Выбрать главу

Phorkyas

Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind's.

Helena

Ist einer Herr? sind's Räuber viel, verbündete?

Phorkyas

Nicht Räuber sind es, einer aber ist der Herr.

Ich schelt' ihn nicht, und wenn er schon mich heimgesucht.

Wohl konnt' er alles nehmen, doch begnügt' er sich

Mit wenigen Freigeschenken, nannt' er's, nicht Tribut.

Helena

Wie sieht er aus?

Phorkyas

Nicht übel! mir gefällt er schon.

Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,

Wie unter Griechen wenig', ein verständ'ger Mann.

Man schilt das Volk Barbaren, doch ich dächte nicht,

Daß grausam einer wäre, wie vor Ilios

Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies.

Ich acht' auf seine Großheit, ihm vertraut' ich mich.

Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn!

Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk,

Das eure Väter, mir nichts dir nichts, aufgewälzt,

Zyklopisch wie Zyklopen, rohen Stein sogleich

Auf rohe Steine stürzend; dort hingegen, dort

Ist alles senk — und waagerecht und regelhaft.

Von außen schaut sie! himmelan sie strebt empor,

So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl.

Zu klettern hier — ja selbst der Gedanke gleitet ab.

Und innen großer Höfe Raumgelasse, rings

Mit Baulichkeit umgeben, aller Art und Zweck.

Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen,

Altane, Galerien, zu schauen aus und ein,

Und Wappen.

Chor

Was sind Wappen?

Phorkyas

Ajax führte ja

Geschlungene Schlang' im Schilde, wie ihr selbst gesehn.

Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerein

Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll.

Da sah man Mond und Stern' am nächtigen Himmelsraum,

Auch Göttin, Held und Leiter, Schwerter, Fackeln auch,

Und was Bedrängliches guten Städten grimmig droht.

Ein solch Gebilde führt auch unsre Heldenschar

Von seinen Ur-Urahnen her in Farbenglanz.

Da seht ihr Löwen, Adler, Klau' und Schnabel auch,

Dann Büffelhörner, Flügel, Rosen, Pfauenschweif,

Auch Streifen, gold und schwarz und silbern, blau und rot.

Dergleichen hängt in Sälen Reih' an Reihe fort.

In Sälen, grenzenlosen, wie die Welt so weit;

Da könnt ihr tanzen!

Chor

Sage, gibt's auch Tänzer da?

Phorkyas

Die besten! goldgelockte, frische Bubenschar.

Die duften Jugend! Paris duftete einzig so,

Als er der Königin zu nahe kam.

Helena

Du fällst

Ganz aus der Rolle; sage mir das letzte Wort!

Phorkyas

Du sprichst das letzte, sagst mit Ernst vernehmlich Ja!

Sogleich umgeb' ich dich mit jener Burg.

Chor

O sprich

Das kurze Wort und rette dich und uns zugleich!

Helena

Wie? sollt' ich fürchten, daß der König Menelas

So grausam sich verginge, mich zu schädigen?

Phorkyas

Hast du vergessen, wie er deinen Deiphobus,

Des totgekämpften — paris Bruder, unerhört

Verstümmelte, der starrsinnig Witwe dich erstritt

Und glücklich kebste? Nas' und Ohren schnitt er ab

Und stümmelte mehr so: Greuel war es anzuschaun.

Helena

Das tat er jenem, meinetwegen tat er das.

Phorkyas

Um jenes willen wird er dir das gleiche tun.

Unteilbar ist die Schönheit; der sie ganz besaß,

Zerstört sie lieber, fluchend jedem Teilbesitz.

Wie scharf der Trompete Schmettern Ohr und Eingeweid'

Zerreißend anfaßt, also krallt sich Eifersucht

Im Busen fest des Mannes, der das nie vergißt,

Was einst er besaß und nun verlor, nicht mehr besitzt.

Chor

Hörst du nicht die Hörner schallen? siehst der Waffen Blitze nicht?

Phorkyas

Sei willkommen, Herr und König, gerne geb' ich Rechenschaft.

Chor

Aber wir?

Phorkyas

Ihr wißt es deutlich, seht vor Augen ihren Tod,

Merkt den eurigen da drinne: nein, zu helfen ist euch nicht.

Helena

Ich sann mir aus das Nächste, was ich wagen darf.

Ein Widerdämon bist du, das empfind' ich wohl

Und fürchte, Gutes wendest du zum Bösen um.

Vor allem aber folgen will ich dir zur Burg;

Das andre weiß ich; was die Königin dabei

Im tiefen Busen geheimnisvoll verbergen mag,

Sei jedem unzugänglich. Alte, geh voran!

Chor

O wie gern gehen wir hin,

Eilenden Fußes;

Hinter uns Tod,

Vor uns abermals

Ragender Feste

Unzugängliche Mauer.

Schütze sie ebenso gut,

Eben wie Ilios' Burg,

Die doch endlich nur

Niederträchtiger List erlag.

Wie? aber wie?

Schwestern, schaut euch um!

Was es nicht heiterer Tag?

Nebel schwanken streifig empor

Aus Eurotas' heil'ger Flut;

Schon entschwand das liebliche

Schilfumkränzte Gestade dem Blick;

Auch die frei, zierlich-stolz

Sanfthingleitenden Schwäne

In gesell'ger Schwimmlust

Seh' ich, ach, nicht mehr!

Doch, aber doch

Tönen hör' ich sie,

Tönen fern heiseren Ton!

Tod verkündenden, sagen sie.

Ach daß uns er nur nicht auch,

Statt verheißener Rettung Heil,

Untergang verkünde zuletzt;

Uns, den Schwangleichen, Lang —

Schön-Weißhalsigen,/ und ach!

Unsrer Schwanerzeugten.

Weh uns, weh, weh!

Alles deckte sich schon

Rings mit Nebel umher.

Sehen wir doch einander nicht!

Was geschieht? gehen wir?

Schweben wir nur

Trippelnden Schrittes am Boden hin?

Siehst du nichts? Schwebt nicht etwa gar

Hermes voran? Blinkt nicht der goldne Stab

Heischend, gebietend uns wieder zurück

Zu dem unerfreulichen, grautagenden,

Ungreifbarer Gebilde vollen,

überfüllten, ewig leeren Hades?

Ja auf einmal wird es düster, ohne Glanz entschwebt der Nebel

Dunkelgräulich, mauerbräunlich. Mauern stellen sich dem Blicke,

Freiem Blicke starr entgegen. Ist's ein Hof? ist's tiefe Grube?

Schauerlich in jedem Falle! Schwestern, ach! wir sind gefangen,

So gefangen wie nur je.

INNERER BURGHOF

Chorführerin

Vorschnell und töricht, echt wahrhaftes Weibsgebild!

Vom Augenblick abhängig, Spiel der Witterung,

Des Glücks und Unglücks! Keins von beiden wißt ihr je

Zu bestehn mit Gleichmut. Eine widerspricht ja stets

Der andern heftig, überquer die andern ihr;

In Freud' und Schmerz nur heult und lacht ihr gleichen Tons.

Nun schweigt! und wartet horchend, was die Herrscherin

Hochsinnig hier beschließen mag für sich und uns.

Helena

Wo bist du, Pythonissa? heiße, wie du magst;

Aus diesen Gewölben tritt hervor der düstern Burg.

Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn

Mich anzukündigen, Wohlempfang bereitend mir,

So habe Dank und führe schnell mich ein zu ihm;

Beschluß der Irrfahrt wünsch' ich. Ruhe wünsch' ich nur.