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Hanna machte die Durchsage.

Es erhob sich ein unvorstellbarer Jubel. Die Menschen weinten, sangen, lachten, beteten. Sie umarmten sich und jauchzten vor Freude.

»Mein Gott«, meinte Fester erstaunt, »so ein Theater haben die Leute nicht einmal gemacht, als wir die Mannschaft der Technischen Hochschule von Georgia geschlagen haben.«

Eine der Frauen ergriff seine Hand und küßte sie. Er wich zurück und begab sich wieder zu seinen Instrumenten. Auf dem ganzen Weg bis nach Lydda hörte das Singen und Jubeln in der Kabine nicht mehr auf. Als die Maschine am Anfang der Rollbahn aufsetzte, übertönten der Freudenlärm und die lauten Gebete das Geräusch der Motoren.

Fester sah zu, wie sie aus der Kabine nach draußen drängten, wie sie, unten angelangt, auf die Knie fielen und weinend den Boden Israels küßten.

»Leben Sie wohl, Tex«, sagte Hanna. »Ich finde es schade, daß Sie wegfahren — aber ich wünsche Ihnen viel Spaß in Paris.«

Fester J. MacWilliams stieg langsam die Treppe hinunter. Er betrachtete das geschäftige Treiben auf dem Flugplatz. Busse und Krankenwagen standen bereit. Dutzende von Mädchen, in der gleichen blauen Uniform wie Hanna, mischten sich unter die Jemeniten, beruhigten sie und freuten sich mit ihnen. Foster blieb unbeweglich am Ende der Treppe stehen, und eine sonderbare Empfindung, neu und ungewohnt, stieg in ihm auf.

Er sah Stretch Thompson überhaupt nicht, der eilig auf ihn zukam. »Gratuliere, alter Knabe! Wie hat sie sich denn gemacht?«

»Hm?«

»Ich meine, wie die Kiste geflogen ist?«

»Wie ein Adler.«

Mehrere Beamte der Einwanderungsbehörde drückten Foster die Hand und klopften ihm auf den Rücken.

»Wie haben sich die Leute denn benommen?«

»War es für Sie ein Flug wie jeder andere?«

Fester zog die Schultern hoch. »Klar«, sagte er, »ein Flug wie jeder andere.« Stretch nahm Fester am Arm und ging mit ihm auf das Büro zu. Foster blieb einen Augenblick stehen und sah sich um; Hanna winkte ihm zu, er winkte zurück.

»Ja, Foster«, sagte Stretch, »jetzt kannst du nach Paris. Ich habe meine Leute beisammen, und eine neue Maschine haben wir auch noch bekommen.«

»Also Stretch, wenn du in Verlegenheit bist — eine Tour würde ich schließlich noch machen. Aber das ist dann die letzte.«

Stretch kratzte sich am Kopf. »Ich weiß nicht — vielleicht könnte ich dich für eine Tour noch mal einsetzen — um die neue Maschine auszuprobieren.« Er hat angebissen, dachte Stretch triumphierend. Jetzt habe ich den Himmelhund an der Leine!

Dieser Flug war der Beginn des Unternehmens »Fliegender Teppich«.

Stretch Thompson, der ehemalige Königskrebsekönig, holte ausgekochte amerikanische Piloten heran, die bei der Berliner Luftbrücke mitgeflogen waren. Jeder neue Pilot und jede Crew wurde leidenschaftlich von der Aufgabe ergriffen, die Jemeniten in ihr Gelobtes Land zu bringen.

Oft waren die Maschinen nahe daran, aus den Fugen zu gehen. Doch ungeachtet aller Überbeanspruchung und ungenügenden Wartungen fiel keine der Maschinen jemals aus. Den Piloten des »Fliegenden Teppichs« kam es allmählich so vor, als stünden die Maschinen, solange sie Jemeniten beförderten, unter einer besonderen göttlichen Vorsehung.

Foster J. MacWilliams kam nicht nach Paris. Er flog die Route nach Aden, bis alle Jemeniten von dort abtransportiert waren, und dann machte er bei dem Unternehmen »Ali Baba« weiter, der Luftbrücke zum Abtransport der irakischen Juden aus Bagdad. Foster arbeitete so pausenlos und angestrengt wie kaum ein anderer Pilot in der Geschichte der Luftfahrt. Wenn er mit einer Fuhre von Einwanderern gelandet war, legte er sich gleich auf dem Flugplatz in eine Koje, um ein paar Stunden zu schlafen, während seine Maschine wieder startklar gemacht wurde. Sobald das Bodenpersonal mit der Maschine fertig war, startete er erneut. Im Lauf der nächsten Jahre brachte Foster Millionen von Flugmeilen hinter sich und annähernd fünfzigtausend Juden nach Israel.

Er erklärte jedesmal, daß dies endgültig der letzte Flug sei — bis er dann Hanna heiratete und sich in Tel Aviv eine Wohnung nahm. Das Unternehmen »Fliegender Teppich« war nur ein Anfang. Aus Kurdistan kamen Juden, aus dem Irak und der Türkei.

Aus Hadramaut, im östlichen Teil des Protektorats, fand ein versprengter jüdischer Haufen den Weg nach Aden.

Sie kamen in Scharen aus den DP-Lagern in Europa.

Sie kamen aus Frankreich und Italien, aus Jugoslawien und aus der Tschechoslowakei, aus Rumänien und Bulgarien, aus Griechenland und aus Skandinavien.

Überall in Nordafrika kamen sie aus den Mellahs von Algerien und Marokko, Ägypten und Tunesien.

In Südafrika machten sich die Angehörigen der wohlhabenden jüdischen Gemeinde, die begeistertsten Zionisten der Welt, auf nach Israel.

Sie kamen aus China und Indien, wo sie vor dreitausend Jahren seßhaft geworden waren.

Sie kamen aus Australien, aus Kanada und aus England.

Sie kamen aus Argentinien.

Sie kamen durch brennende Wüsten gezogen.

Sie kamen in klapprigen Flugzeugen geflogen.

Sie kamen mit alten Frachtdampfern, wie die Heringe in den Ladeluken zusammengepfercht.

Sie kamen in den Kabinen der Luxusdampfer.

Sie kamen aus vierundsiebzig verschiedenen Ländern.

Aus der Diaspora, aus dem Exil kamen sie, die überall Unerwünschten, zu diesem einzigen kleinen Fleck auf der ganzen Welt, wo das Wort Jude kein Schimpfwort war.

II.

Immer mächtiger schwoll der Strom der neuen Einwanderer an. Bald war die Bevölkerung von Israel ums Doppelte, ja ums Dreifache angestiegen. Die durch den Krieg geschwächte Wirtschaft des Landes brach unter dieser Belastung fast zusammen.

Viele besaßen kaum mehr als das, was sie auf dem Leibe trugen. Viele waren alt und krank, und viele waren des Lesens und Schreibens unkundig; doch so schwierig die Lage auch war und so sehr sie durch die zusätzliche Last erschwert werden mochte — nicht ein Jude, der an die Tür Israels klopfte, wurde abgewiesen. Überall sprangen Zeltstädte aus dem Boden, und häßliche Dörfer aus verrosteten Wellblechbaracken überzogen bald das ganze Land, von Galiläa bis zur Negev-Wüste. Hunderttausende von Menschen lebten in notdürftigen Behelfsheimen und stellten das Gesundheitswesen, das Erziehungswesen und die Wohlfahrtspflege vor schier unlösbar organisatorische Probleme.

Und doch war die Stimmung überall optimistisch. Sobald die Gedemütigten, die Unterdrückten den Fuß auf den Boden von Israel gesetzt hatten, fanden sie menschliche Würde und Freiheit, wie die meisten von ihnen sie niemals kennengelernt hatten, und diese Anerkennung als gleichberechtigte Wesen beflügelte sie mit einer zielstrebigen Energie, die einzigartig war.

Täglich entstanden neue landwirtschaftliche Siedlungen. Die Einwanderer zogen mit der gleichen Begeisterung hinaus, um die Wildnis und die Wüste in Angriff zu nehmen, mit der einst die ersten Pioniere den Sümpfen zu Leibe gegangen waren.

Kleine und größere Orte, ganze Städte schienen wie Pilze aus dem Boden zu schießen.

Südafrikanische, südamerikanische und kanadische Gelder strömten in die Wirtschaft. Fabriken wurden gebaut. Die Naturwissenschaften, die medizinische und die landwirtschaftliche Forschung wurden gefördert und erreichten bald hohes Niveau.

Tel Aviv entwickelte sich zu einer betriebsamen Metropole mit einer Viertelmillion Einwohner, und Haifa wurde zu einem der wichtigsten Häfen des Mittelmeeres. In beiden Städten entstand eine Schwerindustrie. Jerusalem, Hauptstadt und kulturelles Zentrum der jungen Nation, dehnte sich bis zu den Hügeln aus.

Chemikalien, Medikamente, Textilien, Schuhe, Kleider, Anzüge — die Liste der Produktion umfaßte an die tausend verschiedene Waren. Autos wurden hergestellt, Busse gebaut, und ein Netz von Straßen überzog das Land.

Wohnraum, Wohnraum, Wohnraum — die Menschen brauchten Wohnungen, und die Umrisse der Neubauten schoben sich unablässig weiter in die Vorstädte hinaus. Das Hämmern und Bohren, das Geräusch der Betonmischmaschinen und der Schweißapparate verstummte in Israel nicht einen Augenblick. Von Metulla bis nach Elath, von Jerusalem bis Tel Aviv, überall herrschte die erregende Atmosphäre eines großen, unablässig arbeitenden Landes. Gleichzeitig aber war das Leben außerordentlich hart. Israel war ein armes und unfruchtbares Land, und jeder einzelne Schritt vorwärts mußte mit Schweiß errungen werden. Die Arbeiter hatten bei geringem Lohn schwerste Arbeit zu leisten. Noch härter waren die Arbeitsbedingungen der Siedler, die draußen in der Wildnis dem dürren Erdreich anbaufähigen Boden abzuringen versuchten. Allen Bürgern wurden hohe Steuern auferlegt, um die erforderlichen Geldmittel für die in Massen hereinströmenden neuen Einwanderer aufzubringen.