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Ei, was geht dich losen Mann

Unser frohes Spielchen an?

Troll dich weiter, schau nicht zu,

Laß uns Mädchen fein in Ruh'!«

XL

So klingt ihr heitres Lied herüber.

Tatjana lauscht und zittert, fühlt

Nach Herz und Stirn, ob nicht das Fieber,

Das innen zehrt, sich endlich kühlt,

Das Rot von ihren Wangen schwindet –

Umsonst, nur immer mehr entzündet,

Entflammt sich ihr erregtes Blut,

Und heißer, heißer sengt die Glut.

So zappelt, mit den Flügeln schlagend,

Ein armer, bunter Schmetterling,

Den spielend sich der Knabe fing;

So kauert sich, vor Angst verzagend,

Ein Häschen in die junge Saat,

Wenn drohend ihm der Jäger naht.

XLI

Doch endlich kann sie sich erheben;

Mit einem Seufzer lenkt sie still

Zum Haus zurück. Doch wie sie eben

Den Lindengang betreten will,

Steht plötzlich, wie der Nacht entstiegen,

Gespenstisch groß, mit finstern Zügen

Und Feuerblick, vor ihr – Eugen!

Und starr vor Schrecken bleibt sie stehn.

Doch weil mir heut die Kräfte fehlen

Zu schildern, was für unser Paar

Die Folge der Begegnung war,

Will ich, ermattet vom Erzählen,

Vorerst mal ruhn, »spazierengehn« –

Und irgendwie dann weiter sehn.

Viertes Buch

La morale est dans la nature des choses.

Necker

I/II/III/IV/V/VI

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VII

Ein Weib wird um so heißer lieben,

Je kühler man sich abseits hält,

Und wird dann leicht ins Netz getrieben,

Das die Verführung ausgestellt.

Der wahren Kunst zu lieben rühmte

Sich einst die schamlos unverblümte

Genußsucht: lüstern und verwöhnt,

Hat nur der Wollust sie gefrönt.

Dies ekle Spiel entsprach den Tücken

Verlebter Affen aus der Zeit

Großväterlicher Herrlichkeit:

Doch roter Absatz und Perücken

Sind längst verstaubt, wie auch der Ruhm

Der Lovelace und ihr Kennertum.

VIII

Bekommt man doch dies Schellenläuten

Und fade Heucheln schließlich satt,

Dies Wichtigtun mit Albernheiten,

Die jeder längst begriffen hat.

Wo nach maskierten Hindernissen

Bedenken erst zerstreut sein müssen,

Die nicht einmal bei einem Kind

Von dreizehn Jahren glaubhaft sind!

Wem wird nicht schlimm bei all den Schwüren,

Dem Schmachten, Trotzen, Jammern, Drohn,

Dem Briefgeschwall, dem Klatsch und Hohn,

Der Tränenflut, dem Spionieren

Von Müttern, Tanten, nebst der Qual

Der Freundschaft mit dem Herrn Gemahl!

IX

So dachte auch Eugen. Im Feuer

Der ersten, frischen Jugendkraft

Verlor er sich in Abenteuer,

Ein Spielball toller Leidenschaft.

Umschmeichelt von des Lebens Wogen,

Hier schnell und flüchtig angezogen,

Dort schnell gesättigt, abgekühlt,

Von Sehnsucht nach Genuß durchwühlt,

Und im Genuß nach Sehnsucht schmachtend;

Ernüchtert zwar vom Rausch der Lust,

Und doch die Warnung seiner Brust

Durch Spott zu übertäuben trachtend –

So zehrte er in wildem Lauf

Acht seiner besten Jahre auf.

X

Jetzt freilich warb er um Sirenen

Nur noch zum Zweck der Tändelei:

Ward ihm ein Korb – gab's andre Schönen,

Der Laufpaß – nun, dann war er frei.

So nüchtern, so ironisch heiter,

Wie er gekommen, ging er weiter,

Von Haß und Liebe kaum berührt.

So etwa setzt, durch nichts geniert,

Ein Abendgast zum Whist sich nieder,

Spielt ruhig seine Karten aus,

Kutschiert nach Schluß getrost nach Haus,

Erfreut durchs Bett die müden Glieder

Und ahnt noch kaum, wenn früh erwacht,

Wo er sein nächstes Spielchen macht.

XI

Doch als er Tanjas Brief gelesen,

War Freund Onegin ernst bewegt,

Von dieses Kindes reinem Wesen

Im tiefsten Innern aufgeregt.

Er sah die kummerbleichen Wangen,

Ihr bittend Auge, florumfangen –

Und fühlte, wie ein süßer Bann

In seiner Seele Macht gewann.

Vielleicht war alte Sinnenliebe

Vorübergehend mit im Spiel –

Doch sträubte sich sein Ehrgefühl

Vor Mißbrauch keuscher Unschuldstriebe.

Nun schnell zum Garten, wo das Paar

Sich unverhofft begegnet war.

XII

In erster Überraschung blieben

Sie beide stumm; dann nahm Eugen

Das Wort: »Sie haben mir geschrieben,

Kein Leugnen macht es ungeschehn.

Ich las der Neigung hold Bekenntnis,

Der reinen Seele zart Geständnis;

Ihr edles Zutraun rührt mich tief.

Was lang vergessen in mir schlief,

Ward aufgeweckt zu neuem Leben.

Doch leeres Schmeicheln liegt mir fern:

Dem offnen Herzen will ich gern

Mit gleichem Freimut Antwort geben.

O hören Sie die Beichte an,

Ihr eigner Spruch entscheide dann.

XIII

Wär' es mein höchster Wunsch auf Erden,

Geborgen sein im Eheglück,

Und hätte Gatte, Vater werden

Mir vorbestimmt ein hold Geschick;

Wenn der Familie süße Bürde

Mich auch nur flüchtig locken würde –

Ich hätte einzig in der Welt

Nur Sie als Braut mir zugesellt.

Ja, ich bekenn' es unumwunden:

In Ihnen hätte meine Wahl

Das einst erträumte Ideal,

Den Halt, den Trost im Leid gefunden;

Der größte Schatz, er wäre mein,

Und ich – ich könnte glücklich sein!

XIV

Doch bin ich nicht dafür geboren,

Nie hat mein Sinn danach begehrt;

Ihr Liebreiz ist für mich verloren,

Der holden Gunst bin ich nicht wert.

O glauben Sie (mein Wort zum Pfande):

Wir trügen schwer am Ehestande.

Wie warm ich auch für Sie gefühlt,

Ich wäre bald doch abgekühlt;

Sie weinen dann – allein durch Tränen

Wird nimmermehr mein Herz erweicht,

Nein, nur verbittert, fortgescheucht.

Dies sind die Rosen dann, die schönen,

Die uns, vielleicht für Lebenszeit,

Gott Hymen auf die Pfade streut!

XV

Was kann's auf Erden Schlimmres geben,

Als Ehen, wo die arme Frau

Sich härmt um ihr verfehltes Leben,

Derweil der Mann, zu Hause rauh,

Gelangweilt, bitter, stumm, verdrossen,

Wiewohl ihr Wert ihm voll erschlossen,

Vor Eifersucht die Augen rollt

Und mürrisch seinem Schicksal grollt!

Derart bin ich. Und Sie, Sie lieben

Solch Wesen, haben rührend schlicht,

In keuscher, reiner Zuversicht,

Ihm, was Ihr Herz bewegt, geschrieben?

Darf solch ein Los voll bittrer Pein

Das Endziel Ihrer Wünsche sein?

XVI

Die Jugend flieht, ihr Wahn entschwindet;

Mein Busen wurde hoffnungsleer ...

Nur wie des Bruders Herz empfindet,