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Michael Wireman biß sich in die Unterlippe.

»Sie passen nicht in Ihre Familie … Sie passen nirgends hinein, nicht wahr, Michael?«

Michael Wireman hatte nichts zu sagen.

»Dennoch … Würden Sie so schnell aufgeben?« Der Offizier schien Freude an seiner Arbeit zu haben. »Schauen wir einmal, wie sich die Teile ineinanderfügen …

Ein Raumschiff. Nun. Ein ganzes, großes Raumschiff zur Verfügung der Regierung im Exil. Das ist doch eigenartig. Und der Sohn des Präsidenten wird damit zur Erde zurückgeschickt. Nun gut, betrachten wir einmal das ganze Bild.«

Der Offizier beugte sich lässig vor.

»Vor zwanzig Jahren hielt sich die C.S.O. aus dem Krieg heraus. Jetzt liegen die Dinge anders. Jetzt beginnen unsere Interessen miteinander in Konflikt zu geraten. Sie sind mächtiger geworden, und ihr nächster, natürlicher Ausdehnungsbereich ist einer, den auch wir wollen. Ein Krieg käme also gelegen. Deshalb wird die Regierung im Exil — die Regierung im Exil, wohlgemerkt, nicht die C.S.O. — plötzlich reich. Reich genug, um heimlich ein Raumschiff in das Sonnensystem entsenden zu können.

Warum machen sie das? Nun gut: die Erde ist dieser Tage ein ruhiger, kleiner Platz ziemlich weit weg von unseren Grenzen. Der Krieg ist für uns vorüber. Wir haben das Gebiet nicht übermäßig besetzt. Sollte sich hier also jemand finden, der unsere anwesenden Streitkräfte angreift und überwältigt, während eine C.S.O.-Flotte kommt und eine Blockade errichtet, eine verhältnismäßig billige Blockade, um unsere Verstärkungen so lange aufzuhalten, bis es zu spät wäre … Nun, dann hätte die C.S.O. eine Bresche in unsere Verteidigung geschlagen, praktisch ohne wesentlichen Aufwand.

Für den Fall, daß wir von diesen Plänen Kenntnis erhielten, hätte sich dann nicht die C.S.O. die Finger verbrannt. Nein, Sie haben ja den Deckmantel der fanatischen alten Regierung im Exil, und die C.S.O. hätte womöglich noch zu uns gehalten, warum nicht? Offiziell wären wir befriedigt gewesen, und die C.S.O. hätte praktisch nichts verloren außer einem bereits eingetriebenen Bolzen. Wie denken Sie darüber, Michael?«

Michael Wireman schwieg und beobachtete den Offizier genau.

»Dieser Fall könnte ohne weiteres noch eintreten«, sagte der Offizier. »Berührt Sie der Gedanke gar nicht, daß man Ihre Leute Ihrer Positionen entheben könnte, Michael? Möglicherweise einsperrt oder bestenfalls davon leben läßt, was sie sich mit ihrer Hände Arbeit verdienen können? Wie alt ist Ihr Vater, Michael? Und Ihre Mutter ist krank, nicht wahr?«

»Nur weiter.«

»Weiter? Ich sehe, es interessiert Sie sehr wenig, was hätte passieren können, beziehungsweise, was noch geschehen könnte. Kehren wir also zu dem vielen, plötzlich erworbenen Geld zurück, das die Regierung im Exil hat, und was sie damit macht.

Sagen wir — nun, sagen wir, die Regierung im Exil findet C.S.O.-Waffen, die zum Verkauf angeboten werden. Sagen wir, man wirft sie Hammil herunter. Sagen wir, ein unfähiger Bursche mit wertvollem Zunamen wird militärisch geschult, in einen umgefärbten C.S.O.-Schutzanzug gesteckt und mit den Gewehren heruntergeschickt, damit Hammil einen Vertreter der alten Regierung um sich hat. Nur daß Hammil kein Anhängsel will. Aber vielleicht hattet ihr keine Vorstellung von der Situation hier, wie?«

Michael Wireman schaute stur geradeaus.

»Junge«, sagte der Offizier eindringlich. »Ist denn niemand auf diese Idee gekommen? Nicht einmal ihr Vater? Sie kannten Hammil nicht. Hätten sie da nicht wenigstens überlegen sollen, daß die C.S.O. eigene Interessen vertreten könnte? Die C.S.O. braucht euch nicht mehr. Sie könnte jetzt genausogut direkt an die Sache herangehen. Die C.S.O. hat Pläne für die Erde nach dem Krieg, und diese sehen bestimmt nicht vor, der alten Regierung zu neuen Ehren zu verhelfen. Niemand braucht euch.«

Der Offizier fügte sanft hinzu: »Das fanden Sie heraus, nicht wahr?«

Michael Wireman nickte, den Blick in die Ferne gerichtet. »Heute morgen stiegen wir vom Berg, um den Kommandoposten anzugreifen.«

»Ja?«

»Ich wollte es nicht glauben. Ich war sicher, Hammil würde zuallererst die übrigen Bandenführer auslöschen und die Überlebenden in seine Truppe aufnehmen. Ich denke, Hammil hätte mich gern tot gesehen. Aber ich fiel nicht. Wir nahmen den Kommandoposten ein, und dann sah ich, weshalb er es getan hatte. Hammil kannte den Offizier dort. Er war seinerzeit mit seinem Klassifizierungstest beauftragt.«

»Oh?« Der Offizier schaute ihn scharf an. »Sie wissen Bescheid, nicht wahr?«

Dieser eine Blick bestätigte ihm, was er über Michael Wireman wußte. »War Ihnen das Test-System vor heute morgen bekannt?« fragte er sanft.

»Nein. Was hat das damit zu tun?«

Weder Groll, noch böse Absicht lagen im Blick des Offiziers. »Michael Wireman, irgendwann, heute, müssen Sie erkannt haben, wie wertvoll Sie für uns sind. Sie sind politisch nicht ungebildet. Wir wußten, die C.S.O. würde eines Tages auf irgendeine Weise gegen uns vorgehen. Aber jetzt wissen wir, wo und wie. Jetzt ist es wahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß Hammil unser Gegner ist, daß man uns die Erde nie und nimmer wird entreißen können. Die nächste Generation wird sich kaum erinnern, daß die Erdenbürger einmal eine eigene Rasse waren. Sie werden sich uns vollkommen anpassen. Was immer jetzt geschehen mag, die Erde wird nie wieder die Erde sein, die Sie lieben.

Mit sich haben Sie uns Ihre Kinderträume übergeben, Michael Wireman, und warum? Weil Hammil ein egoistischer Mörder ist? Weil wir, im Falle einer Niederlage, die Erde nicht an Ihre Leute verlieren würden? Ihre höchsten Bestrebungen haben Sie zugunsten so geringfügiger Dinge aufgegeben?«

»Nein! Ist Ihnen nicht klargeworden, weshalb ein Mensch sogar sein Geburtsrecht aufgeben würde?«

Michael Wireman fand keine Antwort.

»Sie wollen sich anpassen«, sagte der Offizier. »Sie wollen akzeptiert werden. Von uns wollen Sie das haben, was Ihnen weder Ihr Vater, noch Hammil geben konnte. Und wir können es. Deshalb haben Sie sich ergeben.«

Michael Wireman leugnete es nicht.

Der Offizier lächelte ihn gütig an. »Ist in Ordnung, Michael«, sagte er. »Wir sind froh, Sie zu haben.«

Als Michael Wireman daraufkam, daß er es wirklich so zu meinen schien, verließ ihn seine Selbstbeherrschung vollkommen. Er begann zu weinen.

Der Offizier hatte seine Aufgabe ausgezeichnet und taktvoll erledigt. Michael Wireman fühlte sich, als hätte man ihm viele Steine vom Herzen genommen.

Der Offizier versah den Akt mit einer letzten Eintragung und schloß ihn. »Ich werde veranlassen, daß Sie sich ordentlich waschen können und eine bequeme Schlafstätte erhalten. Am Morgen werden wir Sie dann testen, ja? Am Nachmittag gehören Sie schon zu uns.« Man sah, daß er dies alles nur noch der Ordnung halber sagte, denn dieser Teil war uninteressant für ihn. Er hatte den Fall Michael Wireman gelöst und wollte gehen.

»Danke, Sir«, sagte Michael Wireman mit heiserer Stimme.

4

Am frühen Morgen stand Michael Wireman am Fenster und schaute über Philadelphia.

Die Gebäude — nicht alle, aber die meisten — waren sauber, gescheuert mit einer Art Vibrationsbürste, die den Schmutz vom Gemäuer löst. Die Straßen befanden sich in wunderbarem Zustand. Es war charakteristisch für die Fremden, so ordnungsliebend und reinlich zu sein. Es stimmte mit ihrer gesamten Kultur überein. Ein Platz für alles, und alles auf seinem Platz.

Mit feinem Lächeln überlegte er, ob er diese Fremden auch bewundern würde, wären sie nicht so bedacht auf Reinlichkeit, was eigentlich unwichtig war. Denn eine moderne Zivilisation, ausgestattet mit vielen Arten von Antibiotika, automatisch sterilisierten Nahrungsmitteln und Getränken und all den übrigen Produkten fortgeschrittener Medizin könnte es sich leisten, sich buchstäblich im Schmutz zu wälzen. Es gab keinen praktischen Grund, das nicht zu tun. Von einer bestimmten Warte aus gesehen war es sogar Verschwendung, soviel Arbeitszeit und Geld von wichtigeren Aufgabengebieten abzuzweigen.