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Mephistopheles

Original, fahr hin in deiner Pracht! —

Wie würde dich die Einsicht kränken:

Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken,

Das nicht die Vorwelt schon gedacht? —

Doch sind wir auch mit diesem nicht gefährdet,

In wenig Jahren wird es anders sein:

Wenn sich der Most auch ganz absurd gebärdet,

Es gibt zuletzt doch noch e' Wein.

[Ihr bleibt bei meinem Worte kalt,

[Euch guten Kindern laß ich's gehen;

Bedenkt: der Teufel, der ist alt,

So werdet alt, ihn zu verstehen!

LABORATORIUM

Wagner

Die Glocke tönt, die fürchterliche,

Durchschauert die berußten Mauern.

Nicht länger kann das Ungewisse

Der ernstesten Erwartung dauern.

Schon hellen sich die Finsternisse;

Schon in der innersten Phiole

Erglüht es wie lebendige Kohle,

Ja wie der herrlichste Karfunkel,

Verstrahlend Blitze durch das Dunkel.

Ein helles weißes Licht erscheint!

O daß ich's diesmal nicht verliere! —

Ach Gott! was rasselt an der Türe?

Mephistopheles

Willkommen! es ist gut gemeint.

Wagner

Willkommen zu dem Stern der Stunde!

Doch haltet Wort und Atem fest im Munde,

Ein herrlich Werk ist gleich zustand gebracht.

Mephistopheles

Was gibt es denn?

Wagner

Es wird ein Mensch gemacht.

Mephistopheles

Ein Mensch? Und welch verliebtes Paar

Habt ihr ins Rauchloch eingeschlossen?

Wagner

Behüte Gott! wie sonst das Zeugen Mode war,

Erklären wir für eitel Possen.

Der zarte Punkt, aus dem das Leben sprang,

Die holde Kraft, die aus dem Innern drang

Und nahm und gab, bestimmt sich selbst zu zeichnen,

Erst Nächstes, dann sich Fremdes anzueignen,

Die ist von ihrer Würde nun entsetzt;

Wenn sich das Tier noch weiter dran ergetzt,

So muß der Mensch mit seinen großen Gaben

Doch künftig höhern, höhern Ursprung haben.

Es leuchtet! seht! — Nun läßt sich wirklich hoffen,

Daß, wenn wir aus viel hundert Stoffen

Durch Mischung — denn auf Mischung kommt es an —

Den Menschenstoff gemächlich komponieren,

In einen Kolben verlutieren

Und ihn gehörig kohobieren,

So ist das Werk im stillen abgetan.

Es wird! die Masse regt sich klarer!

Die überzeugung wahrer, wahrer:

Was man an der Natur Geheimnisvolles pries,

Das wagen wir verständig zu probieren,

Und was sie sonst organisieren ließ,

Das lassen wir kristallisieren.

Mephistopheles

Wer lange lebt, hat viel erfahren,

[Nichts Neues kann für ihn auf dieser Welt geschehn.

Ich habe schon in meinen Wanderjahren

Kristallisiertes Menschenvolk gesehn.

Wagner

Es steigt, es blitzt, es häuft sich an,

Im Augenblick ist es getan.

Ein großer Vorsatz scheint im Anfang toll;

Doch wollen wir des Zufalls künftig lachen,

Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,

Wird künftig auch ein Denker machen.

Das Glas erklingt von lieblicher Gewalt,

Es trübt, es klärt sich; also muß es werden!

Ich seh' in zierlicher Gestalt

Ein artig Männlein sich gebärden.

Was wollen wir, was will die Welt nun mehr?

Denn das Geheimnis liegt am Tage.

Gebt diesem Laute nur Gehör,

Er wird zur Stimme, wird zur Sprache.

Homunculus

Nun Väterchen! wie steht's? es war kein Scherz.

Komm, drücke mich recht zärtlich an dein Herz!

Doch nicht zu fest, damit das Glas nicht springe.

Das ist die Eigenschaft der Dinge:

Natürlichem genügt das Weltall kaum,

Was künstlich ist, verlangt geschloßnen Raum.

Du aber, Schalk, Herr Vetter, bist du hier

Im rechten Augenblick? ich danke dir.

Ein gut Geschick führt dich zu uns herein;

Dieweil ich bin, muß ich auch tätig sein.

Ich möchte mich sogleich zur Arbeit schürzen.

Du bist gewandt, die Wege mir zu kürzen.

Wagner

Nur noch ein Wort! Bisher mußt' ich mich schämen,

Denn alt und jung bestürmt mich mit Problemen.

Zum Beispiel nur: noch niemand konnt' es fassen,

Wie Seel' und Leib so schön zusammenpassen,

So fest sich halten, als um nie zu scheiden,

Und doch den Tag sich immerfort verleiden.

Sodann —

Mephistopheles

Halt ein! ich wollte lieber fragen:

Warum sich Mann und Frau so schlecht vertragen?

Du kommst, mein Freund, hierüber nie ins reine.

Hier gibt's zu tun, das eben will der Kleine.

Homunculus

Was gibt's zu tun?

Mephistopheles

Hier zeige deine Gabe!

Wagner

Fürwahr, du bist ein allerliebster Knabe!

Homunculus

Bedeutend! —

Schön umgeben! — Klar Gewässer

Im dichten Haine! Fraun, die sich entkleiden,

Die allerliebsten! — Das wird immer besser.

Doch eine läßt sich glänzend unterscheiden,

Aus höchstem Helden-, wohl aus Götterstamme.

Sie setzt den Fuß in das durchsichtige Helle;

Des edlen Körpers holde Lebensflamme

Kühlt sich im schmiegsamen Kristall der Welle. —

Doch welch Getöse rasch bewegter Flügel,

Welch Sausen, Plätschern wühlt im glatten Spiegel?

Die Mädchen fliehn verschüchtert; doch allein

Die Königin, sie blickt gelassen drein

Und sieht mit stolzem weiblichem Vergnügen

Der Schwäne Fürsten ihrem Knie sich schmiegen,

Zudringlich-zahm. Er scheint sich zu gewöhnen. —

Auf einmal aber steigt ein Dunst empor

Und deckt mit dichtgewebtem Flor

Die lieblichste von allen Szenen.

Mephistopheles

Was du nicht alles zu erzählen hast!

So klein du bist, so groß bist du Phantast.

Ich sehe nichts —

Homunculus

Das glaub' ich. Du aus Norden,

Im Nebelalter jung geworden,

Im Wust von Rittertum und Pfäfferei,

Wo wäre da dein Auge frei!

Im Düstern bist du nur zu Hause.

Verbräunt Gestein, bemodert, widrig,

Spitzbögig, schnörkelhaftest, niedrig! —

Erwacht uns dieser, gibt es neue Not,

Er bleibt gleich auf der Stelle tot.

Waldquellen, Schwäne, nackte Schönen,

Das war sein ahnungsvoller Traum;

Wie wollt' er sich hierher gewöhnen!

Ich, der Bequemste, duld' es kaum.

Nun fort mit ihm!

Mephistopheles

Der Ausweg soll mich freuen.

Homunculus

Befiehl den Krieger in die Schlacht,

Das Mädchen führe du zum Reihen,

So ist gleich alles abgemacht.

Jetzt eben, wie ich schnell bedacht,

Ist klassische Walpurgisnacht;

Das Beste, was begegnen könnte.

Bringt ihn zu seinem Elemente!

Mephistopheles

Dergleichen hab' ich nie vernommen.

Homunculus

Wie wollt' es auch zu euren Ohren kommen?

Romantische Gespenster kennt ihr nur allein;

Ein echt Gespenst, auch klassisch hat's zu sein.