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Gwosdin, ein reicher Bauernschinder,

Der geckenhafte Petuschkow,

Provinzadonis ohnegleichen;

Skotinins, dürre Vogelscheuchen,

Nebst ihrer starken Kinderschar

Von anderthalb bis dreißig Jahr;

Sodann mein Bruderherz Bujanow,

In Flaus und Mütze, seinem Staat

(Wie ihr gewiß ihn oft schon saht),

Und Staatsrat außer Diensten Flianow,

Als Plappermaul, geschmierte Hand

Und blöder Vielfraß wohlbekannt.

XXVII

Dann Jungfrau Charlikow, im Schutze

Der Eltern, nebst Monsieur Triquet,

Dem Franzmann, der in eitlem Putze

Und Brille kam und ein Couplet

Nervös in seiner Tasche rollte,

Das er Tatjanen widmen wollte

Nach altbekannter Melodie:

Reveillez-vous, belle endormie.

Es stand mit andern schönen Dingen

In einem staub'gen Almanach,

Und mein Triquet, Poet von Fach,

Beschloß es neu ans Licht zu bringen,

Nachdem er geistreich belle Nina

Vertauscht mit belle Tatiana.

XXVIII

Zum Schluß erschien als treuer Ritter

Des ältern Flors vom Jungfernstand

Und letzte Hoffnung aller Mütter

Der Hauptmann mit dem Ordensband ...

Nebst einer Botschaft, froh vernommen:

Die Regimentsmusik wird kommen!

Herr Oberst selbst versprach sie heut.

Ein Ball – o welche Seligkeit!

Die junge Welt springt hoch vor Wonne.

Nun geht's zur Tafel. Paar um Paar

Stolziert heran, die Damenschar

Zieht rechts zu Tanja, die Kolonne

Der Herrn zur Linken; jeder schlägt

Ein Kreuz und setzt sich froh bewegt.

XXIX

Wie auf Befehl verstummt das Plappern:

Die Gaumen sind in Tätigkeit;

Rings hört man nichts wie Tellerklappern

Und Gläserklang. Nur kurze Zeit,

Denn bald schon fühlt man sich vertrauter,

Plauscht, trinkt sich zu, wird laut und lauter, Lacht, disputiert und schreit und kräht,

Bis keiner mehr sein Wort versteht.

Auf einmal öffnet sich die Pforte:

Eugen und Lenski treten ein.

Frau Larin ruft: »Herrje, wie fein,

Na endlich doch!« Begrüßungsworte,

Man stellt sich vor, rückt ab, hantiert,

Und beide werden rasch placiert –

XXX

Tatjanen grade gegenüber;

Die, unverhofft und jäh bedrängt,

Erbleichend, wie im kalten Fieber,

Die Blicke stumm zu Boden senkt.

Ihr Herzchen pocht mit lautem Schlage,

Das qualvoll Bittre ihrer Lage

Betäubt sie wie ein wirrer Traum;

Der Freunde Glückwunsch hört sie kaum,

Ist einer Ohnmacht nahe, sammelt

Die letzte Kraft, ihr Atem fliegt –

Allein die Selbstbeherrschung siegt,

Sie kämpft die Tränen nieder, stammelt

Ein Dankeswort mit mattem Blick

Und sinkt auf ihren Stuhl zurück.

XXXI

Tragisch-nervösen Ohnmachtsszenen

War unser Held von jeher gram,

Nichts war ihm mehr verhaßt als Tränen.

Schon dies verwünschte Fest benahm

Ihm alle Laune; augenscheinlich

Trug Lenski Schuld. Auch ihm war's peinlich

Mit anzusehn, wie jammervoll

Tatjana litt. Sein Unmut schwoll,

Und er beschloß mit Ärgermiene

Am heut'gen Abend nicht zu ruhn

Und Lenski einen Tort zu tun.

Einstweilen, bis zur bald'gen Sühne,

Bot ihm der Gäste bunte Schar

Objekte stiller Spottlust dar.

XXXII

Zwar hatte mancher bei der Fete

Den Fall bemerkt: doch eben kam,

Allseits begrüßt, die Fleischpastete,

Die Aug' und Mund in Anspruch nahm

(Nur leider stark versalzen schmeckte);

Auch ging, was lauten Jubel weckte,

Jetzt zwischen Braten und Dessert

Champagnerwein (vom Don) umher,

In Gläsern, schlank wie deine Glieder,

Sisi, du Herzensideal,

Du meiner Seele Lust und Qual,

Entzücken meiner jungen Lieder,

Du Liebeskelch, kristallenklar,

Davon ich selig trunken war!

XXXIII

Mit lautem Knall entströmt der Flasche

Das schäumend edle Naß. Jetzt zieht

Triquet sein Opus aus der Tasche,

Da er schon längst vor Eifer glüht,

In Tönen seine Kunst zu zeigen.

Rings herrscht erwartungsvolles Schweigen.

Tatjana bebt: Monsieur Triquet

Steht auf, entrollt sein Festcouplet

Und singt und detoniert empfindlich.

Applaus; sie dankt, so gut sie kann.

Und er, der anspruchslose Mann

Und große Dichter, bringt verbindlich

Ihr Wohl aus, lächelt angenehm

Und überreicht ihr sein Poem.

XXXIV

Bravo! und neues Applaudieren!

Sie dankt verwirrt und rot vor Scham.

Als nun jedoch beim Gratulieren

Auch Eugen an die Reihe kam

Und er die schmerzlich offenbarte

Hilflose, stumme Pein gewahrte,

Empfand er Mitleid, trat zurück,

Verbeugte sich und schwieg. Sein Blick

Schien seltsam weich und zart verbunden.

War dies nun wirklich Sympathie,

Wohlwollen oder Ironie,

Geheuchelt oder rein empfunden –

Gleichviel, es hatte unbemerkt

Tatjanens Seele neu gestärkt.

XXXV

Das Mahl ist aus; Rumor, Gedränge:

Gleich Bienen, die im Sonnenschein

Zur Wiese schwärmen, strömt die Menge

Geräuschvoll zum Salon hinein.

Die biedren, vollgeschmausten Dicken

Beginnen friedlich einzunicken,

Derweil die Damen zum Kamin,

Die Mädchen nach den Winkeln ziehn

Und plauschen. Für die Spielerseelen

Stehn grüne Tische rings bereit,

Zum Lomber, das die Alten freut,

Zum Boston, das die Kenner wählen,

Und Whist – drei Spiele, deren Ruf

Habgier und Langeweile schuf.

XXXVI

Acht Robber waren schon gewonnen,

Und achtmal hatten schon die Herrn

Den Platz getauscht und neu begonnen;

Da kam der Tee. Ich teile gern

Den Tag in Frühstück, Mittagessen

Und Abendbrot; die Zeit zu messen,

Belehrt uns auf dem Land Natur:

Der Magen ist die beste Uhr.

Auch merk' ich selber (doch ich bringe

Dies nur in Klammern hinterdrein),

Daß ich genau so oft von Wein

Und reichen Tafelrunden singe

Wie du, Homeros, den die Welt

Seit drei Jahrtausend' heilighält.

XXXVII/XXXVIII/XXXIX

Kaum also hielten unsre Damen

Ihr Täßchen Tee geziert im Schoß,

Als laut vom Saal her Töne kamen:

Fagott und Flöte legten los.

Musik! Im Nu sind Tee und Tassen,

Likör und Rum im Stich gelassen,

Herr Petuschkow, der schöne Mann,

Schassiert mit Olga flott voran,

Tatjana folgt an Lenskis Seite,

Bujanow schleppt Frau Pustjakow,

Triquet erwischt die Charlikow,

Die alte Jungfer auf der Freite,

Und alles wirbelt wie der Wind

Zum Saal hinein: der Ball beginnt.

XL

Ich war zu Anfang dieser Dichtung

(Vergleicht gefälligst: Erstes Buch!)

Im Anschluß an die Moderichtung

Der Neuzeit grade beim Versuch,

Den Petersburger Ball zu schildern;

Doch schwelgend in Erinnerungsbildern,

Betört von einem Füßchenpaar,

Erlag ich Schwärmer, der ich war,

Der süßen Lockung abzuschweifen.

Jetzt freilich, seit mein Leichtsinn schwand, Wird mit dem Alter mein Verstand,

Mit ihm auch Form und Inhalt reifen.

Drum will ich (endlich soll's geschehn)

Im Fünften Buch auf Ordnung sehn!

XLI