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»Da spricht die wissenschaftliche Denkweise!«, sagte er und gluckste. »Die erste Frage eines Wissenschaftlers – woher wisst Ihr das? Wer hat es gesehen? Kann ich es selber sehen? Ja, ich habe es gesehen – dreimal sogar, obwohl es in einem Fall Frösche gewesen sind, keine Fische.«

»War es in der Nähe der Küste oder eines Sees?«

»Einmal in der Nähe der Küste, einmal in der Nähe eines Sees – das waren die Frösche –, aber beim dritten Mal hat es sich weit im Landesinneren zugetragen, über zwanzig Meilen vom nächsten Gewässer entfernt. Und doch waren es Fische von einer Art, die ich nur vom offenen Meer her kannte. In keinem der Fälle habe ich irgendeine Turbulenz in der Luft gesehen – keine Wolken, kein Wind, keine der sagenumwobenen Wasserhosen, die sich vom Meer in den Himmel erheben. Und doch sind die Fische vom Himmel gefallen; das ist eine Tatsache, denn ich habe es gesehen.«

»Und wenn Ihr es nicht gesehen habt, ist es keine Tatsache?«, fragte ich trocken.

Er lachte hingerissen, und Jamie regte sich und murmelte an meinem Oberschenkel. Ich glättete ihm das Haar, und er sank entspannt in den Schlaf zurück.

»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber ein Wissenschaftler kann das nicht sagen, nicht wahr? Wie heißt es in der christlichen Bibel – ›Selig sind die, die nicht sehen und trotzdem glauben‹?«

»So heißt es dort, ja.«

»Manche Dinge muss man als Tatsachen akzeptieren, ohne dass ein Grund zu beweisen ist.« Wieder lachte er, diesmal ohne großen Humor. »Als Wissenschaftler, der zudem Jude ist, habe ich vielleicht eine andere Sichtweise auf Phänomene wie Stigmata – und die Vorstellung von der Auferstehung der Toten, die ein sehr großer Teil der zivilisierten Welt fraglos als Tatsache akzeptiert. Und doch könnte ich diese skeptische Ansicht vor jedem außer Euch nicht einmal flüsternd äußern, ohne mich selbst in Gefahr für Leib und Leben zu begeben.«

»Der Ungläubige Thomas war doch auch Jude«, sagte ich lächelnd. »Anfangs zumindest.«

»Ja, und erst als er aufhörte zu zweifeln, wurde er Christ – und Märtyrer. Man könnte behaupten, es war die Gewissheit, die ihn umgebracht hat, nicht wahr?« Seine Stimme war voller Ironie. »Es gibt einen großen Unterschied zwischen jenen Phänomenen, die als Glaubenssache akzeptiert werden, und jenen, die mit objektiven Verfahren bewiesen werden, obwohl sich der Grund für beide als gleichermaßen ›rational‹ herausstellen kann, wenn man ihn findet. Und der Hauptunterschied ist der: dass die Menschen voller Geringschätzung auf Phänomene schauen, die auf sinnlicher Wahrnehmung basieren und allgemein erfahrbar sind – während sie die Realität eines Phänomens, das sie weder gesehen noch erlebt haben, bis zum Tod verteidigen. Der Glaube ist eine ebenso große Macht wie die Wissenschaft«, schloss er leise in der Dunkelheit, »aber viel gefährlicher.«

Eine Weile saßen wir schweigend da und blickten über den Bug des kleinen Schiffs hinweg auf die dünne, dunkle Linie, die die Nacht zerteilte, dunkler als der rötliche Schimmer des Himmels oder die silbergraue See. Die schwarze Insel Hispaniola, die unausweichlich näher kam.

»Wo habt Ihr die kopflosen Fische gesehen?«, fragte ich plötzlich, und es überraschte mich nicht zu sehen, wie er den Kopf kaum merklich zum Bug neigte.

»Dort«, sagte er. »Ich habe auf diesen Inseln viele seltsame Dinge gesehen – dort jedoch vielleicht mehr als irgendwo sonst. Manche Orte sind einfach so.«

Ich sagte mehrere Minuten lang nichts und überlegte, was wohl vor uns liegen mochte – und hoffte, dass Ishmael recht gehabt hatte, als er sagte, dass es Ian war, den Geillis nach Abandawe mitgenommen hatte. Mir kam ein Gedanke, der im Lauf der jüngsten Ereignisse untergegangen oder verdrängt worden war.

»Lawrence – die anderen schottischen Jungen. Ishmael hat uns erzählt, dass er zwölf gesehen hat, Ian mit eingeschlossen. Als Ihr die Plantage abgesucht habt – habt Ihr irgendeine Spur von den anderen gefunden?«

Er atmete scharf ein, antwortete aber nicht sogleich. Ich konnte spüren, wie er die Worte in seinem Kopf abwägte und versuchte zu entscheiden, wie er sagen sollte, was mir die Kälte in meinem Innersten bereits verraten hatte.

Als die Antwort kam, war es nicht Lawrence, sondern Jamie.

»Wir haben sie gefunden«, sagte er leise in der Dunkelheit. Seine Hand ruhte auf meinem Knie und drückte sanft zu. »Frag nicht weiter, Sassenach – denn ich sage es dir nicht.«

Ich verstand. Ishmael musste recht gehabt haben; es musste Ian sein, den Geilie dabeihatte, denn eine andere Möglichkeit konnte Jamie nicht ertragen. Ich legte ihm die Hand auf den Kopf, und er bewegte sich und drehte sich so, dass sein Atem meine Hand berührte.

»Selig sind die, die nicht sehen«, flüsterte ich leise, »und dennoch glauben

Kurz vor dem Morgengrauen gingen wir in einer kleinen, namenlosen Bucht an der Nordküste Hispaniolas vor Anker. Hier gab es einen schmalen Strand, der auf der anderen Seite von Klippen begrenzt wurde, und durch einen Spalt in den Felsen führte ein enger, sandiger Pfad ins Innere der Insel.

Jamie trug mich die wenigen Schritte an Land, stellte mich hin und wandte sich dann an Innes, der mit einem der Proviantpakete durch das Wasser geplatscht war.

»Ich danke dir, a charaid«, sagte er förmlich. »Hier trennen wir uns; hier werden wir uns mit dem Segen der Jungfrau in vier Tagen wiedersehen.«

Innes’ schmales Gesicht verzog sich zu einer Miene überraschter Enttäuschung, dann breitete sich Resignation über seine Züge.

»Aye«, sagte er. »Dann achte ich auf das Boot, bis ihr alle zurückkommt.«

Jamie sah seine Miene und schüttelte lächelnd den Kopf.

»Nicht nur du, Mann; wenn ich einen starken Arm brauchen würde, wärst du der Erste, nach dem ich rufen würde. Nein, ihr werdet alle hierbleiben, bis auf meine Frau und den Juden.«

Blanke Überraschung trat an die Stelle der Resignation.

»Hierbleiben? Alle? Aber wirst du uns denn nicht brauchen, Mac Dubh?« Er blickte nervös zu den Klippen empor, die von blühenden Schlingpflanzen überwuchert waren. »Es sieht aus, als wäre es gefährlich, sich ohne Freunde dorthin zu begeben.«

»Ich würde es als Akt größter Freundschaft betrachten, wenn du hier warten würdest, wie ich es sage, Duncan«, sagte Jamie, und ich begriff mit leisem Erschrecken, dass ich Innes’ Vornamen gar nicht gekannt hatte.

Innes warf erneut einen Blick auf die Klippen, und sein hageres Gesicht war voller Sorge, doch dann neigte er zustimmend den Kopf.

»Nun, es ist deine Entscheidung, Mac Dubh. Aber du weißt, dass wir bereit sind – alle Mann.«

Jamie nickte mit abgewandtem Gesicht.

»Aye, das weiß ich wohl, Duncan«, sagte er leise. Dann wandte er sich zurück, streckte einen Arm aus, und Innes umarmte ihn unbeholfen und klopfte Jamie auf den Rücken.

»Falls ein Schiff kommt«, sagte Jamie und ließ ihn los, »dann möchte ich, dass ihr euch in Sicherheit bringt. Die Königliche Marine wird nach dieser Pinasse Ausschau halten, aye? Ich bezweifle zwar, dass sie bis hier kommen werden, aber falls doch – oder falls euch etwas anderes bedroht –, geht. Setzt sofort das Segel.«

»Und du bleibst hier zurück? Nein, du kannst mir vieles befehlen, Mac Dubh, und ich werde es tun – aber das nicht.«

Jamie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf; die aufgehende Sonne schlug Funken in seinem Haar und seinen Bartstoppeln und umkränzte seinen Kopf mit Feuer.

»Es wird mir und meiner Frau nicht helfen, wenn du umkommst, Duncan. Hör auf das, was ich sage. Wenn ein Schiff kommt – geht.« Dann wandte er sich ab, um sich von den anderen Schotten zu verabschieden.

Innes seufzte tief, und die Missbilligung stand ihm ins Gesicht geschrieben, doch er äußerte keine weiteren Einwände.

Es war heiß und feucht im Dschungel, und wir drei wechselten nicht viele Worte, während wir ins Landesinnere vordrangen. Es gab schließlich nichts zu sagen; Jamie und ich konnten vor Lawrence nicht von Brianna sprechen, und wir konnten keine Pläne fassen, ehe wir Abandawe erreichten und sahen, was uns dort erwartete. In der Nacht döste ich unruhig vor mich hin, und immer, wenn ich wach wurde, sah ich Jamie neben mir mit dem Rücken an einem Baum lehnen, die Augen blicklos auf das Feuer geheftet.