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»Ich werde versuchen, es mir einzurichten.«

Wieder entstand ein betretenes Schweigen, als Bruce Sutherland den Blick von Ari auf Kitty richtete. Sie stand noch immer da und sah Ari an. Sutherland hakte Dov unter und ging mit ihm auf die Tür zum Nebenzimmer zu. »Also, Major Landau, das müssen Sie mir jetzt mal genau erklären, wie ihr Burschen es eigentlich anfangen wollt, den Hule-See zu senken und das Wasser in den See von Genezareth abzuleiten. Das ist keine Kleinigkeit —.«

Ari und Kitty waren allein.

»Sie sehen gut aus«, sagte Kitty schließlich.

»Sie auch.«

Danach verstummten beide wieder.

»Ich — wie geht es eigentlich der kleinen Karen? Kommt sie auch her?«

»Ja, sie kommt. Wir erwarten sie jeden Augenblick.«

»Hätten Sie Lust, einen kleinen Spaziergang zu machen? Es ist schöne frische Luft draußen.«

»Ja, warum nicht?« sagte Kitty.

Sie gingen stumm zum Gartentor hinaus, den Weg am Rande der Felder entlang und durch den Olivenhain, bis sie an den Jordan kamen. Überall roch es nach Frühling. Ari sah Kitty an. Sie war noch schöner, als er sie in Erinnerung gehabt hatte.

»Ich — ich schäme mich wirklich, daß ich noch nie in Elath war«, sagte Kitty. »Der Kommandant von Ber Scheba hat mir mehrfach angeboten, mich hinzufliegen. Ich glaube, ich sollte es mir wirklich einmal ansehen.«

»Der Blick auf das Wasser und die Berge ist sehr schön.«

»Wächst die Stadt?«

»Sie würde sich rascher entwickeln als irgendeine Stadt der Welt, wenn die Blockade nicht wäre und wir Elath als Tor zum Fernen Osten in Betrieb nehmen könnten.«

»Ari«, sagte Kitty ernst, »wie ist die Situation da unten?«

»Wie sie immer gewesen ist — und immer sein wird.«

»Das Unwesen der arabischen Banden nimmt zu, nicht wahr?« »Diese armen Teufel sind nicht unsere schlimmste Sorge. Aber der Gegner massiert seine Kräfte auf der Halbinsel Sinai, um den gesamten Mittleren Osten zu überrennen. Wir werden gezwungen sein, zuerst zuzuschlagen, wenn wir am Leben bleiben wollen.« Ari machte eine Pause und sagte dann lächelnd: »Wissen Sie, was meine Jungens sagen? Wir sollten über die Grenze gehen, zum Berge Sinai, und Gott die Tafel mit den Zehn Geboten zurückgeben — die ganze Sache hätte uns genug Ärger gemacht.«

Kitty starrte lange in das rauschende Wasser des Stroms. Sie seufzte bekümmert. »Ich bin krank vor Sorge um Karen. Sie ist da an der Grenze von Gaza — in Nahal Midbar.«

»Eine üble Ecke«, brummte Ari. »Aber es sind zähe junge Leute. Sie werden es schaffen.«

Ja, dachte Kitty, das war typisch Ari, diese Antwort.

»Ich höre, Sie wollen nach Amerika zurück.«

Kitty nickte.

»Sie sind eine Berühmtheit geworden.«

»Mehr eine Kuriosität«, sagte Kitty.

»Sie sind sehr bescheiden.«

»Ich bin sicher, daß Israel auch ohne mich gut auskommt.«

»Und warum wollen Sie wieder nach Amerika?«

»Sie haben Dov gesehen — inzwischen Major Dov Landau. Er ist ein sehr erfreulicher junger Mann, und Karen wird bei ihm in guten Händen sein. Warum ich weggehe? Ich weiß nicht — vielleicht möchte ich nur vermeiden, so lange hier zu bleiben, bis man mich nicht mehr haben will. Vielleicht gehöre ich hier immer noch nicht so ganz dazu. Oder vielleicht habe ich Heimweh. Ich könnte alle möglichen Gründe anführen. Jedenfalls möchte ich mal ein Jahr lang Urlaub machen und meine Zeit damit verbringen, nachzudenken — einfach nur nachzudenken.«

»Vielleicht handeln Sie damit sehr weise. Es ist eine gute Sache, unbehindert vom Zwang der täglichen Pflichten nachdenken zu können. Mein Vater konnte sich diesen Luxus erst in seinen beiden letzten Lebensjahren leisten.«

Sie schienen auf einmal beide nicht mehr zu wissen, was sie sagen sollten.

»Es ist wohl besser, wir gehen jetzt wieder zurück«, sagte Kitty. »Ich möchte gern im Haus sein, wenn Karen kommt. Außerdem wollen mich einige von meinen Kindern besuchen kommen.«

»Kitty — einen Augenblick noch.«

»Ja?«

»Ich möchte Ihnen gern sagen, wie froh ich darüber bin, daß Sie sich mit Jordana so angefreundet haben. Sie sind ihr eine große Hilfe gewesen. Ich habe mir wegen der rastlosen Unruhe meiner Schwester oft Sorgen gemacht.«

»Sie ist sehr unglücklich. Niemand kann wirklich ganz ermessen, wie sehr sie David geliebt hat.«

»Wie lange wird es dauern, bis sie darüber hinwegkommt?« »Ich weiß es nicht, Ari. Aber ich bin nun schon so lange hier, daß ich ein hemmungsloser Optimist geworden bin. Eines Tages wird es auch für Jordana wieder ein neues Glück geben.«

Unausgesprochen stand zwischen ihren Worten die Frage: gab es eines Tages auch für sie ein neues Glück, für sie und für ihn?

»Gehen wir«, sagte Kitty.

Den ganzen Nachmittag über kamen aus Gan Dafna und einem Dutzend verschiedener Siedlungen im Hule-Tal Kittys »Kinder«, um sie zu begrüßen. Und die Leute von Yad El kamen, um Ari zu begrüßen. Im Haus der Familie Ben Kanaan herrschte ein beständiges Kommen und Gehen. Alle erinnerten sich daran, wie sie Kitty zum erstenmal hier erlebt hatten, eine Kitty, die sich fremd und unbehaglich gefühlt hatte. Jetzt unterhielt sie sich mit ihnen in ihrer Sprache, und alle sahen voller Bewunderung zu ihr auf.

Viele »ihrer« Kinder hatten eine weite Reise unternehmen müssen, um ein paar Minuten mit ihr verbringen zu können. Manche hatten inzwischen geheiratet und konnten ihr den Mann oder die Frau vorstellen. Fast alle von ihnen trugen die Uniform der israelischen Armee.

Je weiter der Nachmittag vorrückte, desto nervöser wurde Kitty, weil Karen noch immer nicht gekommen war. Dov ging wiederholt auf die Hauptstraße hinaus, um nach ihr Ausschau zu halten.

Am späten Nachmittag hatten sich alle Besucher verabschiedet und waren nach Hause gegangen, um den Seder mit ihrer Familie zu feiern.

»Wo zum Teufel bleibt eigentlich dieses Mädchen?« sagte Kitty, indem sie ihre tiefe Sorge mit vermeintlichem Ärger tarnte. »Wahrscheinlich ist sie ganz in der Nähe«, sagte Dov.

»Sie hätte wenigstens anrufen und Bescheid sagen können, daß sie später kommt. Diese Gedankenlosigkeit sieht Karen so gar nicht ähnlich«, sagte Kitty.

»Hören Sie mal, Kitty«, sagte Sutherland. »Sie wissen doch, daß es heute einen Parlamentsbeschluß erfordern würde, um mit einem Ferngespräch durchzukommen.«

»Ich werde mal zur Zentrale gehen und ein eiliges Dienstgespräch nach Nahal Midbar anmelden«, sagte Ari, der sah, wie besorgt Kitty war. »Vielleicht weiß man dort, wo sie unterwegs Station machen wollte, und wir können sie irgendwo abholen.«

»Ich wäre Ihnen sehr dankbar«, sagte Kitty.

Kurze Zeit, nachdem Ari gegangen war, kam Sara herein und gab bekannt, daß die Seder-Tafel fertig sei und besichtigt werden könne. Jetzt war für sie nach wochenlanger Arbeit der Augenblick des Triumphes gekommen. Sie öffnete die Tür zum Speisezimmer, und die Gäste traten vorsichtig und auf Zehenspitzen unter vielen »Ohs« und »Ahs« näher.

Auf der Tafel schimmerten die besten Silberbestecke und die schönsten Teller, die nur einmal im Jahr benutzt wurden. In der Mitte standen die silbernen Leuchter, und daneben ein großer, kostbar verzierter Silberpokal, der »Becher des Elias«. Er stand dort, mit Wein gefüllt, als Willkommenstrunk für den Propheten. Wenn der Prophet kam und aus dem Becher trank, so bedeutete es, daß die Ankunft des Messias nahe bevorstand.

An jedem Platz standen silberne Becher, die viermal während der Feier mit einem besonders schweren und köstlichen Wein gefüllt wurden. Diesen Wein, ein Symbol der Freude, trank man, während der Erzähler von den zehn Plagen berichtete, die Gott über Pharao verhängt hatte, und während man das Lied der Miriam sang, das erzählte, wie sich das Rote Meer über dem Heer des Pharao geschlossen hatte.