Выбрать главу

Hofmann

Er staunt! Ein Wunder ist's, was ihm geschieht.

Dame

Ihr ist kein Wunder, was sie vor sich sieht.

Hofmann

Mit Anstand kehrt sie sich zu ihm herum.

Dame

Ich merke schon, sie nimmt ihn in die Lehre;

In solchem Fall sind alle Männer dumm,

Er glaubt wohl auch, daß er der erste wäre.

Ritter

Laßt mir sie gelten! Majestätisch fein! —

Dame

Die Buhlerin! Das nenn' ich doch gemein!

Page

Ich möchte wohl an seiner Stelle sein!

hofmann

Wer würde nicht in solchem Netz gefangen?

Dame

Das Kleinod ist durch manche Hand gegangen,

Auch die Verguldung ziemlich abgebraucht.

andre

Vom zehnten Jahr an hat sie nichts getaugt.

Ritter

Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste;

Ich hielte mich an diese schönen Reste.

Gelahrter

Ich seh' sie deutlich, doch gesteh' ich frei:

Zu zweiflen ist, ob sie die rechte sei.

Die Gegenwart verführt ins übertriebne,

Ich halte mich vor allem ans Geschriebne.

Da les' ich denn, sie habe wirklich allen

Graubärten Trojas sonderlich gefallen;

Und wie mich dünkt, vollkommen paßt das hier:

Ich bin nicht jung, und doch gefällt sie mir.

Astrolog

Nicht Knabe mehr! Ein kühner Heldenmann,

Umfaßt er sie, die kaum sich wehren kann.

Gestärkten Arms hebt er sie hoch empor,

Entführt er sie wohl gar? +

Faust

Verwegner Tor!

Du wagst! Du hörst nicht! halt! das ist zu viel!

Mephistopheles

Machst du's doch selbst, das Fratzengeisterspiel!

Astrolog

Nur noch ein Wort! Nach allem, was geschah,

Nenn' ich das Stück den Raub der Helena.

Faust

Was Raub! Bin ich für nichts an dieser Stelle!

Ist dieser Schlüssel nicht in meiner Hand!

Er führte mich, durch Graus und Wog' und Welle

Der Einsamkeiten, her zum festen Strand.

Hier fass' ich Fuß! Hier sind es Wirklichkeiten,

Von hier aus darf der Geist mit Geistern streiten,

Das Doppelreich, das große, sich bereiten.

So fern sie war, wie kann sie näher sein!

Ich rette sie, und sie ist doppelt mein.

Gewagt! Ihr Mütter! Mütter! müßt's gewähren!

Wer sie erkannt, der darf sie nicht entbehren.

Astrolog

Was tust du, Fauste! Fauste! — Mit Gewalt

Faßt er sie an, schon trübt sich die Gestalt.

Den Schlüssel kehrt er nach dem Jüngling zu,

Berührt ihn! — Weh uns, Wehe! Nu! im Nu!

Mephistopheles

Da habt ihr's nun! mit Narren sich beladen,

Das kommt zuletzt dem Teufel selbst zu Schaden.

2. AKT

HOCHGEWÖLBTES ENGES GOTISCHES ZIMMER

Mephistopheles

Hier lieg, Unseliger! verführt

Zu schwergelöstem Liebesbande!

Wen Helena paralysiert,

Der kommt so leicht nicht zu Verstande.

Blick' ich hinauf, hierher, hinüber,

Allunverändert ist es, unversehrt;

Die bunten Scheiben sind, so dünkt mich, trüber,

Die Spinneweben haben sich vermehrt;

Die Tinte starrt, vergilbt ist das Papier;

Doch alles ist am Platz geblieben;

Sogar die Feder liegt noch hier,

Mit welcher Faust dem Teufel sich verschrieben.

Ja! tiefer in dem Rohre stockt

Ein Tröpflein Blut, wie ich's ihm abgelockt.

Zu einem solchen einzigen Stück

Wünscht' ich dem größten Sammler Glück.

Auch hängt der alte Pelz am alten Haken,

Erinnert mich an jene Schnaken,

Wie ich den Knaben einst belehrt,

Woran er noch vielleicht als Jüngling zehrt.

Es kommt mir wahrlich das Gelüsten,

Rauchwarme Hülle, dir vereint

Mich als Dozent noch einmal zu erbrüsten,

Wie man so völlig recht zu haben meint.

Gelehrte wissen's zu erlangen,

Dem Teufel ist es längst vergangen.

Chor der Insekten

Willkommen! willkommen,

Du alter Patron!

Wir schweben und summen

Und kennen dich schon.

Nur einzeln im stillen

Du hast uns gepflanzt;

Zu Tausenden kommen wir,

Vater, getanzt.

Der Schalk in dem Busen

Verbirgt sich so sehr,

Vom Pelze die Läuschen

Enthüllen sich eh'r.

Mephistopheles

Wie überraschend mich die junge Schöpfung freut!

Man säe nur, man erntet mit der Zeit.

Ich schüttle noch einmal den alten Flaus,

Noch eines flattert hier und dort hinaus. —

Hinauf! umher! in hunderttausend Ecken

Eilt euch, ihr Liebchen, zu verstecken.

Dort, wo die alten Schachteln stehn,

Hier im bebräunten Pergamen,

In staubigen Scherben alter Töpfe,

Dem Hohlaug' jener Totenköpfe.

In solchem Wust und Moderleben

Muß es für ewig Grillen geben.

Komm, decke mir die Schultern noch einmal!

Heut bin ich wieder Prinzipal.

Doch hilft es nichts, mich so zu nennen;

Wo sind die Leute, die mich anerkennen?

Famulus

Welch ein Tönen! welch ein Schauer!

Treppe schwankt, es bebt die Mauer;

Durch der Fenster buntes Zittern

Seh' ich wetterleuchtend Wittern.

Springt das Estrich, und von oben

Rieselt Kalk und Schutt verschoben.

Und die Türe, fest verriegelt,

Ist durch Wunderkraft entsiegelt. —

Dort! Wie fürchterlich! Ein Riese

Steht in Faustens altem Vliese!

Seinen Blicken, seinem Winken

Möcht' ich in die Kniee sinken.

Soll ich fliehen? Soll ich stehn?

Ach, wie wird es mir ergehn!

Mephistopheles

Heran, mein Freund! — Ihr heißet Nikodemus.

Famulus

Hochwürdiger Herr! so ist mein Nam' — Oremus.

Mephistopheles

Das lassen wir!

Famulus

Wie froh, daß Ihr mich kennt!

Mephistopheles

Ich weiß es wohl, bejahrt und noch Student,

Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann

Studiert so fort, weil er nicht anders kann.

So baut man sich ein mäßig Kartenhaus,

Der größte Geist baut's doch nicht völlig aus.

Doch Euer Meister, das ist ein Beschlagner:

Wer kennt ihn nicht, den edlen Doktor Wagner,

Den Ersten jetzt in der gelehrten Welt!

Er ist's allein, der sie zusammenhält,

Der Weisheit täglicher Vermehrer.

Allwißbegierige Horcher, Hörer

Versammeln sich um ihn zuhauf.

Er leuchtet einzig vom Katheder;

Die Schlüssel übt er wie Sankt Peter,

Das Untre so das Obre schließt er auf.

Wie er vor allen glüht und funkelt,

Kein Ruf, kein Ruhm hält weiter stand;

Selbst Faustus' Name wird verdunkelt,

Er ist es, der allein erfand.

Famulus

Verzeiht, hochwürdiger Herr! wenn ich Euch sage,