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Er zwang sich, nicht die Luft anzuhalten, als er den vorletzten Zug der Kombination begann. Er spürte Frasers Blick kurz auf sich ruhen, wich ihm jedoch aus, weil er fürchtete, seine Erregung zu verraten. Stattdessen griff er nach der Karaffe auf der Anrichte und füllte beide Gläser noch einmal mit dem süßen dunklen Portwein, den Blick seinerseits bewusst auf die steigende Flüssigkeit geheftet.

Würde es der Bauer sein oder das Pferd? Frasers Kopf war nachdenklich über das Brett gebeugt, und bei jeder kleinen Bewegung glänzten kleine rötliche Lichter in seinem Haar auf. Das Pferd, und alles war gut; es würde zu spät sein. Der Bauer, und wahrscheinlich war alles verloren.

Grey konnte seinen Herzschlag heftig hinter seinem Brustbein spüren, während er wartete. Frasers Hand schwebte über dem Brett, bis sie plötzlich entschlossen hinunterschwebte und die Figur berührte. Das Pferd.

Er musste zu geräuschvoll ausgeatmet haben, denn Fraser blickte scharf zu ihm auf, doch es war zu spät. Grey gab sich alle Mühe, sein Gesicht von jedem offenen Triumph frei zu halten, und rochierte.

Einen langen Moment betrachtete Fraser das Brett mit gerunzelter Stirn, und seine Augen huschten kalkulierend über die Figuren hinweg. Dann fuhr er sacht zusammen, weil er es sah, und blickte mit großen Augen auf.

»Was für ein hinterlistiger kleiner Schuft!«, sagte er im Tonfall überraschten Respekts. »Wo zum Teufel habt Ihr denn diesen Trick gelernt?«

»Mein älterer Bruder hat ihn mir beigebracht«, antwortete Grey, dem die Begeisterung über den Erfolg die übliche Wachsamkeit raubte. Normalerweise schlug er Fraser höchstens in drei von zehn Partien, und der Sieg war kostbar.

Fraser stieß ein kurzes Lachen aus, streckte seinen langen Zeigefinger aus und stieß vorsichtig seinen König um.

»Von einem Mann wie Lord Melton hätte ich so etwas erwarten sollen«, merkte er beiläufig an.

Grey erstarrte auf seinem Stuhl. Fraser sah die Bewegung und zog fragend eine Augenbraue hoch.

»Es ist doch Lord Melton, den Ihr meint, oder?«, sagte er. »Oder habt Ihr vielleicht noch einen Bruder?«

»Nein«, sagte Grey. Seine Lippen fühlten sich ein wenig taub an, obwohl das möglicherweise nur an der Zigarre lag. »Nein, ich habe nur einen Bruder.« Sein Herz hatte wieder zu hämmern begonnen, doch diesmal war es ein schweres, dumpfes Pochen. Hatte der schottische Schuft die ganze Zeit gewusst, wer er war?

»Unser Zusammentreffen war durch die Umstände bedingt sehr kurz«, sagte der Schotte trocken. »Aber einprägsam.« Er ergriff sein Glas und trank einen Schluck, während er Grey über den Kristallrand hinweg beobachtete. »Wusstet Ihr möglicherweise nicht, dass ich Lord Melton auf dem Feld von Culloden begegnet bin?«

»Doch. Ich habe in Culloden gekämpft.« Greys Freude an seinem Sieg war vollständig verflogen. Ihm war ein wenig übel vom Qualm. »Aber ich wusste nicht, dass Ihr Euch an Hal erinnern konntet – oder wusstet, in welcher Beziehung wir stehen.«

»Da ich diesem Zusammentreffen mein Leben verdanke, werde ich es wohl nie vergessen«, sagte Fraser trocken.

Grey blickte auf. »Meines Wissens wart Ihr gar nicht so dankbar, als Hal Euch in Culloden begegnet ist.«

Frasers Lippen wurden schmal, dann entspannten sie sich.

»Nein«, sagte er leise. Er lächelte ohne Humor. »Euer Bruder hat sich mit großer Hartnäckigkeit geweigert, mich zu erschießen. Damals war mir nicht danach, ihm für diesen Gefallen dankbar zu sein.«

»Ihr wolltet erschossen werden?« Grey zog beide Augenbrauen hoch.

Der Blick des Schotten verschwamm, zwar auf das Schachbrett gerichtet, doch er sah eindeutig etwas anderes.

»Ich glaubte, meinen Grund zu haben«, sagte er leise. »Damals.«

»Was denn für einen Grund?«, fragte Grey. Er erhaschte einen durchdringenden Blick und fügte hastig hinzu: »Die Frage soll nicht unverschämt klingen. Es ist nur so, dass ich … zu dieser Zeit … Ähnliches empfunden habe. Nach allem, was Ihr über die Stuarts gesagt habt, kann ich mir nicht vorstellen, dass Euch ihre Niederlage in solche Verzweiflung gestürzt hätte.«

Frasers Mund zuckte sacht, viel zu schwach, um als Lächeln durchzugehen. Er neigte kurz den Kopf, um anzudeuten, dass er verstand.

»Es gab Männer, die aus Verehrung für Charles Stuart gekämpft haben – oder aus Loyalität gegenüber dem Thronrecht seines Vaters. Doch Ihr habt recht; ich gehörte nicht dazu.«

Mehr erklärte er nicht. Grey holte tief Luft und hielt den Blick fest auf das Schachbrett gerichtet.

»Ich habe gesagt, dass ich damals Ähnliches empfunden habe wie Ihr. Ich … habe einen besonderen Freund in Culloden verloren«, sagte er. Im Hinterkopf fragte er sich, warum er ausgerechnet diesem Mann von Hector erzählen sollte; einem schottischen Krieger, der sich seinen Weg auf diesem Feld frei gehackt hatte, dessen Schwert gut dasjenige hätte sein können, welches … Andererseits musste er es einfach tun; es gab sonst niemanden, mit dem er über Hector sprechen konnte, außer diesem Mann, diesem Gefangenen, der es niemandem weitererzählen konnte, dessen Worte ihm nichts anhaben konnten.

»Er hat mich gezwungen, hinzugehen und mir die Leiche anzusehen – Hal, mein Bruder«, entfuhr es Grey. Er senkte den Blick auf seine Hand, an der Hectors Saphir blau auf seiner Haut brannte, eine kleinere Version des Steins, den ihm Fraser widerstrebend überlassen hatte.

»Er hat gesagt, ich muss es tun, wenn ich ihn nicht tot sähe, würde ich es nie richtig glauben. Dass ich ewig trauern würde, wenn ich nicht die Gewissheit hätte, dass Hector – mein Freund – tatsächlich tot ist. Wenn ich es sähe und wüsste, würde ich trauern, aber dann würde ich heilen – und vergessen.« Er blickte auf und versuchte schmerzhaft zu lächeln. »Hal hat im Allgemeinen recht, aber nicht immer.«

Vielleicht war er geheilt, doch vergessen würde er nie. Gewiss würde er nie vergessen, wie er Hector das letzte Mal gesehen hatte – Hector, der mit wächsernem Gesicht reglos im Licht des frühen Morgens lag und dessen lange dunkle Wimpern sacht auf seinen Wangen ruhten wie immer, wenn er schlief. Und die klaffende Wunde, die ihm den Kopf halb vom Körper abgetrennt hatte und die Luftröhre und die großen Blutgefäße des Halses bloßgelegt hatte wie von Metzgerhand.

Einen Moment saßen sie schweigend da. Fraser sagte nichts, sondern nahm sein Glas und leerte es. Ohne zu fragen, füllte Grey beide Gläser ein drittes Mal.

Er lehnte sich zurück und sah seinen Gast neugierig an.

»Findet Ihr, dass Euer Leben eine große Bürde ist, Mr. Fraser?«

Da blickte der Schotte auf und sah ihm lange gleichmütig in die Augen. Offenbar las Fraser nichts in seinem Gesicht außer Neugier, denn die breiten Schultern auf der anderen Seite des Schachbretts entspannten sich ein wenig, und der grimmige Zug seines Mundes ließ nach. Der Schotte lehnte sich zurück und öffnete und schloss langsam die rechte Hand, um die Muskeln zu dehnen. Grey sah, dass die Hand einmal verletzt gewesen war; kleine Narben malten sich im Feuerschein ab, und zwei der Finger waren steif geblieben.

»Eine große vielleicht nicht«, erwiderte der Schotte langsam. Er sah Grey leidenschaftslos in die Augen. »Ich glaube, die größte Bürde ist es, unser Herz an die zu hängen, denen wir nicht helfen können.«

»Nicht darin, niemanden zu haben, an den man sein Herz hängen kann?«

Fraser hielt inne, ehe er antwortete; er hätte auch die Position der Figuren auf dem Tisch abwägen können.

»Das ist Leere«, sagte er schließlich leise. »Aber keine große Bürde.«

Es war spät; in der Festung ringsum war nichts zu hören außer den gelegentlichen Schritten des Wachtpostens unten auf dem Hof.

»Eure Frau – Ihr sagt, sie war Heilerin?«

»Ja. Sie … ihr Name war Claire.« Fraser schluckte, dann hob er seinen Becher und trank, als versuchte er, etwas zu lösen, was ihm in der Kehle steckte.

»Sie war Eurem Herzen sehr nah, nicht wahr?«, sagte Grey leise.