Выбрать главу

Doch kaum war ich gegen Mitternacht eingeschlafen, als der Kapitän Passik in mein Zimmer trat und mich weckte:»Unsere Leute sind entsetzlich betrunken, «sagte er,»ein betrunkener Husar ist durch die Reihen gegangen und hat geschrien: ›Zu den Waffen! 3000 Preußen kommen und wollen uns unsere Mutter entführen!‹ Darauf haben alle zu den Waffen gegriffen und sind nun hier, um sich Ihres Wohlbefindens zu versichern. Sie sagen, sie hätten Sie seit drei Stunden nicht gesehen, würden aber ruhig nach Hause zurückkehren, wenn sie Sie in guter Gesundheit wüßten; die Soldaten gehorchen weder ihren Offizieren noch Orloff.«

So mußte ich denn abermals aufstehen. Um aber nicht meine Leibgarde in Schrecken zu jagen, ging ich zuerst zu dieser und teilte ihr den Grund meines Ausganges zu so später Stunde mit. Darauf setzte ich mich in Begleitung zweier Offiziere in meinen Wagen und begab mich zu den Truppen, um ihnen zu sagen, daß ich mich vollkommen wohl befände; sie sollten sich nur schlafen legen und auch mir ein wenig Ruhe gönnen, denn ich hätte drei Nächte nicht geschlafen. Auch wünschte ich, daß sie in Zukunft ihren Offizieren gehorchten. Sie antworteten mir, man hätte sie mit diesen verfluchten Preußen erschreckt, und sie wollten alle für mich sterben. — »Gut, «sagte ich,»ich danke euch; aber geht jetzt zur Ruhe.«— Darauf wünschten sie mir Gute Nacht und alles Gute für mein Wohlbefinden und gingen dann, zahm wie die Lämmer, in die Kasernen, immer die Blicke auf meinen Wagen gerichtet. Am nächsten Tag ließen sie sich entschuldigen und bedauerten es sehr, mich aus dem Schlafe gerissen zu haben.

Um das Verhalten eines jeden Offiziers einzeln zu beschreiben, würde man ein ganzes Buch brauchen. Die Orloffs glänzten besonders durch ihre Kunst, die Gemüter zu leiten, ferner durch kluge Kühnheit, große Geistesgegenwart und tausend große und kleine Einzelheiten, sowie durch den Respekt, den sie durch ein solches Benehmen allen einzuflößen wußten. Sie besitzen alle drei sehr viel gesunden Menschenverstand, edlen Mut, sind Patrioten bis zum Enthusiasmus und Ehrenmänner vom Scheitel bis zur Sohle. Sie sind mir leidenschaftlich ergeben und leben, wie selten Brüder, in vollkommener Eintracht miteinander. Im ganzen sind es fünf Brüder, aber nur drei haben teilgenommen.

Kapitän Passik zeichnete sich hauptsächlich dadurch aus, daß er 12 Stunden in seiner Haft ausharrte, obgleich ihm die Soldaten Türen und Fenster öffneten. Aber er wollte sein Regiment nicht vor meiner Ankunft in Verwirrung bringen, obwohl er jeden Augenblick gewärtig sein mußte, nach Oranienbaum gebracht, und dort verhört zu werden. Glücklicherweise traf ein solcher Befehl Peters III. erst ein, als ich schon meinen Einzug in die Stadt gehalten hatte.

Die Fürstin Daschkoff, obgleich sie sich gern alle Ehren und Verdienste um diese Thronrevolution aneignen möchte, stand in sehr schlechtem Geruch wegen ihrer Verwandtschaft, und ihre neunzehn Jahre imponierten keinem Menschen. Sie behauptet, alles wäre durch ihre Hand gegangen, um zu mir zu gelangen, während ich doch schon seit einem halben Jahre mit allen Anführern in Briefwechsel stand, ehe sie nur einen einzigen ihrer Namen kannte. Gewiß, sie besitzt viel Geist, aber er ist durch ihre unglaubliche Prahlerei und ihr angeborenes zänkisches Wesen verdorben. Sie ist von allen Chefs gehaßt und die Freundin aller derjenigen, die sie von dem, was sie wissen, bis ins kleinste unterrichten. Iwan Schuwaloff, der niedrigste und verworfenste aller Menschen, hat allerdings, wie man sagt, an Voltaire geschrieben, daß ein neunzehnjähriges Weib die Regierung des russischen Reichs gestürzt hätte: reißen Sie doch diesen großen Dichter aus seinem Irrtum! Fünf Monate bevor sie nur das geringste wußte, war man gezwungen, vor der Fürstin Daschkoff die Namen der Vermittler, deren ich mich bediente, zu verschweigen, und erst in den letzten vier Wochen sagte man ihr so wenig wie möglich.

Die Charakterfestigkeit des Fürsten Bariatinski, der einem geliebten Bruder, der Adjutant beim ehemaligen Kaiser war, das Geheimnis verschwieg, nicht weil er zu fürchten hatte, sein Vertrauen werde mißbraucht, sondern weil er es für unnütz fand, verdient großes Lob.

In der Garde zu Pferd haben ein zweiundzwanzigjähriger Offizier, namens Chitron, und ein siebzehnjähriger Unteroffizier, namens Potemkin, alles mit Mut und Geschick geleitet.

Da haben sie also ungefähr die ganze Geschichte. Alles geschah, ich gestehe es Ihnen, unter meiner persönlichen Leitung. Zuletzt aber dämpfte ich das Ganze ein wenig, weil der Aufbruch aufs Land die Ausführung verhinderte und alles seit mehr als vierzehn Tagen reif war.

Als der einstige Kaiser den Tumult in der Stadt vernahm, wurde er durch seine Damen verhindert, dem Rate des alten Feldmarschalls Münnich zu folgen, der ihm riet, nach Kronstadt zu gehen, oder sich mit einer geringen Anzahl seines Gefolges zur Armee zu begeben. Und als er endlich doch auf einer Galeere nach Kronstadt ging, gehörte die Stadt, dank des guten Benehmens des Admirals Talitschin, uns. Er ließ den General Sievers, der für den Kaiser war, entwaffnen. Als Peter anlangte, drohte ihm ein Hafenoffizier aus eigenem Antriebe, auf seine Galeere mit Kanonen schießen zu wollen. Schließlich aber hat Gott alles nach seinem Willen zu Ende geführt. Alles grenzt schon mehr ans Wunderbare, denn so viele glückliche Zufälle können nur durch den Willen des Allmächtigen stattfinden.

Einige Briefe des Großfürsten Peter.

Anmerkung: Diese Briefe, die 1858 in Moskau aufgefunden wurden, sind in sehr mangelhafter französischer Sprache von Peter geschrieben. Leider ist es unmöglich, die Orthographie im Deutschen wiederzugeben, aber Stil und Interpunktion sind beibehalten worden.

I.

An die Großfürstin Katharina.

Madame.

Ich bitte Sie sich diese Nacht nicht zu inkomodieren mit mir zu schlafen, denn die Zeit ist vorbei wo Sie mich betrügen; das Bett ist nach einer Trennung von 14 tagen von Ihnen, heute Nachmittag zu schmal gewesen.

Ihr

sehr unglücklicher Mann, den Sie niemals mit diesem Namen zu benennen geruhen.

Peter.

Den……. X. 1746.

II.

An Iwan Schuwaloff.

Mein Herr,

ich habe Sie durch Lef Alexandrowitsch bitten lassen, daß ich mich nach Oranienbaum begeben kann, aber wie ich sehe, ist meine Bitte ohne Erfolg geblieben. Ich bin im höchsten Grade krank und niedergeschlagen und bitte Sie nun um des Himmels willen bei Ihrer Majestät ein Wort einzulegen, damit ich bald nach Oranienbaum abreisen kann, wenn ich nicht bald aus diesem schönen Hofleben herauskomme um ein wenig freier zu sein und die Landluft zu genießen, komme ich sicher vor Langerweile und Mißvergnügen um, Sie schenken mir das Leben wieder wenn Sie dies tun machen Sie sich den verbindlich, der sich sein ganzes Leben nennen wird