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»Kennst du diesen Ort, Sassenach? Wohin Geillis mit Ian gegangen ist?«

»Nein, ich weiß nur, dass sich die Höhle irgendwo in den Hügeln von Hispaniola befindet und dass ein Bach hindurchfließt.«

»Dann müssen wir Stern mitnehmen«, sagte er entschlossen. »Komm, die anderen sind am Fluss bei unserem Boot.«

Ich wandte mich ab, um ihm zu folgen, doch am Rand des Feldes blieb ich stehen und sah mich noch einmal um.

»Jamie! Sieh!« Hinter uns lagen die Glut des Feuers und der dunkle Ring der Sklavenhütten. Ein Stück weiter zeichnete sich Rose Hall als heller Fleck vor dem Hügel ab. Doch noch weiter fort, hinter dem Kamm des Hügels, leuchtete der Himmel in schwachem Rot.

»Das dürfte die Plantage der Howes sein, die in Flammen steht«, sagte er. Er klang merkwürdig ruhig und emotionslos und wies nach links zur Flanke des Berges, wo ein kleiner Fleck orange leuchtete, aus dieser Entfernung nicht mehr als ein Funke. »Und das ist vermutlich Twelvetrees.«

Die Stimme der Trommel hallte flüsternd durch die Nacht, auf und ab entlang des Flusses. Was hatte Ishmael gesagt? Trommel ruft sie aus den Bergen, die stark genug zu gehen.

Eine kleine Anzahl Sklaven kam nacheinander von den Hütten herunter, Frauen mit Babys und Bündeln bepackt, Kochtöpfe über die Schultern geschlungen, die Köpfe in weiße Turbane gehüllt. Neben einer jungen Frau, die sie respektvoll am Arm hielt, ging Margaret Campbell, die ebenfalls einen solchen Turban trug.

Jamie sah sie und trat vor.

»Miss Campbell!«, sagte er scharf. »Margaret.«

Margaret und ihre Begleiterin blieben stehen; die junge Frau schien sich zwischen ihr Mündel und Jamie stellen zu wollen, doch er hielt beide Hände hoch, während er auf sie zuging, um anzuzeigen, dass er nichts Böses vorhatte, und sie trat widerstrebend zurück.

»Margaret«, sagte er. »Margaret, erkennst du mich denn nicht?«

Sie starrte ihn mit leeren Augen an. Ganz langsam berührte er sie und nahm ihr Gesicht in beide Hände.

»Margaret«, sagte er leise und drängend zu ihr. »Margaret, hör mir zu! Erkennst du mich, Margaret?«

Sie blinzelte, einmal, zweimal, dann taute ihr glattes, rundes Gesicht zum Leben auf. Es war nicht die plötzliche Besessenheit der Loas; dies war das langsame, zögerliche Herandämmern einer ängstlichen Schüchternheit.

»Aye, ich erkenn dich, Jamie«, sagte sie schließlich. Ihre Stimme war weich und klar, die Stimme eines jungen Mädchens. Ihre Lippen verzogen sich nach oben, und ihre Augen wurden wieder lebendig, während er ihr Gesicht noch zwischen den Händen hielt.

»Ich hab dich lange nicht mehr gesehen, Jamie«, sagte sie und blickte in seine Augen hinauf. »Hast du vielleicht von Ewan gehört? Geht es ihm gut?«

Einen Moment stand er reglos da, sein Gesicht die ausdruckslose Maske, hinter der er starke Gefühle verbarg.

»Es geht ihm gut«, flüsterte er schließlich. »Sehr gut, Margaret. Er hat mir das hier gegeben, damit ich es aufbewahre, bis ich dich sehe.« Er senkte den Kopf und küsste sie sacht.

Einige der Frauen waren stehen geblieben und sahen schweigend zu. In diesem Moment bewegten sie sich murmelnd und wechselten beklommene Blicke. Als er Margaret Campbell losließ und zurücktrat, umringten sie sie schützend und argwöhnisch und geboten ihm kopfnickend, den Abstand zu wahren.

Margaret schien nichts davon zu merken; ihr Blick hing noch an Jamies Gesicht, und ihre Lippen lächelten.

»Ich dank dir, Jamie!«, rief sie, als ihre Begleiterin ihren Arm nahm und sie fortzudrängen begann. »Sag Ewan, ich werde bald bei ihm sein!« Die kleine Gruppe weißgekleideter Frauen entfernte sich, und sie verschwanden wie Geister in der Dunkelheit vor dem Zuckerrohrfeld.

Jamie bewegte sich impulsiv auf sie zu, doch ich legte ihm die Hand auf den Arm.

»Lass sie gehen«, flüsterte ich und dachte an das, was im Salon des Plantagenhauses auf dem Boden lag. »Jamie, lass Margaret gehen. Du kannst sie nicht aufhalten; bei ihnen wird es ihr bessergehen.«

Er schloss kurz die Augen, dann nickte er.

»Aye, du hast recht.« Er wandte sich ab, dann hielt er plötzlich inne, und ich fuhr herum, um nachzuschauen, was er gesehen hatte. In Rose Hall brannten jetzt Lichter. Fackelschein flackerte oben und unten hinter den Fenstern. Vor unseren Augen breitete sich ein widerspenstiges Leuchten in den Fenstern des Arbeitsraums im ersten Stockwerk aus.

»Höchste Zeit zu gehen«, sagte Jamie. Er nahm meine Hand, und wir machten uns eilig davon, tauchten in die raschelnde Dunkelheit des Zuckerrohrs und flohen, während es ringsum plötzlich nach brennendem Zucker roch.

Kapitel 62

Abandawe

Ihr könnt die Gouverneurspinasse nehmen; sie ist zwar klein, aber seetüchtig.« Grey kramte in seiner Schreibtischschublade. »Ich schreibe den Männern im Hafen eine Order; sie werden sie euch überlassen.«

»Aye, wir werden das Boot brauchen – die Artemis kann ich nicht aufs Spiel setzen; sie gehört Jared –, aber ich glaube, es ist besser, wenn wir es stehlen, John«, sagte Jamie und runzelte die Stirn. »Ich möchte nicht, dass man mich mit dir in Zusammenhang bringt, aye? Du hast auch so schon genug Probleme zu lösen.«

Grey lächelte unglücklich. »Probleme? Ja, so kann man es wohl nennen, wenn vier Plantagen abbrennen und über zweihundert Sklaven verschwinden – weiß der Himmel, wohin! Allerdings bezweifle ich sehr, dass irgendjemand unter diesen Umständen von meinem Umgang Notiz nehmen wird. In ihrer vereinten Angst vor den Sklaven und vor dem Chinesen hat sich die ganze Insel derart in Panik versetzt, dass ein bloßer Schmuggler zur harmlosen Nebensache wird.«

»Es erleichtert mich sehr, als Nebensache zu gelten«, sagte Jamie trocken. »Dennoch, wir werden das Boot stehlen. Und wenn wir erwischt werden, hast du noch nie von mir gehört und mich noch nie zu Gesicht bekommen, aye?«

Grey starrte ihn an, und eine Flut von Emotionen rang in seinem Gesicht um die Oberhand, darunter Belustigung, Angst und Wut.

»Ist das so?«, sagte er schließlich. »Zulassen, dass man dich ergreift, zuzusehen, wie man dich hängt, und keinen Laut von mir geben – aus Angst um meinen Ruf? Jamie, wofür hältst du mich?«

Jamies Mund zuckte sacht.

»Für einen Freund, John«, sagte er. »Und wenn ich deine Freundschaft annehme – und dein verdammtes Boot! –, dann wirst du es mit der meinen ebenso halten und schweigen. Aye?«

Der Gouverneur funkelte ihn einen Moment lang an und presste die Lippen fest zusammen, dann gab er sich geschlagen und ließ die Schultern hängen.

»Das werde ich«, sagte er knapp. »Aber ich würde es als großen persönlichen Gefallen betrachten, wenn es dir gelingen würde, dich nicht erwischen zu lassen.«

Jamie rieb sich mit dem Fingerknöchel über den Mund und verbarg sein Lächeln.

»Ich werde mir alle Mühe geben, John.«

Der Gouverneur ließ sich erschöpft zum Sitzen nieder. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und sein makelloses Leinen war welk geworden; offenbar hatte er seit dem Vortag die Kleider nicht gewechselt.

»Also schön. Ich weiß nicht, wohin du willst, und das ist vermutlich auch besser so. Aber wenn du kannst, meide die Routen nördlich von Antigua. Ich habe heute Morgen ein Boot losgeschickt und um so viele Männer gebeten, wie die dortige Kaserne mir zur Verfügung stellen kann, Soldaten und Seeleute. Sie werden spätestens übermorgen hierher unterwegs sein, um die Stadt und den Hafen vor den entlaufenen Sklaven zu schützen, falls es zu einer offenen Rebellion kommt.«

Jamies Blick kreuzte den meinen, und ich zog fragend die Augenbraue hoch, doch er schüttelte beinahe unmerklich den Kopf. Wir hatten dem Gouverneur von der Sklavenmeuterei am Yallahs River und von der Flucht der Sklaven erzählt – er hatte ohnehin bereits aus anderen Quellen davon gehört. Wir hatten ihm nicht erzählt, was wir später in dieser Nacht im Schutz einer kleinen Bucht gesehen hatten, in der wir beigedreht und die Segel gerefft hatten, um ihr Weiß zu verbergen.