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Im Hafen von Haifa wurden umfassende Maßnahmen zur Absperrung und Geheimhaltung ergriffen, als die Dunston Hill, mit der Gelobtes Land im Schlepptau, herankam. Der alte Dampfer hatte schwere Schlagseite. Das ganze Hafengebiet wimmelte von britischen Truppen. Die sechste Fallschirmdivision war zur Stelle, und die Fallschirmjäger waren bis an die Zähne bewaffnet. Doch das alles nutzte den Engländern nichts. Die Juden hatten bereits einen genauen Bericht der gewaltsamen Aufbringung der Gelobtes Land nach Palästina gefunkt, und der jüdische Rundfunk hatte die Nachricht verbreitet.

Als sich die Schiffe der Bucht von Haifa näherten, riefen die Juden in Palästina den Generalstreik aus. Die Engländer mußten rings um den Hafen Truppen und sogar Tanks einsetzen, um eine trennende Schranke zwischen den Flüchtlingen und den erbitterten PalästinaJuden zu errichten.

Vier britische Schiffe für den Transport von Gefangenen, die Empire Monitor, die Empire Renown, die Empire Guardian und die Magna Charta lagen bereit, um die Flüchtlinge der Gelobtes Land unverzüglich abzutransportieren. Doch in dem Augenblick, in dem der alte amerikanische Küstendampfer in den Hafen geschleppt wurde, erschütterte eine gewaltige Detonation Stadt und Hafen: die Empire Monitor war in die Luft geflogen. Froschmänner des Palmach waren unter Wasser herangeschwommen und hatten eine Haftmine angebracht.

Die Gelobtes Land machte fest, und die Engländer begannen sofort, die Flüchtlinge von Bord zu bringen. Die meisten dieser Flüchtlinge hatten zu Schweres hinter sich, um noch Kampfgeist zu besitzen. Widerstandslos ließen sie sich in die Entlausungsbaracken führen, wo sie nackt ausgezogen, geduscht, nach Waffen durchsucht und auf die drei Transportschiffe gebracht wurden.

Dov Landau und fünfundzwanzig andere hatten sich an Bord der Gelobtes Land in einem Laderaum verbarrikadiert und sich bis zuallerletzt gegen die Briten zur Wehr gesetzt. Die Engländer pumpten den Raum mit Tränengas voll, und Dov, der sich noch immer wehrte, wurde durch vier Soldaten von der Gelobtes Land heruntergeholt, an Bord der Magna Charta gebracht und dort in eine vergitterte Zelle gesperrt.

Die englischen Transportschiffe, auf denen die Flüchtlinge noch enger als auf der Gelobtes Land zusammengepfercht waren, liefen noch in der gleichen Nacht von Haifa aus, begleitet von den beiden Kreuzern, der Dunston Hill und der Apex.

Brachte man die Flüchtlinge in die bereits überfüllten Lager auf Zypern, so hatten die Juden ihr Spiel gewonnen. Weitere sechstausendfünfhundert Juden wären auf diese Weise aus Europa geschafft und der Zahl der Juden hinzugefügt worden, die in Zypern saßen und darauf warteten, nach Palästina zu kommen.

Daher ordneten die Engländer an: »Die Flüchtlinge von der sogenannten Gelobtes Land, die sich an Bord der Empire Guardian, der Empire Renown und der Magna Charta befinden, sind nach Toulon zurückzubringen, dem Hafen, in dem sie sich eingeschifft haben. Von jetzt an werden alle Blockadebrecher, die aufgebracht werden, in die Häfen zurückgebracht, aus denen sie ausgelaufen sind.« Die Männer des Palmach und von Mossad Aliyah Bet, die sich bei den Flüchtlingen an Bord der drei Schiffe befanden, wußten, was sie zu tun hatten. Wenn sich die Flüchtlinge jetzt zurückschicken ließen und in Toulon von Bord gingen, bedeutete das das Ende der illegalen Einwanderung.

Als die drei Transportschiffe in den Golfe du Lion hineinfuhren und nahe der Küste vor Anker gingen, wurden in Toulon von den Engländern vorsorgliche Maßnahmen zum Zweck der Geheimhaltung getroffen. Gleichzeitig teilten die Palmach-Chefs der drei Schiffe den englischen Kapitänen mit: »Wir werden uns nur mit Gewalt an Land bringen lassen.«

Der englische Kommandant, dem die drei Schiffe unterstanden, erbat von der Admiralität in London durch Funkspruch Anweisungen, wie er sich verhalten solle. Whitehall setzte Paris sofort unter Druck und ging beinahe so weit, mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu drohen. Die Franzosen wurden ernstlich gewarnt, Partei für die Juden zu ergreifen oder die Engländer daran zu hindern, die Ausschiffung mit Gewalt vorzunehmen. Vier Tage lang gingen Funksprüche und Instruktionen zwischen London und den Transportschiffen und zwischen Paris und London hin und her. Schließlich verkündete die französische Regierung den Engländern ihren dramatischen Entschluß:

»Die französische Regierung wird eine gewaltsame Ausschiffung der Flüchtlinge weder zulassen noch sich daran beteiligen. Falls die Flüchtlinge wünschen sollten, freiwillig nach Frankreich zurückzukehren, sind sie uns jederzeit willkommen.«

Nachdem sich die Engländer von dem Schock erholt hatten, teilten sie den Flüchtlingen mit, daß sie die Wahl hätten, im Hafen von Toulon von Bord zu gehen oder so lange im Golfe du Lion an Bord zu bleiben, bis sie verreckt wären.

Die Juden an Bord der Empire Guardian, der Empire Renown und der Magna Charta verschanzten sich. Der Palmach organisierte Schulen, gab hebräischen Unterricht, druckte eine Zeitung, gründete ein Theater und versuchte auf alle Weise, die Stimmung aufrechtzuerhalten. Die französische Regierung schickte Tag für Tag von Toulon aus lange Reihen von Barkassen zu den Schiffen hinaus, um die Flüchtlinge mit guten Nahrungsmitteln und Medikamenten zu versorgen. An Bord der Schiffe kam ein Dutzend Babys zur Welt. Am Ende der ersten Woche hielten die Flüchtlinge unerschütterlich an ihrem Entschluß fest.

An Land erschienen Reporter, die sich für die drei Schiffe zu interessieren begannen und erbittert über die eiserne Geheimhaltung der Engländer waren. Eines Nachts schwamm ein Aliyah-Bet-Mann von Bord der Empire Guardian an Land und teilte der französischen Presse die ganze Story in allen Einzelheiten mit.

Berichte über das Schicksal der Gelobtes Land gingen durch die Presse von Frankreich, Italien, Holland und Dänemark. In allen vier Ländern erschienen Leitartikel, in denen den Engländern heftige Vorwürfe gemacht wurden. Diese Vorwürfe vom Kontinent kamen für die Engländer nicht unerwartet. Man war in London darauf vorbereitet gewesen. Ja, man hatte sich sogar auf noch mehr vorbereitet, hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit der Hartnäckigkeit der Flüchtlinge.

Die Lebensbedingungen auf den Transportschiffen waren miserabel. Es war stickend heiß, und viele der Flüchtlinge waren krank. Dennoch weigerten sie sich an Land zu gehen. Die Angehörigen der britischen Schiffsbesatzungen, die sich nicht in die abgesperrten Unterbringungsräume hineintrauten, wurden allmählich nervös. Am Ende der zweiten Woche waren die Juden unverändert standhaft, und die Aufregung in der Presse nahm zu.

Es verging eine dritte und auch noch eine vierte Woche. Die Entrüstung in der Öffentlichkeit begann sich allmählich zu legen. Doch dann kam der erste Jude freiwillig und ohne Gewaltanwendung an Land. Er war tot. Die Empörung flammte erneut auf. Die Kapitäne der drei Schiffe meldeten nach London, daß die Flüchtlinge entschlossener zu sein schienen denn je. Whitehall geriet von Stunde zu Stunde mehr in Druck. Weitere Leichen mußten in der Öffentlichkeit böses Blut erregen.

Die politischen Drahtzieher beschlossen, einen neuen Dreh zu versuchen. Sie forderten die Flüchtlinge auf, Delegationen zu entsenden, um die Lage zu besprechen und zu verhandeln. Sie wollten eine Kompromißlösung finden, die es ihnen gestattete, aus der ganzen Geschichte herauszukommen, ohne das Gesicht zu verlieren. Doch von allen drei Schiffen bekamen sie die gleichlautende Antwort: »Wir fordern nicht mehr und nicht weniger als Palästina.«

Als in der sechsten Woche der zweite Tote an Land gebracht wurde, stellten die Engländer den Juden ein Ultimatum: Entweder sie sollten an Land kommen oder die Folgen tragen. Es blieb unklar, worin diese Folgen bestehen sollten. Doch als sich die Flüchtlinge auch durch dieses Ultimatum nicht einschüchtern ließen, mußten die Engländer etwas unternehmen: »Die Empire Guardian und die Empire Renown laufen unverzüglich aus. Ziel dieser beiden Schiffe ist Hamburg. Die Passagiere werden dort von Bord gehen oder notfalls von Bord gebracht werden und so lange in einem Internierungslager in der britischen Besatzungszone verbleiben, bis weitere Weisung erfolgt.«