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Sich kreuz und quer verewigt hat,

Und Verse wimmeln, nach Belieben,

Verbalhornt oder falsch geschrieben,

Die hier die Freundschaft wohlgemeint

Zu einem bunten Strauß vereint.

Voran steht meist französisch zierlich:

»Qu'écrirez-vous sur ces tablettes?«

Darunter: »t.a.v. Annette.«

Und ganz zum Schluß, bewußt possierlich:

»Wer dich noch lieber hat als ich,

Versuch's und schreibe hinter mich.«

XXIX

Da sieht man jedesmal zwei Herzen

Nebst Kranz und Fackel, brennendrot,

Und zwischen allerliebsten Scherzen

Den Schwur: »Getreu bis in den Tod.«

Ein Leutnant auch, der gottlos witzelt,

Hat flotten Unfug beigekritzelt.

In solch ein Album, schmuck und fein,

Da schreib' ich selber gern mich ein,

Weil hier die anspruchslose Gabe

Auch immer anspruchslos erfreut

Und ich von solcher Kleinigkeit

Nie hinterher den Ärger habe,

Daß Scheelsucht erst mal prüft und mißt,

Ob mein Geflunker geistreich ist!

XXX

Doch euch, ihr protzig aufgeblähten

Prunkalbums, die ihr leider heut

Als Marter für Salonpoeten

Bei stolzen Fraun in Mode seid,

Wo hingezaubert um die Wette

Die Grazie von Tolstois Palette

Sich paart mit Baratynskis Witz –

O träf' euch sämtlich Gottes Blitz!

Wenn eine Gnäd'ge mir zuweilen

Solch Ding in Quarto überreicht

Und mich die blinde Wut beschleicht,

Ein Epigramm zurechtzufeilen,

Giftscharf und blank, wie aus Metall –

Da schreibe wer ein Madrigal!

XXXI

Nun freilich, Madrigale schriebe

Freund Lenski nie in Olgas Band,

Aus seiner Feder quillt nur Liebe,

Sie prunkt nicht eisig mit Verstand.

Was er von ihr erlauscht, erkundet,

Wird hübsch zu Reimen abgerundet,

Und seiner Elegien Strauß

Haucht nur den Duft der Keuschheit aus.

So singst auch du, Komet auf Erden,

Jasykow, leidenschaftdurchglüht,

Weiß Gott, für wen dein Schwärmerlied,

Und deine Elegien werden

Dereinst ein treuer Widerschein

Der Irrfahrt deines Lebens sein.

XXXII

Doch pst! Der Kritikus, o Schrecken,

Befiehlt den Elegienstrauß

Hinwegzuschleudern, schwingt den Stecken,

Zankt uns Poetenvölkchen aus

Und schimpft: »Jetzt still mit eurem Leiern,

Dem Gackern über alten Eiern,

Dem faulen Kram, der nicht mehr zieht;

Singt endlich mal ein ander Lied!«

»Fürwahr, wir sollten ernstlich streben,

Durch Tuba, Maske, Dolch einmal

Dem toten Geisteskapital

Erneute Kraft und Schwung zu geben.

Das ist doch deiner Wünsche Kern?« –

»Ach was, schreibt Oden, junge Herrn, XXXIII

Wie unsrer großen Vorzeit Söhne

Sie einst uns sangen stolz und frei.« –

»Die ew'gen Jubelodentöne!

Bah, Freundchen, ist's nicht einerlei?

Beherz'ge doch des Spötters Worte!

Ist sie denn mehr wert, diese Sorte

Von Schwulst und Pathos, als zur Zeit

Der Überschwang an Traurigkeit?« –

»Die Elegie ist Schund dagegen,

Ihr Ziel erbärmlich, wesenlos,

Doch das der Ode klar und groß,

Erhaben, würdig.« – Meinetwegen;

Ich schüre keinen Bruderzwist

Und schweige, weil es klüger ist.

XXXIV

Freund Lenski freilich, tief durchdrungen

Von patriotisch heil'ger Pflicht,

Er hätte Oden gern gesungen –

Nur Olga las dergleichen nicht.

Ob je dem heißgeliebten Wesen

Sein schmachtend' Verschen vorzulesen

So ein Poet die Gunst besaß?

Es heißt, dies Glück sei ohne Maß.

Und wahrlich, höchste Wonne leuchtet

Dem Sänger, der mit keuschem Sinn

Vor seiner Herzenskönigin

In Tönen seine Liebe beichtet –

Sofern nicht, sonstwie abgelenkt,

Sie selbst an ganz was andres denkt.

XXXV

Ich freilich lese meine Reime,

So schön sie sind, nur einem Ohr:

Dem Schutzgeist meiner Kinderträume,

Der lieben alten Amme vor.

Und wenn gelangweilt ich nach Tische

Den Nachbarn mal am Zaun erwische,

Betäub' ich ihn mit einem Guß

Tragödien, daß er ächzen muß.

Oft auch (dies ohne Scherz!) benommen

Vom Schweigen in der Musen Reich,

Bin ich als Bummler auf dem Teich

Den wilden Enten unwillkommen:

Vor meiner Strophen Harmonie

Entfleucht das ganze Federvieh.

XXXVI/XXXVII

Nun, und Eugen? – Ganz recht, natürlich!

Nun soll zur Sühne meiner Schuld

Sein Tagewerk euch ganz ausführlich

Geschildert werden, nur Geduld:

Anachoret mit Wohlbehagen,

Erhob sich an den Sommertagen

Um sieben, trabte dann von Haus

Im Negligé zum Fluß hinaus,

Durchschwamm ihn, gleich Gülnarens Sänger,

Als Hellespont, trank nach dem Bad

Den Kaffee, las sein tristes Blatt,

Bis endlich, kürzer oder länger,

Sich anzuziehn beschlossen ward ...

XXXVIII/XXXIX

Spazieren, tüchtig schlafen, lesen,

Rast an der Quelle, Waldesruh';

Von hübschen, blondgelockten Wesen

Gelegentlich ein Kuß dazu;

Ein scharfer Ritt auf edlem Renner,

Ein feingewürztes Mahl für Kenner,

Ein guter Tropfen, stets bereit,

Das Hochgefühl der Einsamkeit –

Das war Onegins Schlemmerleben,

Dem er sich hingab unbewußt,

Ja, ohne auf des Sommers Lust

Vor lauter Wohlsein achtzugeben;

Der Unrast, der die Großstadt frönt,

Und seiner Freunde längst entwöhnt.

XL

Doch unser Sommer, kurz bemessen,

Das weiß ja jeder, der ihn kennt,

Ist leider nur ein Zerrbild dessen,

Was man im Süden Winter nennt.

Schon weht es herbstlich kühl herüber,

Die Tage werden kürzer, trüber,

Die liebe Sonne sieht man kaum;

Verzagt entblößt sich Baum für Baum

Des lauschig dichten Schmucks der Blätter;

Im Nebel welkt das letzte Grün;

Geschwader wilder Gänse ziehn

Hellkreischend südwärts; ödes Wetter,

Des Jahres schlimmste Zeit begann:

Schon rückt November grau heran.

XLI

Nun kommt das Frührot träg und schauernd,

Der Feldarbeiten Klang verhallt,

Schon zeigen, dreist auf Beute lauernd,

Sich Wolf und Wölfin vor dem Wald;

Der Klepper, der das Raubzeug wittert,

Bäumt auf und schnaubt, der Fuhrmann zittert

Und peitscht drauflos in wildem Zorn.

Verstummt ist nun das Hirtenhorn,

Bei dessen sonst vertrautem Klingen

Das Vieh zur Trift zog früh vor Tag

Und mittags satt der Ruhe pflag.

Jetzt schnurrt das Spinnrad, Mägde singen,

Und durch das niedre Stübchen streut

Der Kienspan Winters Heimlichkeit.

XLII

Schon fror's zur Nacht; auf Halm und Moosen

Blinkt silberweißen Reifes Glast ...