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Thales

Wir haben nichts durch siesen Schritt gewonnen,

Trifft man auch Proteus, gleich ist er zerronnen;

Und steht er euch, so sagt er nur zuletzt,

Was staunen macht und in Verwirrung setzt.

Du bist einmal bedürftig solchen Rats,

Versuchen wir's und wandlen unsres Pfads!

Sirenen

Was sehen wir von weiten

Das Wellenreich durchgleiten?

Als wie nach Windes Regel

Anzögen weiße Segel,

So hell sind sie zu schauen,

Verklärte Meeresfrauen.

Laßt uns herunterklimmen,

Vernehmt ihr doch die Stimmen.

Nereiden und Tritonen

Was wir auf Händen tragen,

Soll allen euch behagen.

Chelonens Riesenschilde

Entglänzt ein streng Gebilde:

Sind Götter, die wir bringen;

Müßt hohe Lieder singen.

Sirenen

Klein von Gestalt,

Groß von Gewalt,

Der Scheiternden Retter,

Uralt verehrte Götter.

Nereiden und Tritonen

Wir bringen die Kabiren,

Ein friedlich Fest zu führen;

Denn wo sie heilig walten,

Neptun wird freundlich schalten.

Sirenen

Wir stehen euch nach;

Wenn ein Schiff zerbrach,

Unwiderstehbar an Kraft

Schützt ihr die Mannschaft.

Nereiden und Tritonen

Drei haben wir mitgenommen,

Der vierte wollte nicht kommen;

Er sagte, er sei der Rechte,

Der für sie alle dächte.

Sirenen

Ein Gott den andern Gott

Macht wohl zu Spott.

Ehrt ihr alle Gnaden,

Fürchtet jeden Schaden.

Nereiden und Tritonen

Sind eigentlich ihrer sieben.

Wo sind die drei geblieben?

Nereiden und Tritonen

Wir wüßten's nicht zu sagen,

Sind im Olymp zu erfragen;

Dort west auch wohl der achte,

An den noch niemand dachte!

In Gnaden uns gewärtig,

Doch alle noch nicht fertig.

Diese Unvergleichlichen

Wollen immer weiter,

Sehnsuchtsvolle Hungerleider

Nach dem Unerreichlichen.

Sirenen

Wir sind gewohnt,

Wo es auch thront,

In Sonn' und Mond

Hinzubeten; es lohnt.

Nereiden und Tritonen

Wie unser Ruhm zum höchsten prangt,

Dieses Fest anzuführen!

Sirenen

Die Helden des Altertums

Ermangeln des Ruhms,

Wo und wie er auch prangt,

Wenn sie das goldne Vlies erlangt,

Ihr die Kabiren.

Wenn sie das goldne Vlies erlangt,

Wir die Kabiren.

Ihr

Homunculus

Die Ungestalten seh' ich an

Als irden-schlechte Töpfe,

Nun stoßen sich die Weisen dran

Und brechen harte Köpfe.

Thales

Das ist es ja, was man begehrt:

Der rost macht erst die Münze wert.

Proteus

So etwas freut mich alten Fabler!

Je wunderlicher, desto respektabler.

Thales

Wo bist du, Proteus?

Proteus

Hier! und hier!

Thales

Den alten Scherz verzeih' ich dir;

Doch einem Freund nicht eitle Worte!

Ich weiß, du sprichst vom falschen Orte.

Proteus

Leb' wohl!

Thales

Er ist ganz nah. Nun leuchte frisch!

Er ist neugierig wie ein Fisch;

Und wo er auch gestaltet stockt,

Durch Flammen wird er hergelockt.

Homunculus

Ergieß'ich gleich des Lichtes Menge,

Bescheiden doch, daß ich das Glas nicht sprenge.

Proteus

Was leuchtet so anmutig schön?

Thales

Gut! Wenn du Lust hast, kannst du's näher sehn.

Die kleine Mühe laß dich nicht verdrießen

Und zeige dich auf menschlich beiden Füßen.

Mit unsern Gunsten sei's, mit unserm Willen,

Wer schauen will, was wir verhüllen.

Proteus

Weltweise Kniffe sind dir noch bewußt.

Thales

Gestalt zu wechseln, bleibt noch deine Lust.

Proteus

Ein leuchtend Zwerglein! Niemals noch gesehn!

Thales

Es fragt um Rat und möchte gern entstehn.

Er ist, wie ich von ihm vernommen,

Gar wundersam nur halb zur Welt gekommen.

Ihm fehlt es nicht an geistigen Eigenschaften,

Doch gar zu sehr am greiflich Tüchtighaften.

Bis jetzt gibt ihm das Glas allein Gewicht,

Doch wär' er gern zunächst verkörperlicht.

Proteus

Du bist ein wahrer Jungfernsohn,

Eh' du sein solltest, bist du schon!

Thales

Auch scheint es mir von andrer Seite kritisch:

Er ist, mich dünkt, hermaphroditisch.

Proteus

Da muß es desto eher glücken;

So wie er anlangt, wird sich's schicken.

Doch gilt es hier nicht viel Besinnen:

Im weiten Meere mußt du anbeginnen!

Da fängt man erst im kleinen an

Und freut sich, Kleinste zu verschlingen,

Man wächst so nach und nach heran

Und bildet sich zu höherem Vollbringen.

Homunculus

Hier weht gar eine weiche Luft,

Es grunelt so, und mir behagt der Duft!

Proteus

Das glaub' ich, allerliebster Junge!

Und weiter hin wird's viel behäglicher,

Auf dieser schmalen Strandeszunge

Der Dunstkreis noch unsäglicher;

Da vorne sehen wir den Zug,

Der eben herschwebt, nah genug.

Kommt mit dahin!

Thales

Ich gehe mit.

Homunculus

Dreifach merkwürd'ger Geisterschritt!

Chor

Wir haben den Dreizack Neptunen geschmiedet,

Womit er die regesten Wellen begütet.

Entfaltet der Donnrer die Wolken, die vollen,

Entgegnet Neptunus dem greulichen Rollen;

Und wie auch von oben es zackig erblitzt,

Wird Woge nach Woge von unten gespritzt;

Und was auch dazwischen in ängsten gerungen,

Wird, lange geschleudert, vom Tiefsten verschlungen;

Weshalb er uns heute den Zepter gereicht —

Nun schweben wir festlich, beruhigt und leicht.

Sirenen

Euch, dem Helios Geweihten,

Heitern Tags Gebenedeiten,

Gruß zur Stunde, die bewegt

Lunas Hochverehrung regt!

Telchinen

Allieblichste Göttin am Bogen da droben!

Du hörst mit Entzücken den Bruder beloben.

Der seligen Rhodus verleihst du ein Ohr,

Dort steigt ihm ein ewiger Päan hervor.

Beginnt er den Tagslauf und ist es getan,

Er blickt uns mit feurigem Strahlenblick an.

Die Berge, die Städte, die Ufer, die Welle

Gefallen dem Gotte, sind lieblich und helle.

Kein Nebel umschwebt uns, und schleicht er sich ein,

Ein Strahl und ein Lüftchen, die Insel ist rein!

Da schaut sich der Hohe in hundert Gebilden,

Als Jüngling, als Riesen, den großen, den milden.