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Ich kroch unter den Tisch. Er packte nach mir, verlor das Gleichgewicht und fiel gegen das Kohlebecken. Glühende Kohlen verteilten sich auf dem Steinboden der Kammer. Er heulte auf, als sein Knie knirschend in einem Häufchen heißer Glut landete. Ich riss mir ein Kissen vom Bett und klopfte ein glimmendes Nest von Funken in der Bettdecke aus, die auf den Boden hing. Damit war ich so beschäftigt, dass ich sein Herannahen erst bemerkte, als mich ein fester Hieb auf den Schädel der Länge nach zu Boden warf.

Die Liege kippte um, als ich versuchte, mich mit einer Hand daran hochzuziehen. Einen Moment blieb ich in ihrem Schutz liegen und versuchte, wieder zu Verstand zu kommen. Ich konnte hören, wie Jamie im Halbdunkel Jagd auf mich machte und zwischen zusammenhanglosen gälischen Flüchen keuchend Atem holte. Plötzlich erspähte er mich und warf sich mit irrem Blick über das Bett.

Es ist schwer, genau zu beschreiben, was dann geschah, und sei es nur, weil alles mehrfach geschah und in meiner Erinnerung doch ineinanderläuft. Es kommt mir vor, als hätten sich Jamies brennende Hände nur einmal um meinen Hals geschlossen, doch dieses eine Mal schien nicht zu enden. Tatsächlich waren es Dutzende Male. Jedes Mal gelang es mir, seinen Griff zu lösen und ihn abzuschütteln, um mich dann hinter die umgestürzten Möbel zu flüchten. Und jedes Mal folgte er mir, durch seine Wut vom Rand des Todes fortgezerrt, fluchend und schluchzend, während er mit allen vieren um sich schlug.

Ihres schützenden Behälters beraubt, erloschen die Kohlen rasch und hinterließen das Zimmer pechschwarz und von Dämonen bevölkert. Im letzten Flackern des Lichts sah ich ihn an der Wand hocken, mit feuriger Mähne und blutiger Haut. Sein Penis lehnte sich steif an das verklebte Haar auf seinem Bauch, und aus den blauen Augen in seinem schädelweißen Gesicht leuchtete die Mordgier. Wikinger, Berserker. Wie die Teufel des Nordens, die im Nebel grauer Vorzeit aus ihren Drachenschiffen an die schottische Küste geströmt waren, um zu morden, zu plündern und zu brandschatzen. Männer, die noch die letzte Unze ihrer Kraft zum Töten benutzten. Die mit letzter Kraft vergewaltigten und ihre brutale Saat in die Bäuche der Eroberten pflanzten. Das kleine Räuchergefäß spendete zwar kein Licht, doch der süßliche Opiumgeruch verstopfte mir die Lungen. Obwohl die Kohlen erloschen waren, sah ich Lichter in der Dunkelheit, bunte Lichter, die am Rand meines Gesichtsfelds schwebten.

Es fiel mir immer schwerer, mich zu bewegen; ich fühlte mich, als watete ich bis zu den Oberschenkeln im Wasser, von monströsen Fischen verfolgt. Ich hob die Knie, so hoch es ging, rannte in Zeitlupe, spürte, wie mir das Wasser ins Gesicht spritzte.

Ich schüttelte den Traum ab und begriff, dass ich tatsächlich etwas Feuchtes im Gesicht spürte. Keine Tränen, sondern Blut und den Schweiß des Alptraumgeschöpfes, mit dem ich in der Dunkelheit rang.

Schweiß. Da war doch etwas, was Schweiß mir sagen sollte, doch ich konnte mich nicht erinnern, was es war. Eine Hand krallte sich um meinen Oberarm, und als ich zurückwich, hinterließ sie eine feuchte Spur auf meiner Haut.

Der Dämon hatte mich an der Wand; ich konnte Stein hinter meinem Kopf spüren und Stein unter meinen tastenden Fingern und einen steinharten Körper, der sich fest an mich presste, mir das knochige Knie zwischen die Beine schob, Stein und Bein, zwischen meinen Schenkeln, noch mehr steinerne Härte … ah. Etwas Weiches inmitten der Härte des Lebens, angenehme Kühle in der Hitze, Trost inmitten des Leids …

Ineinander verschlungen fielen wir zu Boden, rollten übereinander, verfingen uns in den Falten des heruntergefallenen Wandteppichs, wurden von der kalten Luft aus dem Fenster überspült. Die Nebel des Irrsinns begannen sich zu lichten.

Wir prallten gegen ein Möbelstück und blieben reglos liegen. Jamies Hände waren fest um meine Brüste geschlossen, und seine Finger bohrten sich schmerzhaft in meine Haut. Ich spürte etwas Feuchtes auf mein Gesicht tropfen, ob Schweiß oder Tränen, wusste ich nicht, doch ich öffnete die Augen, um nachzusehen. Jamie blickte auf mich hinunter, das Gesicht im Mondlicht ausdruckslos, die Augen groß und leer. Seine Hände entspannten sich. Mit einem Finger zeichnete er sanft den Umriss meiner Brust nach, von der Rundung zur Spitze, wieder und wieder. Dann legte sich die Hand um meine Brust, und seine Finger breiteten sich aus wie ein Seestern, sanft wie der Griff eines trinkenden Kindes.

»M-Mutter?«, sagte er. Mir standen die Nackenhaare zu Berge. Es war die hohe, klare Stimme eines kleinen Jungen. »Mutter?«

Die kalte Luft umwehte uns und trieb den ungesunden Rauch in einem Wirbel aus Schneeflocken davon. Ich streckte die Hand aus und legte sie ihm an die kalte Wange.

»Jamie, mein Lieber«, flüsterte ich mit schmerzender Kehle. »Komm her, komm, leg den Kopf an mich, Mann.« Da zitterte die Maske und brach auf, und ich hielt seinen kräftigen Körper an mich, und er schluchzte so sehr, dass es uns beide erbeben ließ.

Zu unserem großen Glück war es der unerschütterliche Bruder William, der uns am Morgen fand. Ich erwachte benommen von dem Geräusch der sich öffnenden Tür und war schlagartig ganz da, als ich hörte, wie er sich nachdrücklich räusperte, ehe er uns mit seiner sanften Yorkshire-Stimme einen guten Morgen wünschte.

Das schwere Gewicht auf meiner Brust war Jamie. Sein Haar war in bronzenen Strähnen getrocknet und ringelte sich über meine Brüste wie die Blütenblätter einer chinesischen Chrysantheme. Die Wange, die sich gegen mein Brustbein presste, war warm und schweißverklebt, doch Rücken und Arme waren, soweit ich sie erreichen konnte, so kalt wie meine Oberschenkel, gekühlt von der Winterluft, die zu uns hereinwehte.

Das Tageslicht, das durch das unverhangene Fenster strömte, gab das ganze Ausmaß der Verwüstung preis, die ich in der vergangenen Nacht nur dumpf erahnt hatte; das Zimmer war mit zertrümmerten Möbeln und Keramikscherben übersät, und die beiden riesigen Kerzenhalter lagen wie umgestürzte Baumstämme in einem Gewirr aus zerrissenen Wandbehängen und verstreuter Bettwäsche. Dem Muster der Kerben nach, die sich schmerzhaft in meinen Rücken bohrten, vermutete ich, dass ich auf dem lieblos angefertigten Wandteppich lag, der Sankt Sebastian, das menschliche Nadelkissen darstellte; falls ja, war es kein großer Verlust für das Kloster.

Bruder William stand reglos in der Tür, Krug und Schüssel in der Hand.

Mit großer Präzision heftete er den Blick auf Jamies linke Augenbraue und erkundigte sich: »Und wie fühlt Ihr Euch heute Morgen?«

Es folgte eine ziemlich lange Pause, in deren Verlauf Jamie rücksichtsvollerweise blieb, wo er war, so dass er mich zum Großteil gegen jeden Blick abschirmte. Schließlich sagte er im heiseren Ton eines Menschen, dem gerade eine Erleuchtung gekommen ist: »Hungrig.«

»Oh, gut«, sagte Bruder William, ohne den Blick von der Augenbraue abzuwenden. »Dann gehe ich und sage Bruder Josef Bescheid.« Die Tür schloss sich lautlos hinter ihm.

»Nett von dir, dich nicht zu bewegen«, sagte ich. »Ich möchte ja nicht, dass Bruder William unseretwegen auf unkeusche Gedanken kommt.«

Blaue Augen sahen mich aus nächster Nähe an. »Aye, nun ja«, sagte er überlegt, »der Anblick meines Hinterns dürfte im Moment wohl niemandem das Keuschheitsgelübde vergällen. Deiner dagegen …« Er hielt inne, um sich zu räuspern.

»Was ist denn mit meinem?«, wollte ich wissen.

Er senkte langsam den Kopf, um mir einen Kuss auf die Schulter zu drücken: »Deiner«, sagte er, »würde einen Bischof kompromittieren.«

»Mmmpfm.« Allmählich beherrschte auch ich die schottischen Laute ziemlich gut. »Wie dem auch sei, vielleicht solltest du dich jetzt doch in Bewegung setzen. Ich vermute, dass selbst Bruder Williams Taktgefühl nicht grenzenlos ist.«

Jamie senkte den Kopf vorsichtig neben den meinen und legte ihn auf eine Ecke des Wandteppichs, um mir von dort aus einen Seitenblick zuzuwerfen. »Ich weiß nicht, wie viel ich von der letzten Nacht geträumt habe und wie viel tatsächlich geschehen ist.« Seine Hand fuhr unbewusst an den Messerschnitt auf seiner Brust. »Aber wenn die Hälfte von dem, was ich glaube, tatsächlich geschehen ist, müsste ich eigentlich tot sein.«