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Darauf begaben wir uns nach der Kasanerkirche, wo ich ausstieg. Das Regiment Preobraschenski kam ebenfalls herbei und rief:»Vivat!«—»Wir bitten um Verzeihung, «sagten die Soldaten dieses Regiments,»daß wir die letzten sind, aber unsere Offiziere haben uns zurückgehalten. Um indes unsern Eifer für Sie zu beweisen, haben wir vier verhaftet, denn wir wollen dasselbe, was unsere Kameraden der andern Regimenter wollen. «Dann langte die Garde zu Pferd an. Diese befand sich in einem Freudentaumel, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sie schrien und weinten vor Freude über die Befreiung des Vaterlandes. Die Garde war vollzählig mit ihren Offizieren an der Spitze.

Da ich wußte, daß mein Onkel, der Prinz Georg, dem Peter III. dieses Regiment geschenkt hatte, von demselben schrecklich gehaßt wurde, schickte ich einen Gardisten zu Fuß zu ihm, um ihn zu bitten, in seinem Hause zu bleiben, aus Furcht, es könnte ihm etwas passieren. Aber schon hatte sein Regiment eine Abteilung abgeschickt, um ihn zu verhaften. Man plünderte sein Haus und mißhandelte ihn.

Ich begab mich ins neue Winterpalais, wo die Synode und der Senat versammelt waren. In Eile entwarf man das Manifest und den Eid. Dann ging ich hinunter und schritt die Reihen der Soldaten ab, von denen mehr als 14 000 — Garden und Landregimenter — versammelt waren. Sowie man meiner ansichtig wurde, ertönten Freudenrufe, die das zahlreich herbeigelaufene Volk wiederholte. Danach begab ich mich in den alten Winterpalast, um die nötigen Maßnahmen zu treffen. Hier beratschlagten und beschlossen wir, daß ich an der Spitze der Truppen nach Peterhof ziehen sollte, wo Peter III. dinierte.

Auf dem ganzen Wege hatte man Posten aufgestellt, und jeden Augenblick schickte man mir Nachrichten.

Ich sandte den Admiral Talitschin nach Kronstadt. Da kam der Kanzler Woronzow, um mich wegen meines Weggangs aus Peterhof zu schelten. Meine Antwort war, man solle ihn in die Kirche führen, um mir ebenfalls den Eid zu leisten. Darauf kamen der Fürst Trubetzkoi und der Graf Alexander Schuwaloff, gleichfalls aus Peterhof, um sich der Regimenter zu versichern und mich zu ermorden. Aber auch sie leisteten, ohne daß man Gewalt brauchen mußte, den Eid.

Nachdem unsere Kuriere abgefertigt und alle Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, zog ich gegen 10 Uhr abends die Uniform der Garden an, und man proklamierte mich mit unbeschreiblichem Enthusiasmus zum Obersten. Ich bestieg ein Pferd und ließ nur wenige Soldaten von jedem Regiment zum Schutze für meinen Sohn zurück, der in Petersburg blieb.

So zog ich an der Spitze der Truppen nach Peterhof. Wir marschierten die ganze Nacht. Am kleinen Kloster angelangt, brachte mir der Vizekanzler Galitzin einen sehr ergebenen Brief Peters III. Aber ich vergaß zu erwähnen, daß, als ich die Stadt verließ, drei von Peterhof abgeschickte Soldaten, die im Volke ein Manifest verbreiten sollten, mir dieses gaben und sagten:»Da sieh, womit uns Peter III. beauftragt hat; wir geben es Dir und sind sehr froh, die Gelegenheit zu haben, uns unsern Brüdern anzuschließen. «Nach diesem ersten Briefe Peters III. kam ein zweiter an, den der General Michael Ismailoff brachte. Ismailoff warf sich mir zu Füßen und sagte:»Halten Sie mich für einen Ehrenmann?«—»Ja, «antwortete ich. — »Gut, «sagte er,»es ist ein Glück, mit vernünftigen Menschen zusammenzusein. Der Kaiser will verzichten! Ich werde ihn nach seiner Abdankung frei zu Ihnen führen und dadurch mein Vaterland vor dem Bürgerkriege bewahren.«— Ich beauftragte ihn ohne Mühe mit diesem Befehl, und er ging, ihn auszuführen.

Peter III. verzichtete in Oranienbaum in voller Freiheit, umgeben von 1500 Holsteinern, auf die Krone und kam mit Elisabeth Woronzow, Gudowitz und Michael Ismailoff nach Peterhof, wo ich ihm zum Schutze seiner Person fünf Offiziere und einige Soldaten gab. Es war am 29. Juni, am Peterstage mittags. Während man für alle das Mittagsmahl bereitete, bildeten sich die Soldaten mit einem Male ein, der Feldmarschall Trubetzkoi habe Peter III. hergebracht und versuchte nun zwischen uns beiden Frieden zu stiften. Sie hielten alle, die ihren Weg kreuzten, an, unter andern auch den Hetmann, die Orloffs und viele andere, damit sie mir sagen sollten, schon drei Stunden wären vergangen, seit sie mich nicht gesehen; sie stürben vor Angst, daß der alte Schurke Trubetzkoi mich hintergehe, indem er einen Scheinfrieden zwischen meinem Gemahl und mir herbeiführe. Dann wären ich und sie alle verloren. — »Aber, «fügten sie hinzu,»wir zerreißen ihn in Stücke!«das waren ihre eigenen Ausdrücke.

Ich ging daher zu Trubetzkoi, um ihm zu sagen:»Ich bitte Sie, nehmen Sie einen Wagen, während ich zu Fuß die Truppen mustere, «worauf ich ihm erzählte, was sich zugetragen. Er begab sich in großer Angst nach der Stadt, während ich mit einstimmigen Beifallsrufen empfangen wurde. Nun schickte ich den Exkaiser in Begleitung von vier Offizieren und einer Abteilung gemäßigter, vernünftiger Leute unter dem Kommando Alexis Orloffs nach einem siebenundzwanzig Werst von Peterhof entfernt gelegenen, aber sehr angenehmen Ort, Ropscha genannt, während man für ihn in Schlüsselburg bequeme und anständige Zimmer bereitete. Hier hatte er Zeit, seine Pferde zum Wechseln vorauszuschicken. Aber Gott verfügte anders: Die Furcht hatte bei ihm einen Durchfall bewirkt, der drei Tage anhielt; erst am vierten ließ die Kolik nach. An diesem Tage trank er ungeheuer viel, denn er hatte alles was er wollte, nur keine Freiheit. Uebrigens hatte er mich um seine Maitresse, seinen Hund, seinen Neger und seine Violine gebeten. Da ich aber eine Vermehrung der so schon gärenden Stimmung im Volke befürchtete, schickte ich ihm nur die drei letztgenannten Gegenstände. Die Kolik ergriff ihn von neuem und stieg ihm ins Gehirn. Dieser Zustand währte zwei Tage, worauf große Schwäche folgte. Trotz der sofortigen ärztlichen Hilfe gab er alsbald den Geist auf, nachdem er nach einem evangelischen Geistlichen verlangt hatte.

Ich befürchtete, die Offiziere hätten ihn vergiftet, so sehr haßte man ihn, und ließ ihn daher öffnen. Aber man fand nicht die geringste Spur von Gift in seinem Körper. Er hatte einen sehr gesunden Magen, allein eine Entzündung in den Därmen. Ein Schlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Sein Herz war winzig klein und gebrochen. –

Nach seiner Abreise von Peterhof riet man mir, geradewegs nach Petersburg zu gehen. Da ich indes voraussah, daß sich die Truppen dagegen widersetzen würden, ließ ich das Gerücht von meiner Rückkehr nach der Stadt unter dem Vorwande verbreiten, ich wolle wissen, um welche Zeit sie bereit wären, sich auf den Weg zu machen. Und sie setzten nach einem dreitägigen ermüdenden Marsch die zehnte Stunde am Abend fest,»das heißt, «fügten sie hinzu,»nur wenn sie mit uns kommt.«

So reiste ich also mit ihnen ab, aber auf der Hälfte des Wegs ruhte ich ein wenig im Landhause Kurakins aus, wo ich mich völlig angekleidet aufs Bett warf. Ich schlief bis einhalb drei Uhr morgens, worauf es weiter nach Katharinenhof ging. Von neuem bestieg ich mein Pferd; ein Husarenregiment marschierte vor mir, dann folgte meine Eskorte, die Garde zu Pferd. Unmittelbar hinter mir kam mein ganzer Hof, die Garden, der Anciennität nach und drei Landregimenter. Unter großer Begeisterung hielt ich meinen Einzug in die Stadt und den Sommerpalast, wo mich der Hof, die Synode, mein Sohn und alle, die mir nahe standen, erwarteten. Ich ging zur Messe. Dann sang man das Te Deum und beglückwünschte mich, die ich seit Freitag früh sechs Uhr kaum getrunken, gegessen noch geschlafen hatte. Ich war daher sehr froh, mich am Sonntag abend niederlegen zu können.