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Weshalb auch gegen Mode streiten?

Regiert sie doch die ganze Welt.

Drum war Onegin, im Bestreben,

Nie Anlaß zur Kritik zu geben,

In seinem Äußren als Pedant

Fast übertrieben elegant,

Saß stundenlang, sich eifrig schmückend,

Vorm Spiegel, eh er fertig war,

Und glich dann wirklich auf ein Haar

Der lockren Venus, die berückend,

Als flotter junger Mann frisiert,

Zum Maskenball davonkutschiert.

XXVI

Ich könnte nun, nachdem ihr eben

Der Toilette Glanz gesehn,

Um Bildungswünschen nachzugeben,

Ans Schildern seiner Kleidung gehn.

Bei solchem Wagnis wird indessen

Die Nennung von Kostümfinessen,

Frack, Pantalons, Gilet, zur Pflicht, Und – all das gibt's auf russisch nicht.

Auch ist ja leider, mir zum Schaden,

Mein ungelenker, trockner Stil

Seit Anbeginn schon viel zuviel

Mit Fremdwortflittern überladen,

So heiß ich auch studiert' genug

Das akadem'sche Wörterbuch.

XXVII

Doch halten wir mit derlei Fragen

Uns hier nicht auf, um unverweilt

Zum Ball zu gehn, wohin im Wagen

Onegin schon vorausgeeilt.

Vor stummen Häusern, nachtumdunkelt,

Entlang der stillen Straße funkelt

In freundlich heller Doppelspur

Der Kutschlaternen Lichterschnur.

Buntfarbnen Scheins, den Schnee bestrahlend,

Besät mit Lampen flammt die Pracht

Der stolzen Hausfront durch die Nacht,

Und an den Fenstern, Schatten malend,

Huscht flüchtig Kopf um Kopf dahin

Von Kavalier und Tänzerin.

XXVIII

Da rollt Eugen zum Vestibüle:

Flugs eilt er am Portier vorbei

Treppaufwärts durch die Marmordiele,

Streicht übers Haar und schreitet frei

Zum Saal hinein: Gedrängte Massen;

Noch hat Musik nicht nachgelassen,

Geräuschvoll wogt Masurkatanz,

Rings helle Lust, bewegter Glanz;

Die blanken Gardesporen klirren,

Graziöser Füßchen holder Schwung

Entzündet heiße Huldigung,

Die Wangen glühn, die Blicke schwirren,

Und scheeler Zungen Spott und Hohn

Verschlingt der Geigen Jubelton.

XXIX

Im Jugenddrang nach Lust und Scherzen

Ließ so ein Ball mir keine Ruh':

Man angelt nirgends leichter Herzen

Und spielt sich kleine Briefchen zu.

Ihr Herrn Gemahle, seht, ich stelle

Mich euch zu Dienst für derlei Fälle:

Bedenkt mein Wort im vorhinein,

Ich will euch nur ein Warner sein.

Auch ihr Mamas, daß auf die Blüte

Der lieben Tochter scharf ihr paßt,

Nie das Lorgnon vom Auge laßt,

Sonst könnte, könnte – Gott verhüte!

Das schreib' ich hier so offen hin,

Weil ich nun längst gesittet bin.

XXX

Was hab' ich, ach, auf lockren Pfaden

Für schöne Zeit vertan! Und doch:

Wär's meinem Ruf nur nicht zum Schaden –

Auf Bälle flög' ich heute noch.

Wie lieb' ich all den bunten Trubel,

Die frische Lust, den Glanz und Jubel,

Der Damen Anmut, Duft und Schein,

Und ihre Füßchen erst! ... Allein

In Rußlands grenzenloser Weite

Gibt's hübscher Füßchen kaum drei Paar.

Ach, unvergeßlich immerdar

Bleibt eines mir! ... Noch heute, heute,

So ernst ich bin, verfolgt es mich,

Und selbst im Traume zittre ich.

XXXI

Wann nur, in welchen Wildnisbanden

Schlägst du sie, Tor, dir aus dem Sinn?

O Füßchen, Füßchen! Wo zulanden

Schwebt heut ihr über Blumen hin?

Gehätschelt in des Südens Milde,

Ließt ihr im öden Schneegefilde

Des rauhen Nordens keine Spur;

Dem wohlig weichen Teppich nur

Wart ihr gewohnt euch anzuschmiegen.

Vergaß ich blinder Schwärmer nicht

Verbannung, Heimat, Ruhm und Pflicht,

Um eurem Zauber zu erliegen?

Mein junges Glück entschwand im Blühn,

Gleich eurer Spur im Wiesengrün.

XXXII

Dianens Busen, Floras Wangen,

O Freunde, reizen meinen Sinn!

Und dennoch zieht mich mehr Verlangen

Zum Füßchen Terpsichores hin.

Denn, wie es Augen selig blendet

Und, Gunst verheißend, Wonne spendet,

Entfesselt es in Lust und Qual

Der Wünsche ungemeßne Zahl.

Das Füßchen lieb' ich, o Elvine,

Am Tische, vom Damast verhüllt,

Auf Wiesen, die der Lenz erfüllt,

Am Winterabend vorm Kamine,

Im glatten Ballsaal, hoch am Strand,

Auf schroffgranitner Klippenwand.

XXXIII

Ich sah das Meer an Sturmestagen:

Mit welchem Neid genoß ich dann,

Wie Flut um Flut herangetragen

Liebkosend ihr zu Füßen rann!

Wie wünscht' ich damals mit den Wellen

Im Kuß an sie heranzuschwellen!

Nein, nicht im tollsten Jugenddrang,

Da Gier mich trieb und Überschwang,

Empfand ich mich so hingerissen,

Holder Armiden süßen Mund,

Erblühten Busens volles Rund,

Entflammter Wangen Glut zu küssen;

Nein, nie hat sonst der Sinne Macht

In mir solch heißen Wunsch entfacht!

XXXIV

Noch andre teure Bilder schweben

Durch meiner Seele Traumesland:

Ich darf sie in den Bügel heben,

Ich fühl' ihr Füßchen auf der Hand;

Und wieder stürmt's in meinem Innern,

Holder Berührung süß Erinnern

Treibt jäh zum Herzen mir das Blut –

Erneute Qual, erneute Glut! ...

Genug. Es sind die stolzen Schönen

Nicht würdig, daß Gesang sie ehrt,

Sie sind der Leidenschaft nicht wert,

Der Lieder nicht, die ihnen tönen;

Ihr Mund, ihr lächelnd Auge lügt

Genau so, wie ihr Füßchen trügt.

XXXV

Na, und Eugen? Der fährt vom Balle

Schlaftrunken heim, aufs Bett bedacht,

Derweil ringsum bei Trommelschalle

Das Treiben Petersburgs erwacht.

Der Kaufmann rüstet, Boten fliegen,

Zur Börse rollt's von Droschkenzügen,

Die Milchmagd stapft, so schnell sie kann,

Durch knarrend frischen Schnee heran;

Der Frühlärm schallt als froher Wecker

Vor offnen Läden, blauer Rauch

Steigt kraus empor, und längst geht auch

Beim flinken Deutschen dort, dem Bäcker

Im weißen Hut, ohn' Unterlaß

Klapp-auf, klapp-zu sein »Was-ist-das«.

XXXVI

Inzwischen schläft, vom Ball ermüdet,

Vertauschend Nacht mit Morgenschein,

Das Kind der Weltlust wohlumfriedet

Bis in den hellen Tag hinein.

Erst mittags wird er sich erheben,

Und dann beginnt das gleiche Leben,

Dann lockt der gleichen Freuden Schar,

Und morgen folgt, was heute war.

Ob freilich dieser unbedachte,

Durch nichts gehemmte Vollgenuß

Von Jugend, Glanz und Überfluß

Eugen auch wirklich glücklich machte?

Erhielt sich, so von Lust betört,

Sein Herz trotz allem unversehrt?

XXXVII

Nein, sein Gefühl war bald erstorben,

Die bunte Welt erschien ihm leer;