(Der Leser harrt des Reimworts »Rosen« –
Schön, wie's beliebt, nur zugefaßt!)
Wie Glanzparkett im Spiegelsaale
Bedeckt das Eis den Bach im Tale,
Und jauchzend tummelt sich darauf
Die Bubenschar beim Schlittschuhlauf.
Dort wackelt plump auf roten Socken
Die fette Gans zum Eis daher,
Und patscht, als wenn das Wasser wär',
Und purzelt hin. In dichten Flocken
Kommt's lustig wirbelnd aus der Höh',
Millionen Sternchen: erster Schnee!
XLIII
Was tut man jetzt vor Langerweile
Auf einem Dorf? Spazierengehn?
Wo doch im Umkreis einer Meile
Nur kahles, ödes Land zu sehn.
Im Sattel durch die Steppe jagen?
Der Hengst verliert, nur stumpf beschlagen,
Auf Glatteis jeden sichren Tritt:
Stürzt hin und reißt den Reiter mit.
Da heißt es denn zu Hause bleiben
Und mit de Pradt und Walter Scott
Und Rechnungskram, du lieber Gott,
Sich irgendwie die Zeit vertreiben,
Bis stumpf und dumpf nach langer Frist
Der Winter überstanden ist.
XLIV
Auch Freund Eugen ging nun im Hause
Gelangweilt, wie ein Harold, um:
Nahm früh sein Bad mit kalter Brause,
Verblieb im Zimmer, nahm sich stumm
Ein Queue und spielte, Bälle prüfend
Und in Berechnung sich vertiefend,
Am Billard stundenlang allein.
So bricht die Dunkelheit herein:
Erlösung! Fort mit Queue und Bällen!
Ein Tischchen, am Kamin gedeckt,
Hat längst den Appetit geweckt;
Onegin harrt. Horch, Lenskis Schellen:
Die Graufuchs-Troika hält vorm Haus.
He, aufgetragen! Wein heraus!
XLV
Gesagt, getan: in kurzem prangen
Moet und Veuve Cliquot, ganz frisch
In Eis gekühlt und froh empfangen,
Vor unsrem Dichter auf dem Tisch.
Champagner perlt wie Hippokrene:
Für seine goldne Schaumfontäne
(Gemahnend an so mancherlei)
Ward ich zu jeder Narretei,
Ihr wißt es, Freunde, fortgerissen
Und gab mein letztes Silberstück,
Was hat sein Strom uns nicht an Glück,
An sel'gen Räuschen spenden müssen,
Bei Scherz und Streit, Gesang und Glut
Und fessellosem Übermut!
XLVI
Allein ich fühl's, daß meinem Magen
Sein toller Schaumgeist wenig frommt,
Und daß mir heut in allen Lagen
Ein Glas Bordeaux viel mehr bekommt.
Champagner hat die gleichen Tücken
Wie Weiber, die mit Zauberblicken
Uns süß umgarnen – und geschwind
Enttäuschen, weil sie Blendwerk sind.
Doch du, Bordeaux, du gleichst dem schlichten Erprobten Freunde, immerdar
Bereit, die Herzen wunderbar
In Gram und Sorgen aufzurichten,
Du machst Betrübte wieder froh,
Drum sei gepriesen, Freund Bordeaux!
XLVII
Die Flamme starb; der Rest der Kohlen
Verglimmt zu Asche; blasser Rauch,
Kaum sichtbar, ringelt sich verstohlen
Empor; ein letzter Wärmehauch
Strömt vom Kamin; zu fahlen Streifen
Zerfließt der Qualm der Tabakspfeifen.
Noch immer füllt sich, schäumt und blinkt
Der Weinpokal; der Abend sinkt ...
Wie schön doch in der Dämmerstunde
Sich's plaudern läßt beim Glase Wein;
In Frankreich heißt sie allgemein
Die Stunde »zwischen Wolf und Hunde«
(Weshalb, das weiß ich freilich nicht).
Jetzt nimmt Eugen das Wort und spricht:
XLVIII
»Nun, und wie steht's bei Tanja drüben
Und Olga, deiner süßen Maus?« –
»Ein Schlückchen noch – genug; den Lieben
Geht's, danke, gut; das ganze Haus
Ist wohl und läßt sich dir empfehlen.
Ach, Freund, was könnt' ich nicht erzählen!
Wie Olga aufblüht! Eine Lust
Für Aug' und Herz! Eugen, du mußt
Durchaus mal hin, auch wird sich's schicken;
Du fühlst es selber ja sofort:
Nur zweimal warst du flüchtig dort
Und ließt dich dann nicht wieder blicken.
Doch halt: (ein solcher Tropf zu sein!)
Sie laden dich zum Samstag ein.« –
XLIX
»Mich?« – »Ja, denn Samstag, mußt du wissen,
Ist Tanjas Namenstag; Mama
Und Olga möchten dich nicht missen.
Sei Kavalier und sage ja!« –
»Nur kommen dann die Anverwandten
Nebst einem Schwarm von Gratulanten ...« –
»Kein Mensch, wir werden ganz allein,
Ganz harmlos in Familie sein:
Entschließ dich, tu es mir zu Ehren!
Nun? ...« – »Also ja.« – »Wie freundschaftlich!«
Er war entzückt, beeilte sich,
Sein Glas auf Tanjas Wohl zu leeren,
Und schwärmte dann fast überlaut
Nur noch von Olga, seiner Braut.
L
Er war so froh: in wenig Wochen
War ihm der Wünsche höchstes Ziel,
Der Brautnacht Seligkeit versprochen,
Da sollte ihn der Minne Spiel,
Der Liebe zartes Band beglücken!
Ach, Hymens Bosheit, Hymens Tücken,
Des grauen Alltags Last und Pflicht,
Sie ahnte unser Lenski nicht.
Derweil wir andern herzlos Kalten
Die Ehe für den gröbsten Wahn,
Den abgeschmacktesten Roman
Im Lafontaineschen Genre halten ...
Er freilich war, so rein beseelt,
Für jenen Stand wie auserwählt.
LI
Er war geliebt (das heißt: so glaubte
Sein Schwärmerherz) und war beglückt.
Wohl dem, dem nichts die Einfalt raubte.
Der ohne Mißtraun weltentrückt
Sich näher träumt dem schönsten Ziele,
Wie ein Betrunkner auf dem Pfühle,
Gefäll'ger: wie der Schmetterling,
Der duftberauscht am Blümchen hing.
Doch wie bedauernswert dagegen,
Wer nie sich mehr am Schein erfreut,
Ernüchtert durch die Wirklichkeit
Gewohnt ist, stets Verdacht zu hegen,
Sein Herz versperrt, sich nie vergißt
Und keines Leichtsinns fähig ist!
Fünftes Buch
Träume nie solch bösen Traum,
Holdes Kind, Swetlana!
Shukowski
I
Der Herbst hielt nach dem Fall der Blätter
Noch lange stand in diesem Jahr;
Es kam und kam kein Winterwetter.
Schnee fiel auch erst im Januar,
Am Dritten nachts. Als in der Frühe
Tatjana munter wurde, siehe,
War Hof und Garten weit und breit,
Der Zaun, die Dächer tief verschneit,
Am Fenster prangten Blumensterne,
Die Bäume standen silberschwer,
Es schwirrten Elstern froh umher,
Und alle Höhen in der Ferne
Bedeckte flimmernd Schnee und Eis.
Ringsum ein einzig blendend Weiß.
II
Winter ...! Der Landmann hat im Schlitten
Nun wieder herrlich freie Bahn;
Sein Rößlein stampft mit kurzen Tritten,
Die Nüstern blähend, durch den Plan.
Wie prächtig die Kibitka drüben
Dahinsaust, daß die Flocken stieben;
Der Kutscher, der die Zügel führt,
Im Pelz, mit rotem Gurt umschnürt.
Ein kleiner Schelm tollt ausgelassen