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«Nein. Mir klangen die Ohren, und Ranger schlug Krach.«

«Was haben Sie denn als nächstes getan?«

«Nichts«, sagte er.»Ich dachte, das wären ein paar von den Burschen gewesen, die hier arbeiten. Bloß Unsinn im Kopf. Also hab ich einfach mit den Streifengängen weitergemacht, ganz normal. Es war ja nichts passiert… das heißt, dem Anschein nach.«

Ich wandte mich an Wykeham, der finster zuhörte.»Haben Sie die Feuerwerkskörper nicht gehört?«fragte ich.

«Nein, ich hatte geschlafen. «Er zögerte, setzte dann hinzu:»Ich schlafe nicht besonders gut… neuerdings eigentlich kaum ohne Schlaftabletten. Wir hatten vier ruhige Nächte, wo ich die meiste Zeit wach lag, darum habe ich gestern abend… eine Tablette genommen.«

Ich seufzte. Wäre Wykeham wach gewesen, dann wäre er sowieso auf den Radau zugelaufen, und es hätte nichts geändert.

Ich sagte zu dem Hundeführer:»Sie waren auch am Mittwoch hier, als jemand um den Hof schlich?«

«Ja. Ranger hat gewinselt, aber ich konnte niemand entdecken.«

Nanterre, dachte ich, war Mittwoch nacht in den Stall gegangen, um zu töten. Die Anwesenheit des Hundes hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht, und zwei Nächte später war er mit seinen Ablenkungsmanövern wiedergekommen.

Er mußte in Ascot gewesen sein und sich gemerkt haben, wie Col aussah, doch gesehen hatte ich ihn dort nicht, ebensowenig wie in Bradbury. Allerdings war das bei dem großen Andrang auf Rennplätzen, wo mich obendrein der Job in Anspruch nahm, nicht weiter verwunderlich.

Ich schaute auf Ranger hinunter und fragte mich nach seinen Reaktionen.»Wenn Leute herkommen«, sagte ich,»so wie ich vorhin, wie verhält sich Ranger dann?«

«Er steht auf und geht zur Tür und winselt ein wenig. Im allgemeinen ist er ruhig. Kein Kläffer. Deshalb wußte ich, daß er wegen der Bomben gebellt hat.«»Nun, ehm, was fangen Sie denn an, wenn Sie zwischendurch in der Küche sind?«

«‘n Tee trinken. Was essen. Austreten. Lesen. Fernsehen. «Er strich seinen Schnurrbart, mochte weder mich noch meine Fragen.»Ich dusle nicht ein, falls Sie das meinen.«

Es war das, was ich meinte, und offensichtlich das, was er zu dem einen oder anderen Zeitpunkt getan hatte. Bei vier langen, ruhigen, kalten Nächten war es wohl auch verständlich, wenn nicht entschuldbar.

«Übers Wochenende«, sagte ich zu Wykeham,»brauchen wir doppelte und dreifache Patrouillen. Durchgehend.«

Er nickte.»Unbedingt.«

«Haben Sie schon die Polizei verständigt?«

«Noch nicht. Aber bald. «Angewidert blickte er den Hundeführer an.»Die wird Sie auch hören wollen.«

Der Hundeführer stand jedoch auf, erklärte, sein Dienst sei seit einer Stunde beendet und wenn die Polizei ihn sprechen wolle, könne sie ihn über seine Firma erreichen. Er werde jetzt ins Bett gehen.

Wykeham beobachtete mürrisch seinen Abgang und sagte:»Was zum Teufel ist los, Kit? Die Prinzessin weiß, wer sie alle umgebracht hat, und Sie auch. Also sagen Sie’s mir.«

Es schien mir unfair, daß er nicht Bescheid wußte, deshalb erzählte ich ihm das Wesentliche: Ein Mann versuchte Roland de Brescou eine Unterschrift abzupressen, indem er seiner Familie schadete, wo immer er konnte.

«Aber das ist doch… Terror. «Wykeham benutzte das Wort widerwillig, als fände er schon dessen bloße Existenz beleidigend.

«Im kleinen«, sagte ich.

«Klein?«rief er aus.»Nennen Sie drei tote Prachtpferde klein?«

Ich tat es nicht. Ich war niedergeschlagen und wütend bei dem Gedanken an sie. Sie zählten wenig im Weltmaßstab des Terrors, aber dahinter steckte die gleiche niederträchtige Überzeugung, man könnte sein Ziel erreichen, indem man Unschuldige hinschlachtete.

Ich wollte handeln.»Zeigen Sie mir, wo sämtliche Pferde der Prinzessin sind«, schlug ich Wykeham vor, und gemeinsam gingen wir wieder hinaus an die kalte Luft und machten einen Rundgang durch die Höfe.

Die Boxen von Cascade und Cotopaxi waren noch leer, und sonst hatten keine Pferde der Prinzessin auf dem ersten Hof gestanden. Im zweiten war nur Col gewesen. In dem dahinter standen Hillsborough und Bernina sowie Kinley in der versteckten Eckbox.

Etwa ein Drittel der Stallbewohner waren zum Training auf den Downs, und als wir Kinleys Hof verließen, kamen sie gerade zurückgetrappelt, so daß alles plötzlich von Lärm und Aktion erfüllt war. Die Pfleger saßen ab und führten ihre Pferde in die Boxen. Wykeham und ich suchten uns weiter durch, während sie ihre Schützlinge striegelten, die Spreu erneuerten, die Eimer füllten, Heu in die Raufen brachten, ihre Sattel vor die Boxen hängten, die Türen verriegelten und zum Frühstück gingen.

Ich sah all die alten Freunde in ihren Quartieren, darunter North Face, Dhaulagiri, Icicle und Icefall und den jungen Helikon, das vierjährige Hürdenpferd, das an diesem Nachmittag nach Sandown sollte. Wykeham nannte die Hälfte von ihnen beim richtigen Namen, die anderen ließ er sich von mir vorsagen. Ihren Werdegang und ihre Persönlichkeiten kannte er jedoch unfehlbar, sie waren für ihn auf eine Weise real, daß sie keine Namensschilder brauchten. Seine erfahrene Sekretärin las die Teilnehmerlisten, die er für die Rennen schrieb, stets sinngemäß richtig.

Im letzten Hof kamen wir zu Abseil und öffneten den oberen Flügel seiner Tür. Abseil kam auf das einfallende Tageslicht zu und steckte neugierig seinen Kopf heraus. Ich rieb seine graue Nase und Oberlippe mit der Hand, legte meinen Kopf an seinen und blies sanft, wie bei einem umgekehrten Schnüffeln, in seine Nüster. Er rieb die Nase einige Male an meiner Wange und hob dann den Kopf weg, die Begrüßung war beendet. Wykeham achtete nicht darauf. Er unterhielt sich auf diese Art mit Pferden, wenn ihr Charakter es zuließ. Bei einigen würde man das nie tun, man konnte die Nase abgebissen bekommen.

Wykeham gab Abseil eine Möhre aus einer geräumigen Tasche und sperrte ihn wieder in sein Dämmerlicht.

Dann klatschte Wykeham mit der Hand an die angrenzende Box.»Das ist Kinleys Box normalerweise. Jetzt steht sie leer. Ich lasse ihn nicht gern in der Eckbox, die ist langweilig für ihn.«

«Es ist hoffentlich nicht mehr für lange«, sagte ich und schlug ihm vor, wir sollten uns einmal die» Bomben «ansehen.

Wykeham hatte sie bereits gesehen und zeigte sie mir, und wie erwartet waren es die Unterteile von Pappbehältern, jeder zehn Zentimeter im Quadrat, die Oberteile waren abgebrannt. Beide waren gleich, mit grell rotgelb gemalten Flammen auf der angesengten Pappe, und auf dem Behälter unter der Egge stand GOLDENE BOMBE in poppiger Schrift.

«Wir lassen sie besser liegen, bis die Polizei kommt«, sagte ich.

Wykeham stimmte zu, meinte aber, die Feuerwerkskörper würden die Polizei erst recht überzeugen, daß es das Werk von Jugendlichen war.

Wir gingen zurück ins Haus, wo Wykeham die Polizei anrief und die Zusicherung erhielt, es werde alles Nötige veranlaßt. Danach rief ich Dawson an und bat ihn, der Prinzessin zu sagen, daß ich bei Wykeham sei und von dort aus nach Sandown führe.

Wykeham und ich frühstückten und brausten in seinem großrädrigen Kleinlaster hinauf in die Downs, um das zweite Lot bei der Arbeit zu sehen, und unter dem weiten, kalten, windigen Himmel überraschte er mich damit, daß er ganz nebenbei bemerkte, er denke daran, sich wieder einen Assistenten zu nehmen. Er hatte wohl früher schon Assistenten gehabt — die nie lange geblieben waren —, aber zu meiner Zeit nicht.

«Wirklich?«sagte ich.»Ich dachte, Sie könnten Assistenten nicht ausstehen.«

«Die hatten alle keine Ahnung«, meinte er.»Aber ich werde alt… Es wird jemand sein müssen, den die Prinzessin mag. Einer, mit dem Sie auch auskommen. Wenn Ihnen also jemand einfällt, sagen Sie mir Bescheid. Ich kenne mich da nicht mehr so aus.«

«In Ordnung«, sagte ich, wenn auch mit einem unguten Gefühl. Wykeham war trotz seiner Schrullen unersetzlich, unverzichtbar.»Sie wollen sich doch nicht zur Ruhe setzen?«