna und ihre Kinder, einzusperren. Wir begaben uns nach Oranienbaum, wohin uns eine große Anzahl Gardekapitäne folgte.

Der Ausgang der Verschwörung lag in den Händen der drei Brüder Orloff. Osten erinnert sich noch, daß der ältere mir überall hin folgte und tausend Torheiten für mich beging. Seine Leidenschaft für mich war bekannt und er selbst tat alles, um sie an die Oeffentlichkeit zu bringen. Es sind außerordentlich entschlossene Männer, die Orloffs, und bei den gemeinen Soldaten sehr beliebt, da sie in den Garden gedient haben. Ich bin ihnen zum größten Dank verpflichtet und ganz Petersburg ist Zeuge davon.

Die Garden waren auf alles vorbereitet, und schließlich wußten mehr als dreißig Offiziere und 10 000 Mann um das Geheimnis. Unter diesen zeigte sich drei Wochen lang nicht ein einziger Verräter. Es waren drei vollkommen getrennte Parteien, deren Anführer zur Ausführung vereinigt wurden. Das Hauptgeheimnis aber lag in den Händen der drei Brüder (Orloff).

Panin wünschte, daß es (die Abdankung Peters) zugunsten meines Sohnes geschehe, aber sie wollten es nicht zugeben. Während ich in Peterhof war, lebte und zechte Peter III. in Oranienbaum. Man war übereingekommen, daß man im Falle eines Verrats seine Rückkehr von dort nicht abwarten wollte, sondern die Garden versammelte und mich proklamierte. Ihr Eifer für mich tat, was der Verrat bewirkt hätte.

Am 27. verbreitete sich das Gerücht, ich sei verhaftet worden. Die Soldaten empörten sich, aber einer unserer Offiziere beruhigte sie. Da kam ein Soldat zum Kapitän Passik, einem der Parteianführer, und sagte ihm, ich sei ganz sicher verloren. Doch der Offizier versicherte ihn, er habe Nachrichten von mir. Nun ging derselbe Soldat, der für mich fürchtete, zu einem andern Offizier, der nicht mit im Geheimnis war. Entsetzt, zu hören, daß ein Offizier diesen Mann hatte gehen lassen, ohne ihn zu verhaften, begab er sich zum Major. Dieser ließ Passik arretieren und schickte einen Rapport noch während der Nacht nach Oranienbaum. Sofort war das ganze Regiment in Bewegung und der Schrecken verbreitete sich unter unsern Mitverschworenen. Zuerst beschlossen sie, den zweiten der Gebrüder Orloff zu mir zu schicken, um mich nach der Stadt zu bringen, während die beiden andern überall die Nachricht von meiner Ankunft verbreiten sollten. Auch der Hetmann Wolkonski und Panin waren mit ins Vertrauen gezogen.

Ich befand mich fast ganz allein mit meinen Kammerfrauen in Peterhof, scheinbar von der Welt vergessen. Aber es waren bange Tage für mich, da ich regelmäßig von allem unterrichtet wurde, was man für oder gegen mich anzettelte. Am 28. um sechs Uhr morgens trat plötzlich Alexis Orloff in mein Zimmer, weckte mich und sagte gelassen:»Es ist Zeit, daß Sie aufstehen; alles ist zu Ihrer Proklamation bereit. «Als ich darauf nach verschiedenen Einzelheiten fragte, antwortete er:»Passik ist verhaftet. «Nun zögerte ich nicht mehr. So schnell wie möglich kleidete ich mich an, ohne große Toilette zu machen, und stieg in den Wagen, der Orloff hergebracht hatte. An dem Wagenschlag stand, als Diener verkleidet, ein anderer Offizier, während ein dritter mir einige Werst hinter Peterhof entgegenkam. Fünf Werst vor Petersburg begegnete ich dem ältesten Orloff mit dem Fürsten Bariatinski, dem jüngeren. Dieser trat mir seinen Platz in der Sänfte ab, denn meine Pferde waren erschöpft. So kamen wir in die Kasernen des Ismailoffskischen Regiments. Hier waren nur 12 Mann und ein Tambour anwesend, der sich beeilte Alarm zu schlagen. Nun kamen die übrigen Soldaten herbei, küßten mir die Füße, die Hände, mein Kleid und nannten mich ihren Retter. Zwei von ihnen schleppten einen Popen mit dem Kruzifix herbei, und alle leisteten den Eid. Als dies geschehen, hob man mich wieder in einen Wagen. Der Pope mit dem Kreuz schritt voran. Wir fuhren zum Simeonowskischen Regiment, das uns mit Vivatrufen entgegenkam.