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«Ich weiß gar nichts. Und wenn ich etwas wüßte, würde ich es Ihnen nicht sagen.»

«Wir sind uns beide darüber klar, daß Sie lügen. «Bolitho spürte, wie ihm der Schweiß über Brust und Rücken lief. Das Hemd klebte ihm auf der Haut, als er fortfuhr:»Lequiller verließ die Gironde mit ganz bestimmten Befehlen. Er führte den ersten Teil dieser Befehle bei Las Mercedes aus und als er die San Leandro kaperte. Nun möchte ich wissen: Wie lauten die übrigen Befehle. Nichts weiter.»

«Sie sind ein Narr!»

Bolitho hörte Inch nach Luft schnappen und sah, wie einer der Seesoldaten ärgerlich mit seiner Muskete hantierte.

Er ging auf die andere Seite des Achterdecks. Die Sonne brannte ihm auf die Schultern, er fühlte sich schwach, und ihm war übel nach dem Brandy auf leeren Magen, aber er zwang sich, langsam zu gehen, da er sich des Schweigens ringsum und der Zuschauer bewußt war.

«Mr. Tomlin, räumen Sie die Backbord-Laufbrücke!«Er brauchte die Stimme nicht zu heben, denn die betroffenen Männer traten von allein auf die Back zurück, als hätten sie Angst, das Schweigen zu brechen.

Ohne den Kopf zu wenden, fuhr Bolitho fort:»Nun, Kapitän Poulain, ich werde jetzt einen Ihrer Leute erschießen. Oder hinrichten, wenn Ihnen dieser Ausdruck genehmer ist. «Seine Stimme wurde härter.»Vielleicht erinnern Sie sich unserer Gefangenen, die auf dem Flaggschiff Ihres Admirals aufgehängt wurden. Das mag Ihnen helfen, eine Entscheidung zu fällen.»

Zwei Seesoldaten kamen die Backbord-Laufbrücke entlang, und ihre Waffenröcke glühten im strahlenden Sonnenlicht blutrot. Zwischen sich führten sie einen Mann in der Uniform eines französischen Steuermannsmaaten. Ihm waren die Augen verbunden und die Hände auf dem Rücken gefesselt.

Der Leutnant der Seesoldaten kam nach achtern und meldete förmlich:»Gefangener vorgeführt, Sir.»

«Sehr schön, Mr. Hicks. «Bolitho streckte die Hand aus.»Eine Pistole, bitte!»

Dann schritt er ruhig, die Pistole lose an der Seite, die Lauf brükke entlang, über die Zwölfpfünder hinweg und an den aufgereihten Booten vorbei. Auf halbem Wege drehte er sich um und schaute zur Gruppe auf dem Achterdeck zurück, doch wegen der unerträglichen Spannung, in der er sich befand, sah er sie nur verschwommen.»Nun, Kapitän Poulain?»

«Man wird Sie dafür eines Tages zur Rechenschaft ziehen!«Pou-lain wollte einen Schritt vorwärts machen, wurde aber von den Seesoldaten zurückgehalten.»Und Sie wollen Kapitän sein? Sie sind es nicht wert, daß Sie leben!»

Bolitho drehte sich schnell um, und während die Seesoldaten beiseite traten, hob er die Pistole und feuerte. Der scharfe Knall ließ mehr als einen Seemann vor Schreck aufschreien. Der Mann mit den verbundenen Augen fiel gegen die Netze zurück und sank dann schwer zu Boden. Seine Beine schlugen noch einmal kurz aus, dann lag er still.

Bolitho wandte sich wieder dem Achterdeck zu. Der Qualm aus der Mündung der Pistole trieb an ihm vorbei, als er den französischen Kapitän einige Sekunden lang beobachtete.

Poulains Stimme klang, als würde er erwürgt.»Frankreich wird das nicht vergessen. Sie sind ein Schlächter. Aber Sie können mich und alle meine Leute erschießen, es wird Ihnen nichts nützen!«Er kämpfte gegen den festen Griff der Seesoldaten.»Ich spucke auf Sie und Ihr Schiff!«Dann wandte er sich um, als zwei weitere Seesoldaten vorn auf der Laufbrücke erschienen.

Bolitho beobachtete sein plötzliches Entsetzen und sagte:»Nicht alle Ihre Leute, Kapitän, sonder nur Ihren Sohn!»

Er winkte Leutnant Hicks, als der junge Franzose, ebenfalls mit einer Binde vor den Augen, herangeführt wurde und die Gruppe bei der regungslos daliegenden Gestalt des anderen anhielt.

«Eine neue Pistole, Mr. Hicks!«Als sie ihm gereicht wurde, mußte er sie mit aller Kraft packen, damit sie nicht zitterte.

«Sie haben eine Minute Bedenkzeit. «Er hob die Pistole und visierte über den Lauf hinweg die Brust des französischen Leutants an, während das übrige Schiff und die reglos dastehenden Seeleute wie im Nebel vor ihm verschwanden. Sehr bedächtig spannte er den Hahn. Ein Seesoldat zuckte bei dem Geräusch zusammen, als wäre er getroffen worden.

«Halt!«Poulain schrie es in höchster Not.»Schießen Sie nicht! Haben Sie Mitleid, töten Sie nicht meinen Sohn!«Bolitho blieb, wo er war, senkte aber die Waffe etwas.»Ich warte, Kapitän!»

Poulain schrie:»Ich trage schriftliche Befehle bei mir. Sie sind in meinen Rock eingenäht.»

Bolitho schwankte und preßte den Arm gegen die Stirn. Dann hörte er Farquhars Stimme wie aus weiter Ferne:»Ich habe sie!»

Bolitho reichte Hicks die Pistole zurück und ging langsam zum Achterdeck.

«Vielen Dank, Kapitän. Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe. Aber wie Sie vorhin sagten: es ist Krieg. Nun werden Sie an Land gebracht und dem holländischen Gouverneur übergeben.»

Er sah zu, wie der französische Leutnant wieder nach unten gebracht wurde, und setzte kalt hinzu:»Wenn Sie das nächste Mal in Versuchung geraten, wehrlose Leute zu töten, erinnern Sie sich vielleicht der heutigen Lektion.»

Poulain sah ihn mit unverhülltem Haß an.»Sie sind ebenso ein Mörder wie ich.»

Bolitho antwortete erschöpft:»Nicht ganz, Kapitän. «Er machte eine Handbewegung zur Laufbrücke.»Sie können jetzt aufstehen, Allday, die Vorstellung ist beendet.»

Man hörte ein großes Aufatmen bei den Seeleuten, als der» Leichnam «sich zwischen den beiden grinsenden Seesoldaten aufrappelte.

«Wie Sie sehen, Kapitän, hat er keinen Schaden genommen. «Dann wandte er sich ab, weil er die Bestürzung und Scham auf Poulains Gesicht nicht mehr ertragen konnte.

Herrick trat unter der Hütte hervor und war mit drei Schritten an seiner Seite.»Das war knapp. «Er nahm Bolitho am Arm und führte ihn an den erleichtert grinsenden Seeleuten vorbei.»Ich habe nichts geahnt, und die anderen auch nicht.»

Bolitho hörte Gelächter und fröhliche Rufe hinter sich und dachte an das schwer gezeichnete Gesicht des anderen Kapitäns.»Es hat mir keinen Spaß gemacht, Thomas.»

Er hielt am Niedergang kurz an und schaute auf seine Hände. Er erwartete, daß sie heftig zitterten.

Herrick fragte:»Hätten Sie den Leutnant tatsächlich erschossen, wenn Poulain stumm geblieben wäre?«Er sah, wie die Gefangenen zu den wartenden Booten gebracht wurden.»Hätten Sie das tun können?»

Bolitho schaute über ihn hinweg.»Ich weiß es nicht, Thomas. «Er schüttelte den Kopf.»Bei Gott, ich weiß es nicht.»

XVII Einer für alle

Kommodore Pelham-Martin lag ganz ruhig in seiner Koje und blickte fest auf einen Punkt darüber, als Bolitho ihm erklärte, was er Poulains schriftlichen Befehlen entnommen hatte. Die Kammer war, wenn überhaupt möglich, noch heißer als vier Stunden zuvor, und Bolitho fragte sich, wie der Kommodore diese zusätzliche Belastung ertragen konnte.

Aber als er jetzt sprach, dachte er mehr an die anderen Kommandanten und ihre und seine Enttäuschung, als sie die kurz gefaßten Befehle des Franzosen gemeinsam immer wieder gelesen hatten. Kein Wunder, daß man Lequiller für diese Aufgabe ausgewählt hatte. Er war tatsächlich schlau wie ein Fuchs. In dem Schreiben war nichts von seinem endgültigen Ziel erwähnt, kein Hafen war genannt oder auch nur angedeutet. Poulain und der Kommandant des anderen beschädigten Schiffes sollten nur die allernotwendig-sten Reparaturen ausführen lassen und sich dann so schnell wie möglich wieder mit Admiral Lequillers Geschwader vereinen. Als Treffpunkt war eine Position einhundert Meilen nordwestlich von Kap Ortegal, der äußersten Spitze Spaniens, angegeben. Beim weiteren Studium des schriftlichen Befehls hatte Bolitho keinerlei Bestätigung seiner eigenen Einschätzung und Deutung von Lequil-lers geheimem Plan gefunden.

Wenn der französische Admiral beabsichtigte, einen spanischen Hafen anzulaufen und Perez bei einer dort organisierten Volkserhebung zu unterstützen, dann mußte gesichert sein, daß dieser Hafen dafür der geeignetste war, um den erforderlichen Widerhall bei der einheimischen Bevölkerung zu erzielen. Der Platz für das Treffen der Schiffe lag aber so weit weg von der Küste, daß von dort aus viele Häfen zur Auswahl standen, von La Coruna im Nordwesten bis Santander, nur knapp einhundert Meilen von der französischen Grenze entfernt.