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»Bitte — ich verspreche Ihnen, daß sie keinerlei Ärger mit ihnen haben werden.«

»Nein, bestimmt nicht. Am Ende der Rollbahn werden wir nämlich alle miteinander tot sein.«

»Herr Flugkapitän — unsere Situation ist verzweifelt. Die Engländer verlangen von uns, daß wir die Leute aus Aden abtransportieren. Jeden Tag kommen Hunderte von ihnen über die Grenze.«

Fester brummte vor sich hin und studierte die Gewichtstabelle. Die israelischen Helfer, die in seiner Nähe standen, hielten den Atem an, während er rechnete. Er beging den Fehler, den Blick zu heben und Hanna in die Augen zu sehen. Er machte einen neuen Überschlag, schummelte dabei ein bißchen und meinte dann, daß er der alten Kiste mit ein bißchen Glück genügend Dampf machen könne, um sie dazu zu bewegen, sich in die Luft zu heben. Und wenn er erst einmal mit ihr oben war, würde er es schon irgendwie fertigbringen, auch oben zu bleiben. »Von mir aus sollen sie einsteigen«, sagte er. »Das ist sowieso meine erste und letzte Tour.«

Der Lagerleiter überreichte ihm die Liste. Insgesamt einhundertzweiundvierzig Jemeniten befanden sich an Bord. Fester stieg die Leiter hinauf.

Der Gestank, der ihm an der Kabinentür entgegenschlug, ließ ihn zurückfahren.

»Wir hatten nicht Zeit, alle Leute zu baden«, sagte Hanna entschuldigend. »Wir wußten nicht, wann Sie kommen würden.« Foster steckte den Kopf durch die Tür. Der Passagierraum war vollgestopft mit den kleinen Leuten. Sie saßen voller Angst auf dem Fußboden.

Der Geruch war grauenhaft.

Foster ging hinein, machte die Tür hinter sich zu und riegelte sie ab. In der unbewegten Luft und in der Hitze von mehr als fünfzig Grad begannen sich die Gerüche voll zu entfalten. Foster stieg über Arme und Beine hinweg und bahnte sich mühsam den Weg nach vorn. Er stieß das Fenster der Kanzel auf, um frische Luft zu bekommen. Er brachte die Motoren auf Touren, und während er mit der Maschine langsam an den Anfang der Startbahn rollte, hielt er den Kopf aus dem Fenster und übergab sich. Er mußte noch immer würgen, als er die Startbahn entlangbrauste und die Maschine im letzten Augenblick mit knapper Not vom Boden losbekam. Er lutschte eine Zitrone, während er sich abmühte, Höhe zu gewinnen. Als kühlere Luft hereinkam, beruhigte sich endlich auch sein Magen wieder.

Die Luft war unruhig, und die Maschine rüttelte heftig im Steigflug. Er »bog um die Ecke« über der Straße von Bab el Mandeb und flog dann geradeaus in Richtung des Roten Meeres, Saudi-Arabien auf der einen und Ägypten auf der anderen Seite.

Hanna kam nach vorn in die Kanzel. Auch ihr war übel. »Können Sie es diesem Flugzeug nicht abgewöhnen, solche Sprünge zu machen?« sagte sie. »Da drin übergeben sich alle.«

Foster stellte die Heizung im Passagierraum ab. »Machen Sie die Luftklappen auf. Ich werde versuchen, noch ein bißchen höher zu gehen. Durch die kalte Luft wird den Leuten wieder besser werden.« Sein Schädel brummte noch immer. Warum hatte er sich bloß von Stretch Thompson überreden lassen!

Nach einer halben Stunde erschien Hanna von neuem. »Jetzt jammern sie alle darüber, daß es so kalt ist — und ich selbst friere auch.«

»Entweder oder — wenn ich die Heizung anstelle, fangen sie wieder an zu kotzen.«

»Dann sollen sie lieber frieren«, sagte Hanna mit matter Stimme und begab sich zu ihren Passagieren zurück.

Wenige Augenblicke später kam sie in die Kanzel gerannt und schrie Fester aufgeregt irgend etwas in hebräischer Sprache zu. »Reden Sie englisch!«

»Feuer!« rief Hanna und zeigte zur Kabine. »Sie haben ein Feuer angemacht, um sich zu wärmen!«

Fester schaltete die automatische Steuerung ein und war mit einem Satz in der Kabine. In der Mitte brannte auf dem Fußboden ein kleines Feuer. Er stieß die freundlichen kleinen Leute wütend beiseite und trat das Feuer aus. Dann ging er zu Hanna, die mit weichen Knien an der Tür der Kanzel lehnte.

»Können Sie sich mit diesen Leuten da irgendwie verständigen?« »Ja, auf Hebräisch.«

Fester drückte ihr das Mikrofon der Sprechanlage in die Hand. »Machen Sie den Leuten gefälligst klar, daß der nächste, der seinen Platz verlassen sollte, sich auf ein Bad im Roten Meer gefaßt machen kann!«

Die Jemeniten hatten noch nie in ihrem Leben einen Lautsprecher zu Gesicht bekommen. Als sie Hannas Stimme hörten, begannen sie alle nach oben zu zeigen, schrien auf und duckten sich angstvoll. »Was ist los? Was haben Sie denen denn erzählt?«

»Sie haben noch nie einen Lautsprecher gehört und meinten, es sei die Stimme Gottes.«

»Sehr gut. Lassen Sie sie ruhig dabei.«

Während der nächsten Stunden verlief alles ziemlich reibungslos. Es gab einige kleinere Zwischenfälle, aber es passierte nichts, was eine Gefahr für die Maschine bedeutet hätte. Foster hatte gerade angefangen, sich ein wenig zu entspannen, als er erneut Lärm aus der Kabine hörte. Er machte die Augen zu. »Lieber Gott«, sagte er seufzend, »ich will in Zukunft ein guter Christ sein — nur laß bitte diesen Tag zu Ende gehen.«

Hanna erschien von neuem bei ihm in der Kanzel.

»Ich wage nicht, zu fragen, was jetzt wieder los ist«, sagte Foster. »Tex«, sagte sie, »Sie sind Patenonkel.«

»Was!«

»Ja, eine der Frauen hat eben einen Sohn geboren.«

»Nein — nein — nein!«

»Sie brauchen sich nicht aufzuregen«, sagte Hanna. »Ein Kind zur Welt zu bringen ist für diese Menschen nichts Besonderes. Mutter und Sohn sind wohlauf.« Fester schloß die Augen und schluckte. Danach passierte eine Stunde lang nichts. Fester kam das verdächtig vor. Die kleinen Leute gewöhnten sich an das Geräusch der Motoren des »Adlers« und nickten einer nach dem anderen ein, erschöpft von all dem Aufregenden, das sie erlebt hatten. Hanna kam mit einer heißen Fleischbrühe zu Foster, und sie lachten gemeinsam über die Ereignisse dieses Tages. Foster hatte eine Menge Fragen an Hanna zu stellen, über die Jemeniten und über den Krieg.

»Wo sind wir jetzt eigentlich?« fragte Hanna schließlich.

Foster, erster Pilot, zweiter Pilot, Nautiker und Funker in einer Person, sah auf die Karte. »Wir werden sehr bald um die Ecke biegen und dann den Golf von Akaba hinauffliegen. Auf dem Flug nach Aden konnte ich die Stellungen in der Wüste sehen.« »Hoffentlich ist der Krieg bald zu Ende.«

»Ja, Krieg ist 'ne üble Sache. Sagen Sie mal, wie sind Sie eigentlich zu diesem Job hier gekommen? Ganz gleich, was Ihnen die Leute zahlen, Ihre Arbeit ist das Doppelte wert.«

Hanna lächelte. »Ich werde dafür nicht bezahlt.«

»Sie werden nicht dafür bezahlt?«

»Nein, es ist ein Auftrag, den ich ausführe. Möglicherweise gehe ich mit diesen Leuten hinaus aufs Land, um irgendwo eine Siedlung zu errichten, vielleicht aber fliege ich auf dieser Route auch weiter.« »Ich verstehe kein Wort.«

»Es ist schwer zu erklären. Und für einen Außenstehenden ist es manchmal auch kaum zu verstehen. Geld bedeutet uns nichts. Aber diese Menschen nach Israel hereinzubekommen, das bedeutet uns alles. Vielleicht kann ich es Ihnen irgendwann einmal noch besser erklären.«

Foster zuckte die Achseln. Lauter sonderbare Sachen erlebte er da. Aber schließlich, was ging es ihn an. Ein interessanter Flug, aber eine einzige solche Tour war genug.

Nach einer Weile zeigte er nach unten. »Das da ist Israel«, sagte er. Hanna griff hastig nach dem Mikrofon.

»He, was haben Sie denn vor!«

»Bitte, Tex, erlauben Sie mir, es den Leuten zu sagen. Sie haben so lange auf diesen Augenblick gewartet—jahrtausendelang.«

»Sie werden die Maschine in Stücke schlagen!«

»Ich werde dafür sorgen, daß sie ruhig bleiben — das verspreche ich Ihnen.«

»Also gut — erzählen Sie es den Leuten.«

Er schaltete erneut die automatische Steuerung ein und ging an die Tür zur Kabine, um sich davon zu überzeugen, daß seine Passagiere die Maschine nicht in die Luft sprengten.