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Die Kneipe war überfüllt; mehrere Dutzend Männer drängten sich dort, tranken Bier, aßen eine Kleinigkeit an der Bar und spuckten auf den mit Holzspänen bestreuten Holzboden.

Die Tür öffnete sich, und Claude Heroux kam herein. Er hatte eine Holzfälleraxt mit zwei Schneiden, von den Holzfällern >Zweihänder< genannt, in der Hand. Er ging an die Bar und verschaffte sich mit den Ellbogen Platz. Egbert Thoroughgood stand links von ihm, Schulter an Schulter. Der Barkeeper brachte Heroux einen Humpen Bier, zwei hartgekochte Eier in einer Schüssel und einen Salzstreuer. Heroux bezahlte mit einem Zwei-Dollar-Schein und schob das Wechselgeld in eine der Taschen seiner Holzfällerjacke. Er salzte seine Eier und aß sie. Er salzte sein Bier, trank es aus und rülpste.

»Gut gemacht, Claude, hier draußen ist mehr Platz als da drin«, sagte Thoroughgood, so als hätten nicht den ganzen Sommer über gewisse Leute fieberhaft nach Heroux gesucht.

»Weißt du, das stimmt haargenau«, sagte Heroux.

Er bestellte sich noch einen Humpen Bier und zwei weitere Eier. Er salzte die Eier, aß sie, salzte sein Bier, trank es aus und rülpste wieder. Die Unterhaltung an der Bar ging weiter; nicht wie in den Wildwestfilmen, wo sich beredtes Schweigen ausbreitet, sobald der Held oder der Bösewicht die Tür aufreißt und langsam und unheilverkündend zur Bar schlendert. Zahlreiche Leute begrüßten Claude mit lautem Hallo. Er nickte und winkte ihnen zu, aber er lächelte nicht, und Thoroughgood sagte, Heroux hätte auf ihn den Eindruck gemacht, als träume er halb. An dem Tisch ganz im Hintergrund der Kneipe, dort wo an Samstagabenden manchmal eine Country-Band spielte, ging das Kartenspiel weiter. El Katook teilte gerade aus. Niemand machte sich die Mühe, den Spielern zu sagen, daß Claude Heroux an der Bar trank... obwohl es schier unverständlich ist, wie sie seine Anwesenheit nicht bemerken konnten, nachdem zahlreiche Leute, die ihn kannten und mit ihm zusammengearbeitet hatten, ihn doch lautstark begrüßten, wobei auch sein Name mehrmals fiel. Aber es war nun mal so - sie spielten seelenruhig Karten.

Nachdem Heroux sein zweites Bier ausgetrunken hatte, entschuldigte er sich bei Thoroughgood, hob seine Axt auf, ging zu dem Tisch, an dem Muellers Männer Karten spielten und begann sein blutiges Werk.

George Calderwood hatte sich gerade ein Glas Whisky eingegossen und stellte die Flasche auf den Tisch, als Heroux am Tisch ankam. Heroux ließ seine Axt niedersausen und traf Calderwood genau am Handgelenk. Calderwood schaute auf seine Hand und schrie; sie hielt noch die Flasche fest, aber sie selbst hatte nirgends mehr Halt. Einen Moment lang umklammerte sie die Flasche sogar noch fester, dann fiel sie auf den Tisch wie eine tote Spinne. Aus Calderwoods Handgelenk schoß Blut hervor.

An der Bar rief einer der Männer nach Bier, und ein anderer fragte den Barkeeper, der Jonsey hieß, ob er immer noch sein Haar färbe. »Hab' ich nie nötig gehabt«, erwiderte Jonsey mißmutig, denn er war auf seine Haare sehr stolz.

»Ne Hure drüben bei Ma Courtney hat mir aber gesagt, was um deinen Schwanz rum wächst, war schneeweiß«, ärgerte der Kerl ihn weiter.

»Sie lügt«, rief Jonsey.

»Laß mal die Hosen runter und zeig's uns«, sagte ein Holzfäller namens Falkland, mit dem Thoroughgood vor Heroux' Ankunft um die Wette getrunken hatte. Dies rief allgemeines schallendes Gelächter hervor.

Hinter ihnen hatte George Calderwood einen regelrechten Schreikrampf. Einige der Männer an der Bar drehten sich um, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Claude Heroux mit Schaum vor dem Mund seine Axt in Tinker McCutcheons Kopf trieb. Tinker war ein großer Kerl mit einem schwarzen Bart, der allmählich grau wurde. Er wollte aufstehen, ließ sich aber gleich wieder auf den Stuhl fallen. Heroux zog die Axt aus seinem Kopf. Tinker versuchte wieder aufzustehen, und Heroux holte seitlich aus und grub die Axt in seinen Rücken. Es hätte sich so angehört, als würde ein schweres Buch auf einen Teppich fallen, erzählte Thoroughgood. Tinker fiel über den Tisch, und seine Karten flatterten ihm aus der Hand.

Die anderen schrien und heulten. Calderwood versuchte, seine rechte

Hand mit der linken aufzuheben, während ihm der Lebenssaft aus dem Handgelenk rann. Stugley Grenier hatte eine Pistole in einem Schulterhalfter versteckt und bemühte sich erfolglos, sie herauszuholen. Eddie King wollte aufstehen und fiel direkt vom Stuhl auf den Rücken. Bevor er aufstehen konnte, stand Heroux mit gespreizten Beinen über ihm und holte mit seiner Axt weit aus. King schrie und hielt abwehrend beide Hände hoch.

»Bitte, Claude, ich habe erst letzten Monat geheiratet«, schrie King, und dann sauste die Axt herunter und bohrte sich tief in Kings stattlichen Bauch. Blut spritzte nach allen Richtungen. Eddie brüllte und wand sich auf dem Boden. Claude zog seine Axt aus Eddies Eingeweiden heraus, so wie ein guter Holzfäller seine Axt aus einem weichen Baumstamm herauszieht - sie vorsichtig hin- und herbewegend, um sie vom klebrigen Holz zu befreien. Er brachte sie heraus und holte mit dem bluttriefenden Werkzeug wieder weit aus. Nach dem nächsten Hieb schrie Eddie King nicht mehr. Aber Claude Heroux war noch nicht mit ihm fertig - er schien richtig Kleinholz aus ihm machen zu wollen.

An der Bar unterhielt man sich inzwischen über den bevorstehenden Winter. Vernon Stanchfield, ein Farmer aus Palmyra, sagte einen milden Winter voraus - Herbstregen braucht den Schnee auf, behauptete er. Alfie Naugler, der eine Farm in Derry hatte, war hingegen der Meinung, es würde ein bitterkalter Winter werden. Er hätte auf einigen Raupen die unerhörte Zahl von acht Ringen entdeckt. Ein dritter sagte viel Matsch voraus, ein vierter prophezeite viel Schnee. Natürlich kam auch der Schneesturm von 1904 wieder aufs Tapet. Jonsey ließ Bierhumpen und Schüsseln mit Eiern über die Theke schlittern. Hinter ihnen hörten die Schreie nicht auf, und Ströme von Blut flössen.

An dieser Stelle schaltete ich meinen Kassettenrecorder ab und fragte Egbert Thoroughgood: »Wie war so etwas möglich? Wollen Sie sagen, Sie hätten nicht gewußt, was da vorging, oder daß Sie es wußten, sich aber nicht darum kümmerten, oder was sonst?«

Thoroughgoods Kinn sank auf den obersten Knopf seines fleckigen Hemdes. Er zog die Augenbrauen zusammen. Lange Zeit schwieg er. Es war Winter, und ich konnte - wenn auch sehr schwach - das Lachen und Rufen der Kinder hören, die auf dem großen Hügel im McCarron-Park Schlitten fuhren. Die Stille in Thoroughgoods Zimmer, das klein und mit Möbeln vollgestopft war und nach Medikamenten roch, hielt so lange an, daß ich meine Frage gerade wiederholen wollte, als er erwiderte: »Wir wußten, was da vorging. Aber es schien uns nichts anzugehen. Es war so, als würde es ganz woanders passieren. In gewisser Weise war's so ähnlich wie mit der Politik. Ja, so ähnlich. Oder wie mit Geschäften. Am besten sollen sich nur die Leute um Geschäfte kümmern, die was davon verstehen. Mit Rechtsstreitigkeiten ist's dasselbe. Einfache Leute, Arbeiter, halten sich da am besten raus.«

»Sprechen Sie etwa in diesem Zusammenhang von Schicksal?« fragte ich ungläubig.

Die Frage rutschte mir einfach so heraus - eigentlich war sie mehr an mich selbst gerichtet als an Thoroughgood, der alt und schwerfällig und ungebildet war. Ich erwartete von ihm eigentlich gar keine Antwort - aber er gab sie mir.