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«Es gibt auch keinen. Sagen Sie mir, wo wir uns treffen können, und ich komme hin.«

«Wie heißen Sie?«wollte er wissen.

Ich zögerte minimal.»Christmas«, sagte ich.

«Also, Mr. Christmas, ich treffe mich mit Ihnen nicht für weniger als hundert Pfund. «Er war angriffslustig, mißtrauisch und vorsichtig, alles auf einmal.

«In Ordnung«, sagte ich langsam.»Einverstanden.«

«Vorweg auf die Hand«, sagte er.

«Ja, gut.«

«Und wenn ich Ihnen sage, was Sie hören wollen, legen Sie noch mal das gleiche drauf.«

«Wenn Sie mir die Wahrheit sagen, ja.«

«Hm«, brummte er.»Also gut. Sie sind in London, was? Das ist eine Londoner Nummer.«

«Ja.«

«Wir treffen uns in Bradbury«, sagte er.»In der Stadt, nicht auf dem Rennplatz. Kommen Sie um zwölf nach Bradbury, wir treffen uns dann in einer Kneipe… dem King’s Head, auf halbem Weg die Hauptstraße runter.«

«Ich werde dort sein«, sagte ich.»Wie erkenne ich Sie?«

Er überlegte, schwer atmend.»Ich bringe die Sporting Life mit, in der Ihre Anzeige ist.«

«Und ehm… wie heißen Sie?«sagte ich.

Die Antwort auf diese Frage hatte er bereit.»John Smith«, erwiderte er prompt.»Bis dann, Mr. Christmas. Okay?«

«Okay«, sagte ich.

Er hängte ein, und ich legte mich eher unruhig als froh auf die Kissen zurück. Der Fisch, dachte ich, hatte den Haken noch nicht geschluckt. Er hatte am Köder geknabbert, war aber voller Vorbehalte. Ich hoffte bloß, er würde auftauchen, wo und wann er gesagt hatte, und daß er dann auch der richtige war.

Sein Akzent war ländlich gewesen, nicht derb, nur die gängige Mundart von Berkshire, die ich jeden Tag in Lambourn hörte. Er hatte keinen übermäßig intelligenten oder schlauen Eindruck gemacht, und der Betrag, den er verlangte, verriet eine ganze Menge über sein Einkommen und seine Bedürfnisse.

Hohe Belohnung… als ich gegen hundert nicht protestierte, hatte er aufs Doppelte erhöht. Aber zweihundert sah er als viel an.

Er war ein Wetter: Litsi hatte ihn beschrieben als jemand mit einer Sportzeitung, Rennkalender und Fernglas. Jetzt stand fest, daß er kleine Beträge setzte, ein Zocker, für den hundert schon ein stattlicher Gewinn waren. Wahrscheinlich konnte ich froh sein, daß er hundert nicht als Mindesteinsatz betrachtete: Für so jemand wäre eine hohe Belohnung vielleicht auf tausend hinausgelaufen.

Dankbar machte ich mich ans Aufstehen, was am Morgen nach einem Sturz immer eine längere und schmerzhafte Geschichte war. Die Eisbeutel von vor dem Schlafengehen waren längst geschmolzen, aber die Kugel, zu der mein Fußgelenk gestern nachmittag angeschwollen war, hatte sich deutlich zusammengezogen. Ich nahm den Verband ab, untersuchte den blauschwarzen Bluterguß und wickelte ihn sacht wieder ein; und erfreulicherweise paßte mein Schuh noch drüber.

In Hose, Hemd und Pullover fuhr ich mit dem Lift ins Souterrain und klaute noch einen Stoß Eiswürfel aus dem Kühlschrank, die ich in Plastikbeutel tat und in meine Socke stopfte. Dawson erschien im Morgenmantel, um nachzusehen, was in seiner Küche vorging, und zog lediglich die Brauen hoch wie schon am Abend vorher, als ich jeden Eiswürfel im Haus stibitzt hatte.

«War es richtig«, fragte er, zuschauend,»daß ich Ihnen den Anruf durchgestellt habe?«

«Goldrichtig.«

«Er sagte, es hätte mit der Annonce zu tun; er sei in Eile, da er von einer Zelle aus anrufe.«

«Von einer Zelle?«Ich schob das Hosenbein über die befrachtete Socke hinunter und spürte, wie die Kälte tief durch den Verband drang.

«Ja«, sagte Dawson.»Ich konnte es piepen hören. Holen Sie sich keine Frostbeulen damit?«

«Bis jetzt noch nie.«

Das Frühstück, meinte er ein wenig resigniert, werde in einer halben Stunde im Morgenzimmer aufgetragen, und ich dankte ihm und weckte in der Zwischenzeit Litsi auf, der mit verschlafenen Augen sagte, sonntags fange das Leben für ihn normalerweise erst um zehn an.

«Es hat an der Angel geruckt«, erklärte ich und erzählte ihm von John Smith.

«Sind Sie sicher, daß das keine Falle von Nanterre ist?«Litsi wachte gänzlich auf.»Vergessen Sie nicht, Nanterre könnte die Anzeige auch gesehen haben. Vielleicht gehen Sie dann ihm ins Netz anstatt umgekehrt… Daran haben Sie wohl schon gedacht?«

«Ja. Aber ich glaube, John Smith ist echt. Ein Strohmann wäre anders gewesen, entschlossener.«

Er krauste die Stirn.»Ich komme mit«, sagte er.

Ich schüttelte den Kopf.»Ich hätte Sie gern dabei, aber Sammy hat doch heute frei, weil wir alle hier sind, und wenn wir jetzt beide fahren.«

«In Ordnung«, sagte er.»Aber klettern Sie auf keinen Balkon. Wie geht’s Ihrem Fußgelenk? Oder darf ich das nicht fragen?«

«Halbwegs normal«, sagte ich.»Danielle übertreibt.«

«Nicht so sehr. «Er strich mit der Hand durch seine Haare.»Haben Sie genug Geld für John Smith?«

«Ja, bei mir zu Hause. Ich fahre dort vorbei. Irgendwann heute nachmittag komme ich wieder her.«

«Wenn alles gutgeht«, meinte er trocken.

Ich fuhr nach einer besonders gründlichen Inspektion meines Wagens nach Lambourn. Es bestand immerhin die Möglichkeit, daß John Smith doch eine Falle war, obwohl ich es alles in allem nicht glaubte. Nanterre hätte keinen Schauspieler gefunden, der die Feinheiten im Geschäftsgebaren des John Smith vorspiegeln konnte, noch hätte er selbst die Stimme nachahmen können.

John Smith war vielleicht jemand, der eine Belohnung zu ergattern suchte, obwohl er nichts zu bieten hatte; er konnte ein Betrüger sein, dachte ich, aber keine tödliche Gefahr.

Mein Haus mutete kalt und leer an. Ich öffnete die Post, die sich seit Montag dort angesammelt hatte, behielt alles Wichtige und warf den Ramsch zusammen mit mehreren ungelesenen Zeitungen in den Mülleimer. Ich blätterte die Zeitungen von diesem Sonntag durch und konnte in zwei oder drei Versionen, als Kurzmeldung, aber auch als Sonderartikel auf den Sportseiten, nachlesen, daß Col erschossen worden war. Die Berichte kamen alle auf Cascade und Cotopaxi zurück, fragten aber nicht groß nach dem Warum und sagten, Wer sei immer noch ein absolutes Rätsel. Ich hatte Beatrice seit ihrer Ankunft noch keine englische Tageszeitung lesen sehen und hoffte bloß, sie würde heute morgen nicht damit anfangen.

Ich raffte einige Sachen für mich zusammen: saubere Kleidung, das Geld, Schreibpapier, ein Tonbandgerät im Taschenformat, unbespielte Kassetten und eine Handvoll aus einer unordentlichen Schublade herausgesuchte Fotos.

Außerdem packte ich vorsorglich die Videokamera ins Auto, mit der ich Teile des Films gegen Maynard gedreht hatte, und einige unbespielte Bänder und Batterien dafür. Einen festen Plan zu ihrer Verwendung hatte ich nicht. Aus der Küche holte ich dann noch einen kleinen Apparat, den ich in New York erstanden hatte, ein Gerät zum Fernstarten von Autos. Es funktionierte per Funk über einen Empfänger im Auto, der die Zündung einschaltete und den Anlasser in Gang setzte. Ich hatte etwas übrig für technische Spielereien, und diese war bei Frost ausgesprochen nützlich, da man vom Haus aus den Wagen starten und den Motor warmlaufen lassen konnte, bevor man sich ins Schneegestöber stürzte.

Ich sah nach, was mein Anrufbeantworter an Nachrichten hatte, und erledigte das, füllte meine Socke mit frischen Eiswürfeln auf und fuhr schließlich weiter nach Bradbury. Zehn Minuten vor der Zeit kam ich in der kleinen Provinzstadt an.

Das King’s Head, sah ich, war ein eckiges, ziemlich kleines Backsteingebäude, relativ modern und dem Hopfen geweiht. Nichts vom Charme der alten Zeit, weder Wärmpfannen noch Eichenbalken, rote Lampenschirme oder Zinnkrüge; Parkplatz auch nicht. Das Bradbury Arms auf der anderen Straßenseite war mit all dem reichlich ausgestattet.

Ich parkte am Straßenrand und ging zuerst einmal in den Schankraum des King’s Head, wo ich eine Zielscheibe zum Pfeilwerfen sah, mehrere Sitzbänke, niedrige Tische, Sisalmattenbelag und einen ungenügend versorgten Tresen.