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»Das war der Dunbonnet?«, sagte er. »Aber ich dachte …«

»Och, nein!«, beruhigte sie ihn. »Das war nicht der Dunbonnet – der Dunbonnet war nur auch so ein Mann, der aus Culloden flüchten konnte. Er ist auf seinen Hof zurückgekehrt, aber weil die Sassenachs überall in den Highlands auf Menschenjagd waren, hat er sich dort sieben Jahre in einer Höhle versteckt.«

Als Brianna das hörte, ließ sie sich mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung in ihrem Sessel zurücksinken. »Und seine Pachtbauern haben ihn den Dunbonnet genannt, um seinen Namen nicht auszusprechen und ihn nicht zu verraten«, murmelte sie.

»Du kennst die Geschichte?«, fragte Fiona erstaunt. »Aye, das stimmt.«

»Und hat deine Oma auch erzählt, was danach aus ihm geworden ist?«, fragte Roger weiter.

»Oh, aye!« Fionas Augen waren rund wie Toffeebonbons. »Das ist der beste Teil der Geschichte. Nach Culloden herrschte große Hungersnot; die Leute in den Tälern waren ohne Nahrung und wurden mitten im Winter aus ihren Häusern vertrieben, die Männer erschossen und die Katen in Brand gesetzt. Den Pächtern des Dunbonnet ging es zwar besser als den meisten, doch auch für sie kam der Tag, an dem das Essen knapp wurde und ihnen von morgens bis abends die Mägen geknurrt haben – kein Wild im Wald, kein Getreide auf dem Feld, und die Babys sind in den Armen ihrer Mütter gestorben, weil diese keine Milch für sie hatten.«

Ein kalter Schauder überlief mich bei diesen Worten. Ich sah die Gesichter der Bewohner von Lallybroch – der Menschen, die ich gekannt und geliebt hatte – vor Kälte und Hunger verzerrt. Es war nicht nur Grauen, das mich erfüllte, sondern auch ein Gefühl der Schuld. Ich war in Sicherheit gewesen, warm und satt, statt ihr Schicksal zu teilen – weil ich getan hatte, was Jamie wollte, und sie verlassen hatte. Mein Blick fiel auf Brianna, die den glatten Rotschopf fasziniert gesenkt hatte, und das Gefühl der Enge in meiner Brust ließ ein wenig nach. Auch sie war während jener vergangenen Jahre in Sicherheit gewesen, warm, satt und geliebt – weil ich getan hatte, was Jamie wollte.

»Also hat er einen kühnen Plan gefasst, der Dunbonnet«, fuhr Fiona jetzt fort. Ihr Gesicht leuchtete vor Dramatik. »Er hat dafür gesorgt, dass einer seiner Pächter zu den Engländern gegangen ist und ihnen angeboten hat, ihn zu verraten. Sie hatten ein anständiges Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, weil er ein großer Kämpfer im Dienst des Prinzen gewesen war. Der Pächter sollte die Belohnung entgegennehmen – natürlich für die Menschen auf dem Anwesen – und den Engländern sagen, wo sie den Dunbonnet ergreifen könnten.«

Bei diesen Worten verkrampfte sich meine Hand so unwillkürlich, dass der zierliche Griff meiner Teetasse einfach abbrach.

»Ergreifen?«, krächzte ich, denn meine Stimme war heiser vor Schreck. »Haben sie ihn gehängt?«

Fiona blinzelte mich überrascht an. »Nicht doch«, sagte sie. »Sie hatten es vor, hat meine Oma gesagt, und sie haben ihn auch des Hochverrats angeklagt, aber am Ende haben sie ihn stattdessen ins Gefängnis geworfen – doch das Gold ist an seine Pächter gegangen, so dass sie die Hungersnot überlebt haben«, schloss sie fröhlich, denn sie betrachtete das offenbar als Happy End.

»Großer Gott«, hauchte Roger. Vorsichtig stellte er seine Tasse hin und starrte gebannt ins Leere. »Ein Gefängnis.«

»Du hörst dich an, als wäre das gut«, protestierte Brianna. Vor lauter Bestürzung waren ihre Mundwinkel angespannt, und ihre Augen wurden ein wenig feucht.

»Das ist es auch«, sagte Roger, der ihre Verstörung nicht bemerkte. »Es gab nicht so viele Gefängnisse, wo die Engländer jakobitische Verräter eingesperrt haben, und sie haben alle offiziell Buch geführt. Begreifst du denn nicht?«, wollte er wissen. Er ließ den Blick von Fionas verwirrter Miene zu Briannas finsterem Gesicht schweifen und richtete ihn dann auf mich, in der Hoffnung, dass ich ihn verstand. »Wenn er ins Gefängnis gegangen ist, kann ich ihn finden.« Dann wandte er sich ab und hob den Blick zu den turmhohen Bücherregalen, die drei Wände des Studierzimmers säumten und die jakobitische Kuriositätensammlung des verstorbenen Reverends enthielten.

»Er ist irgendwo dort«, sagte Roger leise. »In einem Gefangenenverzeichnis. Auf einem Dokument – eine echte Spur! Begreifst du denn nicht?«, wiederholte er an mich gerichtet. »Der Weg ins Gefängnis hat ihn wieder zu einem Teil der offiziellen Geschichtsschreibung gemacht! Und irgendwo in diesen Büchern werden wir ihn finden!«

»Und erfahren, was danach aus ihm geworden ist«, hauchte Brianna. »Als er entlassen wurde.«

Rogers Lippen pressten sich fest aufeinander, um sich die Alternative zu verkneifen, die ihm genauso in den Sinn gekommen war wie mir. »Oder gestorben ist.«

»Ja, so ist es«, sagte er und nahm Briannas Hand. Seine Augen trafen die meinen, dunkelgrün und unergründlich. »Als er entlassen wurde.«

Auch eine Woche später ließ sich Roger in seinem festen Glauben an Dokumente nach wie vor nicht erschüttern. Die dünnen Beine des antiken Tischs im Studierzimmer des verstorbenen Reverend Wakefield dagegen bebten und ächzten alarmierend unter ihrer ungewohnten Last.

Von diesem Tisch verlangte man normalerweise nicht mehr, als dass er eine kleine Lampe und eine Auswahl kleinerer Sammlerstücke des Reverends trug; jetzt war er nur deshalb dienstverpflichtet worden, weil jede andere horizontale Oberfläche im Haus bereits überquoll mit Papieren, Tagebüchern, Büchern und dicken Briefumschlägen von historischen Gesellschaften, Universitäten und Bibliotheken in England, Schottland und Irland.

»Wenn du noch ein einziges Blatt auf dieses Möbelstück legst, wird es zusammenbrechen«, stellte Claire fest, als Roger achtlos die Hand ausstreckte, um seinen Ordner auf das mit Intarsien verzierte Tischchen zu werfen.

»Äh? Oh, das stimmt.« Noch in der Bewegung wechselte er die Richtung, sah sich vergeblich nach einem anderen Platz für den Ordner um und legte ihn schließlich zu seinen Füßen auf den Boden.

»Mit Wentworth bin ich so gut wie fertig«, sagte Claire. Sie zeigte mit dem Zeh auf einen krummen Stapel am Boden. »Haben wir die Register aus Berwick schon bekommen?«

»Ja, gerade heute Morgen. Aber wo habe ich sie nur hingelegt?« Roger ließ den Blick vage durch das Zimmer schweifen, das an die Plünderung der Bibliothek von Alexandria erinnerte, just bevor man die erste Fackel entzündete. Er rieb sich die Stirn und versuchte, sich zu konzentrieren. Nachdem er eine Woche lang täglich zehn Stunden damit verbracht hatte, die handgeschriebenen Register britischer Gefängnisse und die Briefe, Logbücher und Tagebücher ihrer Verwalter durchzublättern, um eine offizielle Spur von Jamie Fraser zu finden, fühlte sich Roger allmählich, als hätte man seine Augen mit Sandpapier traktiert.

»Der Umschlag war blau«, sagte er schließlich. »Ich weiß noch genau, dass er blau war. Ich habe die Papiere von MacAllister bekommen, der im Trinity in Cambridge Geschichte lehrt, und das Trinity College benutzt diese großen hellblauen Umschläge mit dem College-Wappen. Vielleicht hat Fiona ihn gesehen. Fiona!«

Er ging zur Tür des Studierzimmers und rief durch den Flur Richtung Küche. Trotz der späten Stunde brannte das Licht noch, und der stärkende Duft von Kakao und frisch gebackenem Mandelkuchen schwebte in der Luft. Niemals hätte Fiona ihren Posten verlassen, solange die geringste Möglichkeit bestand, dass jemand in ihrer Umgebung etwas Nahrhaftes benötigen könnte.

»Och, aye?« Fiona steckte den braunen Lockenkopf aus der Küche. »Es gibt gleich Kakao«, versicherte sie ihm. »Ich warte nur darauf, dass der Kuchen aus dem Ofen kommen kann.«

Roger lächelte sie voll tiefster Zuneigung an. Fiona hatte zwar selbst nicht das Geringste für Geschichte übrig – sie las nie etwas außer dem jüngsten Klatschmagazin –, doch sie stellte sein Tun niemals in Frage und staubte seelenruhig täglich die Stapel von Büchern und Papieren ab, ohne sich Gedanken über ihren Inhalt zu machen.