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Die Kußbrücke lag eine halbe Meile stromaufwärts; sie wollten den Kanal auf der weit weniger malerischen Main Street Bridge überqueren. Der Ken-duskeag war sommerlich seicht; höchstens vier Fuß Wasser plätscherten träge um die Betonpfeiler herum.

Sie waren gerade an der Brücke angelangt, als das Auto, ein Duster, sie einholte - Steve Dubay hatte die beiden Männer aus der Bar kommen sehen und die anderen vergnügt auf sie aufmerksam gemacht.

»Halt an! Schneid ihnen den Weg ab!« schrie Webby Garton. Er hatte im Schein einer Straßenlaterne soeben gesehen, daß die beiden Männer Händchen hielten, und das brachte ihn in Wut... aber noch viel mehr brachte ihn der Hut in Rage. Die große Papierblume wippte eifrig hin und her. »Anhalten, verdammt noch mal!«

Und Steve hielt an.

Chris Unwin bestritt später seine aktive Teilnahme an dem nun Folgenden, aber Don Hagarty erzählte etwas ganz anderes. Er sagte, Garton sei aus dem Wagen gesprungen, noch bevor dieser völlig zum Stehen gekommen war, und die beiden anderen seien ihm rasch gefolgt. Dann ein kurzer Wortwechsel. An diesem Abend versuchte Adrian nicht, so zu tun, als flirte oder kokettiere er; er begriff, daß sie sich in einer äußerst gefährlichen Situation befanden.

»Gib mir den Hut!« sagte Garton. »Gib ihn her, Schwuler!«

»Werdet ihr uns in Ruhe lassen, wenn ich ihn dir gebe?« fragte Adrian mit hoher ängstlicher Stimme, den Tränen nahe, und blickte erschrocken von Unwin zu Dubay und zu Garton.

»Gib mir das Scheißding erst mal her!«

Adrian gab ihm den Zylinder. Garton zog ein Klappmesser aus der linken Vordertasche seiner Jeans und zerschnitt den Hut in zwei Teile. Er rieb die Stücke an seinem Hosenboden. Dann warf er sie aufs Pflaster und trampelte auf ihnen herum.

Don Hagarty wich ein Stück zurück, während ihre Aufmerksamkeit auf Adrian und den Hut konzentriert war - er hielt Ausschau nach einem Polizisten, wie er später sagte.

»Laßt ihr uns jetzt in R...«, begann Adrian Mellon, und in diesem Moment schlug Garton ihm ins Gesicht, und er wurde gegen das taillenhohe Brückengeländer geschleudert. Er schrie auf und griff mit den Händen nach seinem Mund. Blut sickerte zwischen seinen Fingern hindurch.

»Ade!« schrie Hagarty und rannte auf seinen Freund zu. Dubay stellte

ihm ein Bein. Garton trat ihn in den Magen, und er fiel auf die Straße. Ein Auto fuhr vorbei. Hagarty kam auf die Knie und rief um Hilfe. Das Auto fuhr einfach weiter. Der Fahrer sah sich nicht einmal um.

»Halt die Klappe, Schwulenschwein!« schrie Dubay und kickte ihn seitlich ins Gesicht. Hagarty fiel halb ohnmächtig in den Rinnstein.

Wenige Augenblicke später hörte er eine Stimme, die ihm riet zu verschwinden, bevor es ihm ebenso ergehen würde wie seinem Freund. Unwin bestätigte später in seiner Aussage, diese Warnung von sich gegeben zu haben.

Hagarty hörte dumpfe Schläge, und er hörte seinen Geliebten schreien. Adrian habe sich, so erzählte er später der Polizei, angehört wie ein Kaninchen in der Schlinge. Hagarty kroch auf die Kreuzung und auf die hellen Lichter des Busbahnhofs zu, und in einiger Entfernung warf er einen Blick zurück.

Adrian Mellon, der etwa fünf Fuß fünf groß war und in tropfnassem Zustand höchstens 135 Pfund wog, wurde in einer Art Dreiecksspiel wie eine Strohpuppe von Garton über Dubay zu Unwin gestoßen. Sie pufften ihn, schlugen ihn, zerrten an seinen Kleidern. Garton trat ihn in die Hoden. Adrians Haare hingen ihm wirr ins Gesicht. Blut floß aus seinem Mund auf sein Hemd. Webby Garton trug an der rechten Hand zwei schwere Ringe: einen der Derry High School und einen, den er im Werkunterricht selbst angefertigt hatte - zwei aufgelötete verschlungene Messingbuchstaben - DB.

- standen erhaben hervor. Diese Initialen bedeuteten >Dead Bugs<, eine Band, die er besonders bewunderte. Die Ringe hatten Adrians Oberlippe aufgerissen und ihm drei Zähne dicht unter dem Zahnfleisch ausgeschlagen.

»Hilfe!« kreischte Hagarty. »Hilfe! Hilfe! Sie bringen ihn um! Hilfe!«

Die Gebäude der Main Street blieben dunkel und still. Niemand eilte zu Hilfe - nicht einmal von der weißen Lichtinsel des Busbahnhofs. Hagarty begriff nicht, wie das möglich war; dort hielten sich doch Menschen auf. Er hatte sie gesehen, als er und Adrian vorbeigegangen waren. Würde wirklich niemand ihnen zu Hilfe eilen? Kein Mensch?

»HILFE! HILFE! SIE BRINGEN IHN um! BITTE, so HELFT UNS DOCH! UM GOTTES WILLEN, SO HELFT UNS DOCH!«

»Hilfe«, flüsterte eine leise Stimme links von Don Hagarty... und dann hörte er ein Kichern.

»Ins Wasser mit ihm!« brüllte Garton jetzt lachend. Alle drei hätten gelacht, während sie auf Adrian einschlugen, berichtete Hagarty den Polizeibeamten. »Hinein mit ihm! Übers Geländer!«

»Ja, hinein ins Wasser mit ihm! Nichts wie rein mit ihm!« lachte Dubay.

»Hilfe«, sagte die leise Stimme wieder, und obwohl sie ernst klang, folgte erneut jenes Kichern - es hörte sich an wie die Stimme eines Kindes, das wider Willen lachen muß.

Hagarty blickte hinab und sah den Clown - und von diesem Zeitpunkt an begannen Gardener und Reeves seiner ganzen Aussage zu mißtrauen, denn der Rest war das wirre Gerede eines Verrückten. Später jedoch fing Harold Gardener an, sich Gedanken zu machen. Später, als er feststellte, daß auch Unwin einen Clown gesehen hatte - oder es zumindest behaup

tete -, begann er nachzudenken. Sein Kollege hingegen wurde entweder tatsächlich nicht nachdenklich, oder er wollte es nicht zugeben.

Der Clown, so Hagarty, sah aus wie eine Mischung zwischen Ronald McDonald und jenem alten Fernsehclown Bozo - zumindest war das Ha-gartys erster Eindruck. Es waren die wilden orangefarbenen Haarbüschel, die diese Vergleiche nahelegten. Aber bei späterem Nachdenken kam er zu dem Schluß, daß der Clown eigentlich weder Ronald McDonald noch Bozo ähnlich gesehen hatte. Das über das weiße Mondgesicht gemalte Grinsen war rot, und die Augen hatten eine unheimlich funkelnde Silberfarbe. Vielleicht Kontaktlinsen... aber ein Teil von ihm dachte damals und auch später, daß dieses Silber vielleicht die echte Augenfarbe des Clowns gewesen war, der ein bauschiges Kostüm mit großen orangefarbenen PomponKnöpfen und Handschuhe wie eine Trickfilmfigur trug.

»Wenn du Hilfe brauchst, Don«, sagte der Clown, »dann bedien dich mit einem Luftballon.«

Und er bot ihm die Traube von Ballons an, die er in einer Hand hielt.

»Sie schweben«, sagte der Clown. »Hier unten schweben wir alle; sehr bald wird auch dein Freund schweben.«

12

»Dieser Clown hat Sie mit Ihrem Namen angeredet«, sagte Jeff Reeves mit völlig ausdrucksloser Stimme. Er blickte über Hagarty s gesenkten Kopf hinweg zu Gardener hinüber und zwinkerte ihm zu.

»Ja«, antwortete Hagarty, ohne aufzuschauen. »Ich weiß, wie sich das anhört.«

13

»Und dann habt ihr ihn also reingeworfen«, konstatierte Boutillier. »In den Kanal.«

»Ich nicht!« rief Unwin und blickte hoch. Er strich sich die Haare aus der Stirn und schaute die Polizeibeamten flehend an. »Als ich sah, daß sie es wirklich ernst meinten, versuchte ich Steve wegzuziehen, weil ich wußte, daß der Bursche sich sämtliche Knochen brechen würde... es waren mindestens zehn Fuß bis zum Wasser...«

Es waren 23 Fuß. Einer von Pecks Leuten hatte schon nachgemessen. »Aber Steve war wie verrückt. Die beiden brüllten immer wieder >Ins Wasser mit ihm! Nichts wie rein mit ihm!< Und dann hoben sie ihn hoch. Webby hatte ihn unter den Armen gepackt und Steve am Hosenboden, und... und...«

Als Hagarty sah, was vorging, rannte er auf sie zu und schrie, so laut er nur konnte: »nein! nein! nein!«

Chris Unwin stieß ihn zurück, und Hagarty landete auf dem Gehweg. »Willst du auch reinfliegen?« zischte er. »Hau ab, Baby!«