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Jetzt hörte Tom das vertraute Klicken des Feuerzeugs, und der dumpfe Zorn stieg wieder in ihm hoch, erfüllte seinen Magen und seine Brust mit einer Hitze, die nicht unangenehm war. Sie rauchte! Sie hatten ausführlich darüber gesprochen. Und nun weckte sie ihn um ein Uhr nachts und rauchte wieder!

»Ja«, sagte sie gerade. »In Ordnung. Ja...« Sie lauschte, dann stieß sie ein sonderbares, abgerissenes Lachen aus. »Was du tun kannst? Zweierlei. Reserviere mir ein Zimmer und sprich ein Gebet für mich. Ja... in Ordnung, Mike. Ja, ich auch. Gute Nacht.«

Sie hatte gerade aufgelegt, als er hereinkam. Er wollte sie anbrüllen, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er hatte sie nur zwei- oder dreimal so gesehen - einmal vor der ersten Modenschau, nachdem sie sich selbständig gemacht hatte, einmal vor der ersten großen Modenschau mit Einkäufern von den größten Firmen - Marshall Fields, Belks', Penney's, Mitchell Brothers.

Sie bewegte sich mit langen, katzenhaft geschmeidigen Schritten durch das Schlafzimmer; das weiße Satinnachthemd schmiegte sich an ihren Körper, und sie hatte eine Zigarette im Mund (verdammt, er haßte es, wie sie aussah, wenn sie rauchte!), und eine dünne Rauchschwade bewegte sich über ihre linke Schulter wie der Rauch aus einer Lokomotive.

Aber es war ihr Gesicht, das ihn zum Schweigen brachte, das ihm die Worte auf der Zunge ersterben ließ, das ihm jenes stetige Poch-poch-poch in seiner Brust wieder zu Bewußtsein brachte und eine leise unbestimmte Furcht in ihm weckte.

Sie war eine Frau, die nur bei ihrer Arbeit richtig zum Leben erwachte, und vor jenen beiden entscheidenden Modenschauen - einer vor ihrer Hochzeit, einer kurz danach - hatte er eine völlig andere Frau erlebt als das schwache, unsichere Geschöpf, das Nägel kaute und nervös zusammenzuckte, wenn es angesprochen wurde.

Jetzt hatten ihre Wangen Farbe, ihre Augen waren groß und strahlend; jede Spur von Schläfrigkeit war aus ihnen gewichen. Ihre Haare wehten. Und sie ging zum Schrank, öffnete die Tür... und holte einen Koffer heraus?

Reserviere mir ein Zimmer... sprich ein Gebet für mich... Was, zum Teufel, sollte das bedeuten?

Sie trug den Koffer zu ihrer Kommode hinüber. Sie hatte ihn immer noch nicht auf der Schwelle stehen sehen. Sie zog das oberste Schubfach auf, holte einige Jeans und Kordhosen hervor und warf sie in den Koffer. Öffnete die zweite Schublade, wo sie Strickjacken, T-shirts und ausgeblichene Blusen aufbewahrte. Billiges Zeug. Reizloses Zeug. Was ging hier vor, verdammt noch mal?

Und doch war es nicht das Packen, worauf sich sein Kopf, schwerfällig und schmerzend vom übermäßigen Alkoholgenuß und von viel zu wenig Schlaf, konzentrierte.

Es war die Zigarette.

Sie hatten darüber diskutiert.

Sie hatte behauptet, alle weggeworfen zu haben. Aber sie hatte ihn zum Narren gehalten. Und blitzartig überfiel ihn die Erinnerung an jenen Abend, als er sich ihrer völlig sicher geworden war, als er erkannt hatte, was sie war und was sie irgendwie brauchte. Das war etwa in der Mitte ihrer sechsmonatigen Freundschaft vor der Heirat gewesen, und es hatte ebenfalls mit Zigaretten zu tun gehabt.

Ich will nicht, daß du in meiner Gegenwart rauchst, hatte er ihr auf der Heimfahrt von einer Party in Lake Forest erklärt. Dieses Scheißzeug ist glatter Selbstmord. Ich muß es im Büro und auf Partys einatmen, aber nicht, wenn ich mit dir zusammen bin. Es ist so, als müßte man die Rotze anderer Leute fressen.

Sie hatte ihn auf ihre scheue, ängstliche Weise angeschaut, begierig zu gefallen, und hatte nur gesagt: »All right, Tom.«

Dann wirf sie weg.

Sie hatte das Fenster heruntergekurbelt und die Zigarette weggeworfen. Er war in jener Nacht sehr guter Laune gewesen, denn er hatte das Ausmaß seiner Macht über sie gespürt - es war ein berauschendes Gefühl gewesen. Es hätte jeden Mann berauscht. Sie war klug, sie war sehr schön, er hatte eine Vorahnung, daß sie sich als verdammt gute Geldmaschine erweisen würde... und sie gehörte ihm.

Eine Woche später waren sie im Kino gewesen, und nach der Vorstellung hatte sie sich im Foyer eine Zigarette angezündet und geraucht, während sie über den Parkplatz zum Auto gingen. Es war ein kalter Novemberabend, der Wind fegte über den See und war schneidend. Er ließ sie ihre Zigarette rauchen. Er hielt ihr sogar die Tür auf. Er setzte sich ans Steuer, schloß seine eigene Tür und sagte: Bev?

Sie nahm die Zigarette aus dem Mund, wandte ihm ihr Gesicht zu, und er versetzte ihr mit der offenen Hand eine schallende Ohrfeige. Ihr Kopf flog zur Seite, sie riß vor Überraschung und Angst die Augen weit auf und griff sich an die Wange, auf der sein Handabdruck zu sehen war. Sie schrie: Aaau... Tom!

Er beobachtete sie scharf und wartete, wie sie reagieren, was sie jetzt tun würde. Sein Schwanz wurde steif in der Hose, aber das bemerkte er erst später. Alles hing jetzt davon ab, was sie sagen würde; das wußte er irgendwie, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Sie sagte nicht: Du Scheißkerl!

Sie sagte nicht: Wenn du das jemals wieder tust, bringe ich dich um.

Sie sagte nicht: Scher dich für alle Zeit zum Teufel!

Sie stieg nicht aus.

Sie sah ihn nur mit ihren verletzten, in Tränen schwimmenden Augen an und sagte: Warum hast du das getan, Tom? Und dann versuchte sie, noch etwas anderes zu sagen, aber statt dessen brach sie in Tränen aus.

Wirf sie weg, sagte er.

Was? Was denn, Tom? Ihr Make-up rann ihr übers Gesicht. Das machte ihm nichts aus. Es gefiel ihm sogar, sie so zu sehen. Es war irgendwie erregend.

Die Zigarette. Wirf sie weg.

Ich hab's vergessen! schrie sie.

Wirf sie sofort weg, sonst bekommst du noch eine Ohrfeige.

Du darfst... du solltest mich nicht schlagen, Tom, sagte sie, aber sie kurbelte das Fenster herunter und warf die Zigarette fort.

Darfst und solltest sind zwei verschiedene Dinge, sagte er mit gezwungener Ruhe. Innerlich war er in wildem Aufruhr. In jenem Moment hatte er das Gefühl, als könnte er, wenn er wollte, das Dach seines Wagens mit der Faust durchstoßen. Wenn du mit mir zusammen bist, hast du zu tun, was ich will, Bev. Ich hab' für diesen Emanzenscheiß nichts übrig. Wenn du mich willst, hast du dich meinem Willen zu beugen. Kapiert?

Vielleicht will ich dich gar nicht, flüsterte sie, und er schlug sie wieder, stärker als beim erstenmal, denn niemand durfte so etwas zu Tom Huggins sagen, keine Frau hatte das je zu sagen gewagt.

Ihr Kopf flog gegen das gepolsterte Armaturenbrett, und sie saß zusammengekrümmt da und hielt sich mit beiden Händen das Gesicht. Sie duckte sich wie ein Kaninchen.

Er stieg aus, ging ums Auto herum und öffnete ihre Tür. Sein Atem hatte in der schwarzen windigen Novembernacht Ähnlichkeit mit Rauchwolken.

Willst du aussteigen? Steig aus. Ich bat dich, etwas zu tun, und du versprachst es mir. Du hast es aber nicht getan. Willst du aussteigen, Bev? Los, Bev. Steig aus. Steig aus. Willst du aussteigen?

Nein, flüsterte sie.

Was? sagte er. Ich kann dich nicht hören.

Nein, sagte sie ein wenig lauter.

Wenn du nicht ordentlich reden kannst, werd' ich dir einen Lautsprecher besorgen, sagte er. Zum letzten Maclass="underline" Willst du aussteigen, oder willst du mit mir zurückfahren?

Mit dir zurückfahren, sagte sie heiser, wie ein kleines Mädchen. Aber sie schaute ihn nicht an. Sie blickte auf ihre Hände, die auf ihrem Schoß lagen. Tränen liefen ihr über die Wangen.

Okay, sagte er. Du kannst mit mir zurückfahren. Aber zuerst muß du sagen: Ich habe vergessen, daß ich in deiner Gegenwart nicht rauchen soll, Tom.