Выбрать главу

Der Neuzeit grade beim Versuch,

Den Petersburger Ball zu schildern;

Doch schwelgend in Erinnerungsbildern,

Betört von einem Füßchenpaar,

Erlag ich Schwärmer, der ich war,

Der süßen Lockung abzuschweifen.

Jetzt freilich, seit mein Leichtsinn schwand, Wird mit dem Alter mein Verstand,

Mit ihm auch Form und Inhalt reifen.

Drum will ich (endlich soll's geschehn)

Im Fünften Buch auf Ordnung sehn!

XLI

Vom Rausch der Rhythmen fortgezogen,

Blind rastlos, wie der Jugend Sinn,

Umschlingen sich des Walzers Wogen,

Kreist wirbelnd Paar um Paar dahin.

Jetzt soll Eugens Revanche kommen:

Rasch hat er Olgas Arm genommen

Und schwingt sie stürmisch kreuz und quer

Vor aller Welt im Saal umher,

Placiert sie lächelnd, bleibt daneben

Galant und heiter plaudernd stehn,

Um wie ein Pfeil im Handumdrehn

Aufs neu' mit ihr davonzuschweben.

Rings großes Staunen; Lenski glüht,

Kaum glaubt er, was sein Auge sieht.

XLII

Nun folgt Masurka. Wenn vor Zeiten

Solch Tanz begann, ja dazumal

Durchschwoll ein Sturm von Seligkeiten,

Ein Jubelbraus den weiten Saal,

Daß Fenster klirrten, Wände dröhnten!

Und heut? Heut trippeln wir Verwöhnten

Geziert auf Glanzparkett dahin.

Nur auf dem Land, bei frischem Sinn,

Da steht Masurka noch in Blüte,

Sind Kraft und Schönheit noch bewahrt:

Das wogt und stampft, keck weht der Bart –

Noch ganz wie sonst ... Und Gott verhüte,

Daß dies dem Fluch der heut'gen Welt,

Dem Modezwang zum Opfer fällt!

XLIII/XLIV

Da kommt Bujanow kühn im Bogen

Mit beiden Schwestern aus dem Schwarm

Auf unsern Helden losgezogen:

Der wählt geschmeidig Olgas Arm,

Fliegt lässig tänzelnd durch die Reihen

Und drückt ihr unter Schmeicheleien

Vielsagend warm die kleine Hand,

Erglühend strahlt sie, lustentbrannt,

Nichts hat das eitle Püppchen lieber.

Mein Lenski sieht's – ihm kocht das Blut,

Er schäumt vor Eifersucht und Wut,

Harrt bebend, bis die Tour vorüber,

Und engagiert sie sans façon

In blinder Hast zum Kotillon.

XLV

Sie ist versagt. Wie? Was? So plötzlich?

Je nun, man kam ihm schon zuvor:

Onegin hat den Tanz. – Entsetzlich!

Welch bittre Schmach vernimmt sein Ohr!

Sie konnte ...! Sie, das harmlos nette,

Halbreife Kind – und schon Kokette!

Sie treibt schon mit der Neigung Spott,

Verrät, betrügt ihn schon – o Gott!

Er taumelt, kann sich kaum erholen

Von diesem Schlage; tief verstört

Entfernt er sich, verlangt sein Pferd

Und rast davon ... Ein Paar Pistolen,

Zwei Kugeln – sind der Weisheit Schluß,

Der sein Geschick entscheiden muß.

Sechstes Buch

Là, sotto i giorni nubilosi e brevi,

Nasce una gente a cui l'morir non dole.

Petrarca

I

Seit Lenski sich in blinder Eile

Davongemacht, bekam Eugen

An Olgas Seite Langeweile;

Er schwieg, ihm war genug geschehn.

Auch Olgas Laune war im Schwinden,

Sie konnte Lenski gar nicht finden

Und schien erschöpft vom Kotillon.

Da endlich Schlußtour. Im Salon

Folgt noch ein Imbiß für den Magen.

Inzwischen wird bis unters Dach

In jedem Winkel von Gemach

Ein Heer von Betten aufgeschlagen.

Zufrieden streckt sich jeder aus.

Eugen als einz'ger fuhr nach Haus.

II

Rings wird es stilclass="underline" schon schnarcht im Saale Der biedre Dickwanst Pustjakow

Nebst seinem feisten Ehgemahle;

Gwosdin, Bujanow, Petuschkow

Und Flianow (schwer bezecht wie immer)

Auf Stühlen im Gesellschaftszimmer.

Triquet am Boden quer davor,

Die Zipfelmütze überm Ohr;

Und alle müden jungen Damen

Gesellte man den Schwestern zu.

Nur Tanja findet keine Ruh',

Sie härmt sich, lehnt am Fensterrahmen

Und schaut im bleichen Mondenschein

Mit Tränen in die Nacht hinein.

III

Daß er so unverhofft gekommen,

Anfangs durch Rücksicht sie gerührt,

Doch dann so seltsam sich benommen

Und gegen Olga aufgeführt,

Erschüttert sie; sie kann sein Wesen

Nicht deuten, nicht das Rätsel lösen

Und bebt vor eifersücht'ger Qual;

Ihr ist, als wenn ein kalter Stahl

Das Herz durchbohrt, vor ihren Schritten

Ein grausig finstrer Abgrund droht ...

Sie flüstert: »Ach, es ist mein Tod,

Doch selig, wenn durch ihn erlitten.

In Demut trag' ich mein Geschick –

Bei ihm erblüht mir doch kein Glück.«

IV

Auf, frisch voran, geliebte Strophe!

Jetzt kommt ein neuer Held in Sicht:

Bei Krasnogorje, Lenskis Hofe,

Verbringt seit langem brav und schlicht

Als Eremit von altem Schlage

Nachbar Sarezki seine Tage;

In jüngern Jahren zwar bekannt

Als Raufbold, Spieler, Intrigant,

Wirtshaustribun und arger Sünder,

Der aber nun, dem Leichtsinn feind,

Als biedrer Dörfler, treuer Freund

Und led'ger Vater vieler Kinder,

Kurz, als ein Mann von Ehre lebt.

Wie schnell doch heut Moral sich hebt!

V

Einst Hauptkumpan beim Zechgejohle,

Tat kühn er jeden Unfug mit;

Fürwahr, er schoß auch mit Pistole

Durchs blanke As auf zwanzig Schritt.

Erwies sich, mit Verlaub zu melden,

Auch einst im Krieg als Reiterhelden

Und fiel, berauscht fürs Vaterland,

Kopfüber in Franzosenhand –

Ein teurer Fang! Den Ruhm zu mehren,

War er sogleich nach Friedensschluß

Bereit, als neuer Regulus

In Feindeshaft zurückzukehren,

Um bei Véry tagaus, tagein

Auf Staatskredit bezecht zu sein.

VI

Er hatte stets als Schalk gegolten,

Gern jeden Dummkopf angeschmiert,

Auch Klügste, die sich brüsten wollten,

Ergötzlich hinters Licht geführt,

Was ihm, wenn er's zu derbe machte,

Mitunter stramme Püffe brachte,

So daß er nach mißglücktem Spaß

Oft selber in der Patsche saß.

Er konnte äußerst lustig streiten,

Gab ganz verblüffend gut heraus,

Hielt an sich bei entfachtem Strauß,

Damit die andern sich entzweiten,

Und blies dann Feuer in den Kram,

Bis ein Duell zustande kam.

VII

Half manchmal auch sie auszusöhnen,

Um dritter Mann beim Trunk zu sein

Und hinterher in allen Tönen

Gespött und Unglimpf auszustreun.

Sed alia tempora! Dem Triebe

Der Rauflust (wie dem Spuk der Liebe –

Zwei Plagen!) setzt die Zeit ihr Ziel.

Kurzum, erlahmt vom wüsten Spiel,

Bringt heute mein Sarezki drüben

In seines Gärtchens Schattenruh'

Wie einst Horaz sein Dasein zu,

Pflanzt philosophisch Kohl und Rüben,

Zieht sein Geflügel, schneidet Klee,

Und lehrt im Dorf das Abc.