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In Form und Ton, bezaubert sie.

Doch wer ist dort mit finstren Zügen

Der Fremde, der sich kalt verschwiegen

Vom Festestreiben abseits hält?

So teilnahmslos in diese Welt

Des Glanzes schaut? Der unbeweglich

Mokante, steife Kavalier?

Hat wohl den Spleen? Was will er hier?

Wer mag das sein? Doch wie – wär's möglich?

Doch nicht Eugen? ... Er selber, ja!

»Seit wann ist der denn wieder da?

VIII

Noch immer mit demselben Sparren

Wie früher? Oder abgekühlt?

Was dünkt Sie, was er uns zum Narren

Wohl heut für eine Rolle spielt?

Stellt er sich wieder als Despoten,

Kosmopoliten, Patrioten,

Als Melmoth, Quäker oder gar

In noch viel blödrer Maske dar?

Statt als vernünft'ger Mensch zu leben,

Wie Sie und ich und jedermann!

Er täte wirklich wohl daran,

Den Unfug endlich aufzugeben,

Der anfängt, eine Qual zu sein.« –

»Sie kennen ihn?« – »Hm – ja und nein.«

IX

So kurz von ihm sich loszusagen,

Ist das nicht hart? Beweist das nicht,

Daß man zu vorschnell vom Betragen

Des lieben Nächsten Schlechtes spricht?

Daß eitle Selbstsucht hohler Tröpfe

Sich über Leichtsinn freier Köpfe

Als Eingriff in ihr Recht empört?

Weil Geist, der Spielraum braucht, sie stört?

Daß man bei Worten, bei Gebärden

Gleich Taten argwöhnt? Leicht vergißt,

Daß Dummheit blind-gehässig ist?

Daß Starke stärker fehlen werden?

Und bloß die Mittelmäßigkeit

Sich allgemeiner Gunst erfreut?

X

Wohl dem, der jung in jungen Jahren

Rechtzeitig zur Besinnung kam,

An dieser harten Welt Gebaren

Allmählich minder Anstoß nahm,

Nie blindlings nach Phantomen jagte,

Bei Neid und Unbill nicht verzagte,

Mit zwanzig Jahr ein lockrer Fink,

Mit Dreißig in den Ehstand ging,

Sich Schuldenlast und sonst'ge Bürden

Mit Fünfzig schlau vom Halse lud

Und wohl sein läßt bei Geld und Gut,

Im Glanz von Orden, Rang und Würden –

Weil schließlich ihn die ganze Welt

Für einen prächt'gen Menschen hält!

XI

Doch traurig, wenn wir einsehn müssen,

Daß unsre Jugend schal verflog

Und wir sie selber oft mit Wissen

Betrogen, wie sie uns betrog;

Daß alle Wünsche, die uns keimten,

Die Ideale, die wir träumten,

Der Reihe nach zerflattert sind

Wie welkes Laub im Wirbelwind.

O Ekel, wenn man dann durchs Leben

Wie durch erstarrte Formen zieht,

Nur Tafelfreuden vor sich sieht,

Wo eitle Nullen uns umgeben,

In deren Schwarm man gähnend weilt

Und weder Herz noch Denken teilt.

XII

Wer allseits in Verruf gekommen,

Wird schließlich unwirsch, wenn er sieht,

Daß ihn der Schwarm der Sittenfrommen

Bald für den ärgsten Störenfried,

Umstürzler, Querkopf, Überspannten,

Bald einen Byron-Komödianten,

Ja, selbst für einen Dämon hält.

Onegin (damit sieht die Welt

Ihn wieder) hatte unentschlossen,

Beruflos, ledig, ohne Plan

Schon sechsundzwanzig Jahr vertan,

Im Zweikampf seinen Freund erschossen

Und krankte, längst mit sich im Streit,

An Mangel jeder Tätigkeit.

XIII

Drum war er, stumpf vor Unbehagen,

Auf Ortsveränderung bedacht

(Ein Kreuz, das manche willig tragen,

Obschon es viel Beschwerden macht).

Verließ dann eilends Dorf und Felder,

Die stille Ruh' der dunklen Wälder,

Wo Tag und Nacht auf jedem Pfad

Ein blut'ger Schatten vor ihn trat,

Und fing nun ziellos an zu wandern,

Von einem Triebe nur gehetzt,

Bis auch zum Reisen ihm zuletzt

Die Lust schwand wie zu allem andern.

So kam er heim, in diesem Fall,

Wie Tschazki einst vom Schiff zum Ball.

XIV

Doch sieh, Bewegung herrscht im Saale,

Geflüster geht durch alle Reih'n ...

Von einem ernsten Generale

Gefolgt, trat eine Dame ein.

Sie glitt durch all die Huldigungen

Natürlich, frei und ungezwungen,

Sie hatte nichts von jener Art,

Die Dreistigkeit mit Hochmut paart.

Und nichts in Worten, Blick und Wendung,

Was reizen soll und leicht besticht ...

An ihr war alles vornehm-schlicht,

Sie war das Muster, die Vollendung

Du comme il faut ... (Schischkow, verzeih,

Mir fällt kein andrer Ausdruck bei!)

XV

Die Damen, jung und alt, empfingen

Sie freudig wie ein seltnes Glück,

Die Herren grüßten tief und hingen

Bewundernd stumm an ihrem Blick;

Der Fuß der Mädchen trat je näher,

Je leiser auf, und merklich höher

Als alle andern trug im Saal

Sein stolzes Haupt der General.

Sie war kaum schön; doch Fluß und Formen

Der eleganten Prachtfigur

Verrieten nicht die kleinste Spur

Von dem, was nach Gesellschaftsformen

In Londons strenger Oberschicht

Man vulgar nennt. (Ich kann es nicht, XVI

Ich kann das Wort nicht übersetzen,

So lieb mir's ist; man scheint es bloß,

Weil fremd und neu, noch nicht zu schätzen,

Doch wird es künftig zweifellos

Im Epigramm sich gut bewähren.)

Doch, um zu ihr zurückzukehren:

In schlichter Anmut saß sie da,

Zu Petersburgs Kleopatra,

Nina Woronskaja, gewendet:

Hier konnte jedes Auge sehn,

Daß Nina, die wie Marmor schön,

Ein Anblick war, der reizt und blendet,

Trotz aller Künste, die sie trieb,

Vor jener doch im Schatten blieb.

XVII

»Ist's möglich? (denkt er) – Wenn sie's wäre ...?

Bei Gott ... sie selbst ... und dennoch, nein, Wie kann aus dörflich schlichter Sphäre ...«

Er späht durchs Glas: ein Widerschein

Von lang vergeßnen, keuschen Zügen

Erregt ihn, seine Sinne fliegen

Zu einem ländlich fernen Ort ...

»Mein Fürst, wer ist die Dame dort

Im rötlichen Barett, die eben

Zum spanischen Gesandten spricht?«

Der staunt ihn an: »Das weißt du nicht?

So fremd noch unserm Großstadtleben?

Komm mit, ich kenne sie genau.« –

»So sprich, wer ist sie?« – »Meine Frau.«

XVIII

»Du bist vermählt?« – »Schon seit zwei Jahren.« –

»Mit wem?« – »Mit einer Larin.« – »Wie –

Tatjana?!« – »Kennst du denn ...?« »Wir waren Ja Nachbarn!« – »Ei, dann mußt du sie

Sogleich begrüßen.« Faßt ihn unter,

Durchquert den Saal und stellt ihn munter

Als seinen Freund und Vetter vor.

Die Fürstin blickt zu ihm empor ...

Und wie sie auch erschrecken mochte,

Von jäher Regung übermannt –

Kein Laut, kein Zittern ihrer Hand

Verriet, wie stark das Herz ihr pochte;

Sogar den Ton behielt sie bei,

Und auch ihr Gruß war ruhig frei.

XIX