Er verzog das Gesicht; der Gedanke an Gerstensuppe und die letzten Reste des gepökelten Rindes, das sie vor zwei Monaten gekauft hatten, war nicht sehr verlockend.
»Dann ist es ja gut, dass ich Glück hatte«, sagte er. Er schüttete seinen Jagdbeutel aus und ließ die drei Kaninchen in einem Haufen aus grauem Pelz und zerknickten Ohren auf den Tisch purzeln. »Und Schlehdornbeeren«, fügte er hinzu und kippte den Inhalt der braunen Mütze aus, deren Innenseite jetzt voll dunkelroter Saftflecken war.
Der Anblick ließ Jennys Augen leuchten. »Kaninchenpastete«, verkündete sie. »Wir haben zwar keine Johannisbeeren, aber deine Beeren sind noch besser, und es ist Gott sei Dank genug Butter da.« Sie erhaschte eine kaum merkliche Bewegung im grauen Pelz und hieb mit der Hand auf den Tisch, was den winzigen Eindringling zielsicher erledigte.
»Bring sie nach draußen und zieh ihnen das Fell ab, Jamie, sonst habe ich gleich überall Flöhe in der Küche.«
Als er mit den abgezogenen Kadavern zurückkehrte, war der Teig schon weit gediehen, und Jennys Kleid war voller Mehlspuren.
»Schneide sie klein, und brich die Knochen für mich auf, ja, Jamie?«, sagte sie, während sie den Blick stirnrunzelnd auf Mrs. McClintocks Koch- und Teigrezepte gerichtet hielt, das aufgeschlagen neben der Pastetenform auf dem Tisch lag.
»Du kannst die Pastete doch wohl backen, ohne in das Buch zu schauen?«, sagte er und holte gehorsam den großen hölzernen Knochenhammer aus der Truhe, wo er aufbewahrt wurde. Er verzog das Gesicht, als er danach griff und sein Gewicht spürte. Er erinnerte ihn sehr an den Hammer, der ihm vor einigen Jahren in einem englischen Gefängnis die Hand gebrochen hatte, und er sah plötzlich zersplitterte Kaninchenknochen vor sich, deren salziges Blut und süßliches Mark in die Pastetenfüllung rann.
»Aye, das kann ich«, antwortete seine Schwester geistesabwesend, während sie in dem Buch blätterte. »Aber wenn man nur die Hälfte der nötigen Zutaten für ein Gericht hat, findet man manchmal etwas anderes darin, das man stattdessen benutzen kann.« Sie blickte stirnrunzelnd auf die Seite, die sie vor sich hatte. »Normalerweise würde ich Rotwein für die Sauce benutzen, aber wir haben keinen im Haus, außer einem von Jareds Fässern im Priesterloch, und das möchte ich noch nicht anbrechen – vielleicht brauchen wir es noch.«
Sie brauchte ihm nicht zu sagen, wozu sie es vielleicht noch brauchen würde. Ein Fass Rotwein konnte den Weg für Ians Entlassung bahnen – oder zumindest Neuigkeiten über sein Wohlergehen erkaufen. Er warf einen verstohlenen Seitenblick auf Jennys großen Kugelbauch. Ein Mann konnte das zwar nicht beurteilen, doch in seinen nicht ganz unerfahrenen Augen sah es so aus, als sei der Tag der Geburt verdammt nah. Gedankenverloren streckte er die Hand nach dem Kessel aus und schwenkte seine Dolchklinge ein paarmal in der kochend heißen Flüssigkeit, dann zog er sie heraus und wischte sie ab.
»Warum in aller Welt hast du das gemacht, Jamie?« Als er sich umdrehte, sah er, dass Jenny ihn anstarrte. Ihre schwarzen Locken lösten sich aus ihrem Haarband, und es versetzte ihm einen Stich, ein einzelnes weißes Haar unter dem Ebenholz aufschimmern zu sehen.
»Oh«, sagte er viel zu übertrieben beiläufig, während er das erste Kaninchen ergriff. »Claire – sie hat mir gesagt, man soll eine Klinge in kochendem Wasser säubern, ehe man etwas Essbares damit berührt.«
Er sah weniger, als dass er spürte, wie sich Jennys Augenbrauen hoben. Sie hatte ihn nur ein einziges Mal nach Claire gefragt, als er aus Culloden heimgekehrt war, halb bewusstlos und beinahe tot vor Fieber.
»Sie ist fort«, hatte er gesagt und das Gesicht abgewandt. »Ich möchte ihren Namen nicht mehr hören.« Loyal wie immer hatte Jenny den Namen nicht mehr ausgesprochen, genauso wenig wie er. Er hätte nicht sagen können, was ihn heute bewog, es zu tun; es sei denn, es waren vielleicht die Träume.
Er träumte sie oft, auf unterschiedliche Weise, und immer verstörten sie ihn am nächsten Tag, als sei ihm Claire einen Moment lang tatsächlich so nah gewesen, dass er sie hätte berühren können, und hätte sich dann wieder zurückgezogen. Er hätte schwören können, dass er manchmal mit ihrem Geruch auf der Haut erwachte, ihrem kräftigen Moschus, gewürzt mit den scharfen grünen Düften von Blättern und grünen Kräutern. Mehr als einmal hatte er während dieser Träume seinen Samen vergossen, was ihn jedes Mal leise beschämte. Um sie beide abzulenken, deutete er auf Jennys Bauch.
»Wie lange noch?«, fragte er mit einem stirnrunzelnden Blick auf ihre unförmige Taille. »Du siehst aus wie ein Bovist – eine Berührung, und puff!« Zur Illustration spreizte er abrupt die Finger.
»Oh, aye? Nun, ich wünschte, es wäre nichts weiter als ein ›Puff‹.« Sie kippte das Becken und rieb sich das Kreuz, so dass sich ihr Bauch alarmierend vorwölbte. Er zwängte sich rücklings an die Wand, um ihr Platz zu machen. »Was das ›Wann‹ angeht, jederzeit, nehme ich an. Es lässt sich ja nicht mit Sicherheit sagen.« Sie nahm die Tasse und maß das Mehl ab; es war nur noch herzlich wenig im Sack, wie er nicht ohne Grimm feststellte.
»Schicke jemanden zur Höhle, wenn es anfängt«, sagte er plötzlich. »Ich komme zum Hof, Rotröcke oder nicht.«
Jenny hörte auf zu rühren und starrte ihn an.
»Du? Warum?«
»Nun ja, Ian ist nicht da«, stellte er fest und griff nach einem der abgehäuteten Kadaver. Mit der Erfahrung langer Übung drehte er einen Hinterlauf aus dem Gelenk und trennte ihn mit dem Messer vom Rückgrat ab. Drei rasche Schläge mit dem Holzhammer, und das helle Fleisch lag flach da, bereit für die Pastete.
»Eine schöne Hilfe wäre er mir, wenn er da wäre«, sagte Jenny. »Er hat seinen Beitrag vor neun Monaten geleistet.« Sie sah ihren Bruder mit gerümpfter Nase an und griff nach dem Tellerchen mit der Butter.
»Mmpfm.« Er setzte sich, um mit seiner Arbeit fortzufahren, und kam dadurch fast auf Augenhöhe mit ihrem Bauch. Der Inhalt bewegte sich hellwach und rege hin und her, so dass ihre Schürze beim Rühren zuckte und sich ausbeulte. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, die Hand leicht auf die monströse Wölbung zu legen, die überraschend kräftigen Stöße und Tritte des Insassen zu spüren, der seiner beengten Umgebung überdrüssig war.
»Schicke Fergus zu mir, wenn es so weit ist«, sagte er erneut.
Sie warf ihm einen ungeduldigen Blick zu und schob seine Hand mit dem Löffel beiseite. »Habe ich dir nicht gerade gesagt, dass ich dich nicht brauche? In Gottes Namen, Mann, habe ich denn nicht schon genug Sorgen mit einem Haus voller Menschen, für die ich kaum genug zu essen habe, Ian im Gefängnis in Inverness und den Rotröcken, die hier zum Fenster hereinkriechen, wann immer ich mich umsehe? Soll ich mich auch noch sorgen müssen, dass man dich erwischt?«
»Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen; ich passe schon auf.« Er sah sie nicht an, sondern konzentrierte sich auf das Vorderbein, das er gerade zertrennte.
»Nun denn, sei so gut und bleib auf dem Hügel.« Sie sah ihn über den Rand der Schüssel herablassend an. »Ich habe schon sechs Kinder zur Welt gebracht, aye? Meinst du nicht, inzwischen bekomme ich es hin?«
»Du lässt nicht mit dir reden, oder?«, wollte er wissen.
»Nein«, sagte sie prompt. »Dann bleibst du also da?«
»Ich werde kommen.«
Jenny kniff die Augen zusammen und warf ihm einen langen, ungerührten Blick zu.
»Du bist wirklich der größte Dickschädel von hier bis Aberdeen, wie?«
Ein Lächeln breitete sich über das Gesicht ihres Bruders, als er zu ihr aufblickte.
»Vielleicht«, sagte er. Er streckte die Hand aus und tätschelte ihren wogenden Bauch. »Vielleicht auch nicht. Aber ich komme. Schick mir Fergus, wenn es so weit ist.«
Es war kurz vor dem Morgengrauen drei Tage später, als Fergus den Hang zu der Höhle hinaufgekeucht kam. Weil er im Dunklen den Weg nicht fand, machte er solchen Lärm in den Ginsterbüschen, dass ihn Jamie kommen hörte, lange bevor er den Eingang erreichte.