Выбрать главу

Sie warfen Adrian Mellon über das Brückengeländer ins Wasser. Hagarty hörte das Platschen.

»Machen wir, daß wir hier wegkommen«, sagte Steve Dubay. Er und Webby gingen rückwärts auf das Auto zu.

Chris Unwin blickte übers Geländer nach unten. Zuerst sah er Hagarty, der die unkrautüberwucherte, mit Abfällen übersäte Uferböschung hinabschlitterte. Dann sah er den Clown. Der Clown zog Adrian auf der anderen Flußseite mit einem Arm aus dem Wasser; in der anderen hatte er seine Luftballons. Adrian war völlig durchnäßt, würgte und stöhnte. Der Clown wandte den Kopf und grinste zu Chris hoch. Chris sagte, er hätte seine funkelnden Silberaugen und die gebleckten Zähne gesehen - riesengroße Zähne, sagte er.

»Wie der Löwe im Zirkus, Mann«, sagte er. »Ich meine, so groß waren die Zähne.«

Dann sah er, wie der Clown einen von Adrians Armen über den Kopf zurückbog.

»Und was dann, Chris?« fragte Boutillier. Dieser Teil der Geschichte langweilte ihn. Märchen hatten ihn schon seit seinem achten Lebensjahr immer gelangweilt.

»Ich weiß nicht so recht«, murmelte Chris. »In diesem Augenblick hat Steve mich gepackt und ins Auto gezerrt. Aber... aber ich glaube, der Clown hat in Mellons Achselhöhle gebissen.« Er sah sie wieder an, diesmal sehr unsicher. »Ich glaube, so war's. Er hat in seine Achselhöhle gebissen.

So als wollte er ihn auffressen, Mann. So als wollte er sein Herz fressen.«

15

Nein, sagte Hagarty, als man ihn zu Chris Unwins Version der Geschichte verhörte. Nein, der Clown habe Ade nicht ans andere Ufer gezerrt, zumindest nicht, soweit er gesehen habe - und sie könnten Gift darauf nehmen, daß er zu diesem Zeitpunkt kein unbeteiligter objektiver Beobachter gewesen sei; zu diesem Zeitpunkt sei er völlig außer sich gewesen, habe fast den Verstand verloren.

Seiner Aussage nach stand der Clown in der Nähe des anderen Ufers und hielt Adrians tropfenden Körper in seinen Armen. Ades rechter Arm ragte steif hinter dem Kopf des Clowns hervor, und das Gesicht des Clowns war wirklich in Ades rechter Achselhöhle, aber er biß nicht zu; er lächelte. Hagarty konnte ihn unter Ades Arm hervorschauen und lächeln sehen.

Die Arme des Clowns schlössen sich fester um Ade, und Hagarty hörte, wie Rippen gebrochen wurden.

Ade kreischte auf.

»Schweb mit uns, Don!« rief der Clown mit seinem grinsenden roten Mund und deutete mit einer weiß behandschuhten Hand unter die Brücke.

Luftballons schwebten an der Unterseite der Brücke - nicht etwa ein Dutzend oder zwölf Dutzend, sondern Tausende roter und blauer und grüner und gelber Ballons. Und auf jedem stand: ich derry!

16

»Na ja, das hört sich wirklich ein bißchen zuviel Luftballons an«, sagte Reeves und zwinkerte Harold Gardener wieder zu.

»Ich weiß, wie sich das anhört«, wiederholte Hagarty mit bedrückter Stimme.

»Sie haben diese Ballons gesehen?« fragte Gardener.

Don Hagarty hielt sich langsam die Hände vors Gesicht. »Ich sah sie genauso deutlich wie jetzt meine Finger. Tausende von Ballons. Man konnte nicht einmal mehr die Unterseite der Brücke sehen, weil es einfach zu viele waren. Sie bewegten sich ein wenig auf und ab. Und da war dieses Geräusch. Ein komisches leises Quietschen. Es kam daher, weil ihre Seiten aneinanderrieben. Und Schnüre. Ein ganzer Wald weißer Schnüre hing herab. Sie sahen aus wie weiße Spinnweben. Der Clown schleppte Ade dorthin. Ich sah sein Kostüm zwischen diesen Schnüren. Ade stieß schreckliche würgende, erstickende Laute aus. Ich rannte hinter ihm her... und dann drehte der Clown den Kopf um und blickte zurück. Ich sah seine Augen, und plötzlich begriff ich, wer es war.«

»Wer war es denn, Don?« fragte Harold Gardener freundlich.

»Es war Derry«, sagte Don Hagarty. »Es war diese Stadt.«

»Und was haben Sie dann gemacht?« Das war Reeves.

»Ich bin weggerannt, Sie Blödhammel«, sagte Hagarty und brach in Tränen aus.

17

Harold Gardener behielt seine Gedanken und Zweifel für sich - bis zum 13. November, dem Tag vor Beginn der Gerichtsverhandlung gegen John Garton und Steven Dubay wegen Mordes, begangen an Adrian Mellon. Dann ging er zu Tom Boutillier. Er wollte sich über den Clown unterhalten. Boutillier hatte dazu nicht die geringste Lust, aber als er sah, daß Gardener imstande war, etwas Dummes zu tun, wenn man ihm nicht ein paar Anweisungen gab, redete er lieber doch mit ihm.

»Es gab überhaupt keinen Clown, Harold. Die einzigen Clowns, die an jenem Abend unterwegs waren, waren diese drei Burschen. Das weißt du doch genauso gut wie ich, Harold.«

»Wir haben aber zwei Zeugen...«

»Ach, das ist doch alles Blödsinn! Unwin beschloß einfach, den Einarmigen ins Spiel zu bringen, so in der Art von >Wir haben den armen kleinen Schwulen nicht umgebracht, es war der Einarmige«, sobald er begriff, daß er diesmal wirklich in der Klemme saß. Und Hagarty war hysterisch. Er mußte mit ansehen, wie diese Kerle seinen besten Freund ermordeten. Es hätte mich nicht überrascht, wenn er fliegende Untertassen gesehen hätte.«

Aber Boutillier wußte es besser, das konnte Gardener in seinen Augen lesen, und die Ausweichmanöver des Mannes ärgerten ihn.

»Na hör mal«, sagte er. »Uns liegen zwei voneinander völlig unabhängige Aussagen vor. Red also nicht so 'n verdammten Mist daher!«

»Oh, du willst also über Mist reden? Willst du mir etwa weismachen, daß du an diesen Vampir-Clown unter der Main Street Bridge glaubst? Denn das ist meiner Meinung nach verdammter Mist.«

»Nein, nicht direkt, aber...«

»Oder daß Hagarty da unten wirklich eine Billion Ballons gesehen hat und daß auf jedem davon genau das gleiche stand wie auf Mellons Hut? Glaubst du das? Denn auch das ist meiner Meinung nach verdammter Mist. Totaler Quatsch!«

»Nein, aber...«

»Warum gibst du dich dann überhaupt mit diesem Blödsinn ab?«

»Hör auf, mich ins Kreuzverhör zu nehmen!« brüllte Gardener. »Beide haben den Kerl ganz gleich beschrieben, und keiner hat gewußt, was der andere sagen würde!«

Boutillier hatte an seinem Schreibtisch gesessen und mit einem Bleistift gespielt. Jetzt legte er den Bleistift hin, stand auf und ging auf Harold Gardener zu. Boutillier war fünf Zoll kleiner, abr trotzdem wich Gardener vor dem Zorn des Mannes einen Schritt zurück.

»Willst du, daß wir diesen Fall verlieren, Harold?«

»Nein. Natürlich ni...«

»Willst du, daß diese üblen Strolche weiterhin frei herumlaufen?«

»Nein!«

»Okay. Nachdem wir uns im Prinzip einig sind, werde ich dir verraten, was ich wirklich glaube. Ja, vermutlich war an jenem Abend ein Mann unter der Brücke. Vielleicht hat er sogar wirklich ein Clownskostüm getragen, obwohl ich schon mit zuviel Zeugen zu tun hatte, daß ich eher glaube, daß es einfach ein Betrunkener oder ein Landstreicher in zerlumpten Klamotten war. Vermutlich hat er da unten nach runtergefallenen Münzen oder nach Proviant gesucht - nach 'nem halben weggeworfenen Hamburger oder den Resten in einer zerknüllten Pommes frites-Tüte. Alles andere haben sie sich eingebildet, Harold. Na, wäre das nicht durchaus möglich?«

»Ich weiß nicht so recht...«, sagte Harold. Er hätte sich gern überzeugen lassen, aber angesichts der exakten Übereinstimmung der beiden Beschreibungen ... nein. Er glaubte nicht, daß so etwas möglich war.

»Der Kern der Sache ist aber folgender: Mir ist es scheißegal, ob da unten nun Kinko the Klown oder ein Kerl auf Stelzen in Uncle Sam-Kostüm oder aber Hubert the Happy Homo war. Wenn wir vor Gericht nur etwas von diesem Kerl andeuten, wird sich ihr Anwalt sofort gierig darauf stürzen. Er wird behaupten, diese beiden unschuldigen kleinen Lämmer mit ihren frisch geschnittenen Haaren und in ihren neuen Anzügen hätten weiter nichts getan als diesen Homosexuellen Mellon zum Spaß über das Brückengeländer geworfen. Er wird mit besonderem Nachdruck hervorheben, daß