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Marsh drückte auf die Aus-Taste.

Ziemlich nachdenklich suchte er die Zentrale auf und aktivierte die Anlagen; abgesehen davon, daß es etwas muffig roch, hatte sich nichts verändert. Das Aufflackern zahlreicher Lämpchen und Leuchtkörper bewies, daß die Zentrale den Flug gut überstanden hatte.

»Na also«, murmelte Marsh gut gelaunt. »Alles in schönster Ordnung. Könnte gar nicht besser …«

Er verstummte; mit schreckgeweiteten Augen starrte er auf die Schemazeichnung des Antriebssystems. Er spürte, wie sein Herz hämmernd gegen die Rippen schlug; seine Hände zitterten.

Von dem hundert Meter langen Antriebsteil der NEW FRONTIER war nur ein etwa zwanzig Meter langer Stumpf unterhalb der Passagierkugel vorhanden. Auf den Bildschirmen, die fortlaufend den Antrieb abbildeten, war nur noch ein verdrehtes Gewirr von Metallteilen zu erkennen, das wie ein surrealistisches Bildwerk in den Raum ragte.

Der Rückweg zur Erde war versperrt; die Mission war fehlgeschlagen.

Mühsam seine Verzweiflung niederkämpfend, zündete sich Marsh eine Zigarette an; die Worte, die General Avidan auf das Band gesprochen hatte, fielen ihm wieder ein.

»Noch nicht«, flüsterte der Mann grimmig. »Es gibt immer noch Möglichkeiten.«

Er verließ die Steuerzentrale und schwebte in einen angrenzenden Raum. Automaten hatten dort bereits vor einigen Stunden damit begonnen, die Umgebung zu erfassen und zu analysieren.

»Sieben Planeten«, las Marsh die Ergebnisse auf den Schirmen ab. »Einer davon unter Umständen für menschliches Leben geeignet. Wir werden sehen.«

Wieder begab er sich in die Zentrale und programmierte einen Kurs, der ihn zum dritten Planeten des Zielsystems führen würde.

Dann suchte er die Kühlräume auf und weckte die anderen.

Mit der Ruhe eines Psychoanalytikers beobachtete Marsh die Reaktionen der einzelnen Besatzungsmitglieder; zu seinem Erstaunen blieben sie einigermaßen gefaßt.

»Schön«, meinte Arvid schließlich. »Zurück können wir also nicht. Es bleibt die Frage, ob dieser dritte Planet so beschaffen ist, daß wir auf ihm werden leben können.«

»Wir könnten auf fast jedem der Planeten überleben!« verkündete Marsh.

»Wie kommen wir überhaupt zu den Planeten?« wollte Elissa wissen. »Du sagtest doch, der Antrieb sei hoffnungslos zerstört.«

»Richtig«, erläuterte Marsh. »Aber wir haben nicht nur ein Antriebssystem. Diese Kugel, in der wir jetzt leben, hat die Bestimmung, einmal auf einer anderen Welt landen und wieder starten zu können. Wohlgemerkt – einmal.«

»Das bedeutet«, faßte Margalo zusammen, »daß wir uns genau überlegen müssen, wo wir landen.«

»Gepriesen sei deine Einsicht«, brummte Marsh. »Ich habe inzwischen einen Kurs programmiert, der zum dritten Planeten führt. Ich bitte um Abstimmung.«

Einstimmig befürwortete die Besatzung den Anflug des dritten Planeten.

Während sich das Schiff mit nahezu lächerlich geringem Tempo der Bahn des dritten Planeten näherte, war die gesamte astronomische Abteilung fieberhaft an der Arbeit. Mit optischen und radio-astronomischen Geräten wurde das System gründlich durchforscht, vermessen und katalogisiert.

»Wir könnten wieder einmal Glück haben«, summierte Darren Sewell, der Chefastronom, die Ergebnisse seiner Untersuchungen. »Der dritte Planet, für den wir noch keinen Namen haben, hat eine Umlaufbahn, die – auf irdische Verhältnisse übertragen – ungefähr zwischen Erde und Venus liegen würde.«

»Mit anderen Worten«, sagte Marsh mit beträchtlicher Erleichterung, »dort ist Leben nach irdischen Vorstellungen möglich.«

»Es wird allerdings nicht ganz einfach«, bemerkte Darren einschränkend. »Der Planet besitzt eine Sauerstoffatmosphäre. Durchschnittstemperatur 29 Grad Celsius. Und entsprechend wenig Wasser. Der Planet ist praktisch eine einzige Wüste.«

Marsh wandte sich wieder seinen Apparaturen zu und ließ das Schiff weiter absacken, bis der Rest der NEW FRONTIER einen Orbit von etwa neunzig Kilometern erreicht hatte.

»Wie steht es mit Leben?« wollte Margalo wissen. »Habt ihr irgend etwas finden können?«

Viveca nickte bedächtig; die Biologin hatte sich schon mit dieser Frage beschäftigt. »Mit entsprechenden Filtern konnten wir Zonen ausmachen, in denen es Pflanzen gibt. Das Chlorophyll ist deutlich zu erkennen. Sehr groß sind diese Gebiete allerdings nicht. Tierisches Leben ist nicht auszuschließen.«

»Alles in allem doch recht positiv!« sagte Marsh nachdenklich. »Sollen wir landen?«

Jedes Crew-Mitglied wußte, daß es nur eine Landung gab; das Schiff konnte zwar noch einmal gestartet werden, aber für eine zweite Landung gab es keinen Treibstoff mehr. Die Menschen in der Zentrale schwiegen beklommen und sahen sich ratlos an.

»Also landen wir«, faßte Garfield das Schweigen als Zustimmung auf. »Hat jemand einen Vorschlag, wo wir niedergehen sollen?«

»Hier«, sagte Viveca und deutete auf eine Stelle der aus Fotografien zusammengebastelten, primitiven Oberflächenkarte des Planeten. »Dort ist die Konzentration des Chlorophylls besonders groß. Außerdem scheint es in dem Gebiet eine größere Wasseransammlung zu geben.«

Niemand widersprach dem Vorschlag.

»Kontakt mit der Atmosphäre!« meldete Arvid, der sorgsam seine Instrumente überwachte. »Außentemperatur steigt langsam an.«

Während Marsh konzentriert die Anzeige des Geschwindigkeitsmessers beobachtete, nahm er aus den Augenwinkeln heraus wahr, wie sich die Mitglieder der Crew anschnallten.

»Fünfundfünfzig Kilometer!«

Mit leichter Sorge dachte Marsh an den Glutkegel aus ionisierten Gasen, der sich an der Spitze des in die Tiefe rasenden Schiffes bildete; wenn der Eintauchwinkel nicht auf zwei Grad genau stimmte, würde die Glut auch an die Stellen des Schiffsleibes geraten, die nicht durch den ein Meter dicken Schild aus Hafniumkarbid geschützt wurden.

»Dreißig Kilometer!«

»Zwanzig!«

»Fünf Kilometer!«

»Achtung!« rief Marsh laut.

Er kannte das Phänomen, das sich gleich bemerkbar machen würde: Wie von einer Gummihaut prallte das Schiff von der zusammengepreßten Atmosphäre zurück, als der Fahrtüberschuß des Fahrzeugs aufgezehrt war; schlagartig wechselte der Andruck auf Null und nahm wenige Sekunden später einen geringen negativen Wert an.

»Fallschirme raus!« befahl Marsh trotz der aufsteigenden Übelkeit.

Arvid zog an einem Hebel. Ein leiser Ruck ging durch den Schiffskörper, als sich die Hauptschirme öffneten und das Schiff abfingen.

»Dreihundert Meter! Hundertfünfzig Meter!«

Als das Höhenradar fünfzig Meter anzeigte, zündete Marsh zum letzten Mal das große Triebwerk; der Feuerstrahl zehrte den letzten Rest des Falles auf.

»Kontakt!« schrie Arvid laut. Mit einem sanften Ruck setzte die NEW FRONTIER auf. Die Landung war geglückt.

7.

»Was wissen wir über diese Welt?«

Viveca Aylen faßte Marshs Frage als Aufforderung auf, die in den letzten Tagen gesammelten Forschungsergebnisse zusammenzufassen.

»Die Luft ist atembar«, stellte sie fest. »Wasser gibt es ebenfalls. Die Menge dürfte ausreichen, um mit den von der Erde mitgebrachten Samen und Keimlingen eine bescheidene Landwirtschaft aufzuziehen.«

»Gibt es Bakterien?« wollte Margalo wissen.

»Massenhaft!« antwortete Viveca. »Wir haben einen umfangreichen Katalog von Bodenbakterien, Keimen, Kokken, auch Viren und ähnlichen Mikroorganismen zusammenstellen können. Das Angebot ist fast so groß wie auf der Erde. Aber unsere Breitbandantibiotika sollten als Schutz gegen bakterielle Infektionen ausreichen.«