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Sie rang mit den Tränen und gewann den Kampf nach einigem Schnüffeln und Schlucken, und als wir den Eaton Square erreichten, fand sie, wir sollten auf ein Glas ins Wohnzimmer gehen,»um uns aufzumuntern.«

Diese gute Idee wurde jedoch abgewandelt, weil das Wohnzimmer nicht leer war. Zwei Leute standen von ihren Sesseln auf, als die Prinzessin eintrat, und es waren Prinz Litsi und Danielle.

«Meine liebe Tante«, sagte der Prinz. Er verneigte sich vor ihr, küßte ihre Hand und küßte sie auf beide Wangen.»Guten Morgen.«

«Guten Morgen«, erwiderte sie leise und gab Danielle einen Kuß.»Ich dachte, ihr kämt erst heute abend spät zurück.«

«Das Wetter war schauderhaft. «Der Prinz gab mir die Hand.»Regen, Nebel, Eiseskälte. Gestern abend beschlossen wir, daß es uns reicht, und sind heute morgen vor dem Frühstück weg.«

Ich küßte Danielles glatte Wange, dabei wollte ich doch viel mehr. Sie sah mir kurz in die Augen und sagte, Dawson habe ihnen mitgeteilt, daß ich zur Zeit im Haus wohne. Ich hatte sie drei Wochen nicht gesehen und wollte nichts von Dawson hören. In der Umgebung der Prinzessin hielt man nackte Gefühle jedoch unter Verschluß, und ich hörte mich fragen, ob ihr die Vorträge gefallen hätten; als ob ich das hoffte.

«Sie waren großartig.«

Die Prinzessin entschied, daß Prinz Litsi, Danielle und ich uns ein Glas gönnen sollten, während sie hinauf zu ihrem Mann ging.

«Du schenkst ein«, sagte sie ihrem Neffen.»Und Sie, Kit, erzählen ihnen alles, was passiert ist, ja? Meine Lieben… so scheußliche Sachen. «Sie winkte unbestimmt mit der Hand und ging, ihr Rücken straff und schmal, an sich schon eine Aussage.

«Kit«, sagte der Prinz, jetzt zu mir gewandt.

«Sir.«

Wir standen da, als ob wir uns gegenseitig abschätzten. Er war größer, zehn Jahre älter als ich, mehr in der Welt herumgekommen. Ein stattlicher Mann, Prinz Litsi, mit massigen Schultern, großem Kopf, vollem Mund, klar geformter Nase und hellen, intelligenten Augen. Das dunkelblonde Haar lichtete sich deutlich über der Stirn, und der kräftige Hals ragte aus einem cremefarbenen Hemd mit offenem Kragen. Er sah so eindrucksvoll aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Vor einem Jahr oder noch länger waren wir uns zuletzt begegnet.

Von seiner Warte aus sah er wahrscheinlich einen braunen Lockenkopf, hellbraune Augen und eine durch das vorgeschriebene Gewicht für Rennpferde aufgezwungene Magerkeit. Vielleicht sah er auch den Mann, dessen Verlobte er zu erlesenen Genüssen fortgelockt hatte, aber um gerecht zu sein, es lag nichts von Triumph oder Belustigung in seinem Gesicht.

«Ich würde gern was trinken«, sagte Danielle unvermittelt. Sie setzte sich und wartete.»Litsi…«

Sein Blick ruhte noch einen Moment auf mir, dann wandte er sich ab, um mit den Flaschen zu hantieren. Wir hatten uns bisher nur auf der Rennbahn unterhalten, überlegte ich, höfliches Oberflächengeplänkel nach den Wettbewerben. Ich kannte ihn im Grunde so wenig wie er mich.

Ohne nachzufragen schenkte er Weißwein für Danielle und Scotch für sich selber und mich ein.

«Gut so?«sagte er, als er mir das Glas anbot.

«Ja, Sir.«

«Nennen Sie mich Litsi«, schlug er vor.»Das ganze Protokoll… privat verzichte ich darauf. Bei Tante Casilia ist das was anderes, aber ich habe die alten Zeiten nie gekannt. Der Thron besteht nicht mehr… ich werde niemals König. Ich lebe in der modernen Welt… also, wären Sie so nett?«

«Ja«, sagte ich.»Von mir aus gern.«

Er nickte und trank einen Schluck.»Zu Tante Casilia sagen Sie ja Prinzessin«, hob er hervor.

«Sie bat mich darum.«

«Na, sehen Sie. «Er machte eine große Geste, das Thema war beendet.»Erzählen Sie uns, was den Hausfrieden gestört hat.«

Ich blickte zu Danielle, an diesem Tag in schwarzer Hose, weißem Hemd, blauem Pullover. Sie hatte den gewohnten rosa Lippenstift aufgelegt, ein blaues Band hielt das wellige dunkle Haar zurück, alles an ihr war bekannt, geliebt und vertraut. Ich wünschte mir sehr, sie in den Armen zu halten und ihre Wärme zu spüren, aber sie saß unbewegt in ihrem Sessel und begegnete meinen Augen immer nur flüchtig, ehe sie sich wieder auf ihr Glas konzentrierte.

Ich verliere sie, dachte ich und fand es unerträglich.

«Kit«, sagte der Prinz, als er Platz nahm.

Ich holte tief Luft, richtete den Blick wieder auf sein Gesicht, setzte mich ebenfalls und begann mit der langen Schilderung der Ereignisse, angefangen von Henri Nanter-res Einschüchterungsversuch am Freitagnachmittag bis zu den toten Pferden in Wykehams Stall an diesem Morgen.

Litsi hörte mit wachsender Bestürzung zu, bei Danielle war es eher Empörung.

«Das ist ja furchtbar«, sagte sie.»Arme Tante Casilia. «Sie zog die Stirn kraus.»Man darf wohl Drohungen nicht nachgeben, aber weshalb ist Onkel Roland so gegen Waffen? Die werden doch überall produziert, oder nicht?«

«In Frankreich«, sagte Litsi,»würde es als verachtenswert gelten, wenn ein Mann von Rolands Herkunft mit Waffen handelte.«

«Aber er lebt nicht in Frankreich«, sagte Danielle.

«Er lebt in sich selbst. «Litsi warf mir einen Blick zu.»Sie verstehen, warum das für ihn nicht in Frage kommt, oder?«

«Ja«, sagte ich.

Er nickte. Danielle sah uns nacheinander an und seufzte.»Der Geist Europas, schätze ich. In Amerika ist Waffenhandel keine große Sache.«

Ich dachte bei mir, daß es wahrscheinlich eine größere Sache war, als sie sich klarmachte, und nach Litsi s Gesichtsausdruck dachte er das auch.

«Würden die vierhundert alten Familien mit Waffen handeln?«fragte er, aber wenn er eine verneinende Antwort erwartet hatte, bekam er sie nicht.

«Klar, ich glaube schon«, sagte Danielle.»Ich meine, weshalb sollten sie da Bedenken haben?«»Trotzdem«, sagte Litsi,»für Roland ist es unmöglich.«

Eine Stimme im Treppenhaus unterbrach die Diskussion: eine laute, weibliche Stimme, die näherkam.

«Wo seid ihr denn alle? Da drin?«Rauschend erschien sie in der Wohnzimmertür.»Dawson sagt, das Bambuszimmer ist belegt. So ein Blödsinn. Ich kriege immer das Bambuszimmer. Ich habe Dawson gesagt, er soll die Sachen von den Leuten, die da drin sind, rausschaffen.«

Dawson warf mir über die Schulter einen höflichen Blick zu und ging weiter in das nächste Stockwerk, einen Koffer in der Hand.

«Nun also«, sagte die Erscheinung in der Tür.»Wer macht mir eine >Bloody<? Das verdammte Flugzeug hatte zwei Stunden Verspätung.«

«Ach du Schreck«, meinte Danielle leise, als wir alle drei aufstanden,»Tante Beatrice.«

Kapitel 7

Tante Beatrice, Roland de Brescous Schwester, sprach mit einem leichten französischen Akzent, der von einem stark amerikanischen überlagert war. Sie hatte eine Fülle gewellter Haare, nicht lang und dunkel wie die von Danielle, sondern weiß bis hell orange. Sie rahmten und übertürmten ein rundes Gesicht mit Kulleraugen und einem Ausdruck gewohnheitsmäßiger Entschlossenheit.

«Danielle!«sagte Beatrice und hob die schmalen Augenbrauen.»Was tust denn du hier?«

«Ich arbeite in England. «Danielle ging zu ihrer Tante und gab ihr ein pflichtbewußtes Küßchen.»Seit vorigem Herbst.«

«Kein Mensch erzählt mir etwas.«

Sie trug ein Seidenkostüm — ihr Nerzmantel war über Dawsons Arm nach oben gewandert — mit einem massiven, leuchtenden Anhänger an einer Goldkette vor dem Busen. Die Ringe an ihren Fingern sahen aus wie unzenschwere Nuggets, und für ihre Handtasche hatte ein Krokodil sein Leben gelassen. Kurz, Beatrice gab gern Geld aus.

Sie war offensichtlich im Begriff zu fragen, wer Litsi und ich seien, als die Prinzessin, die in Rekordgeschwindigkeit heruntergekommen sein mußte, ins Zimmer trat.