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»Halt! Hilfe!«, rief ich. »Er fällt!« Ich erinnerte mich noch gut an meinen letzten spontanen Abgang in die Büsche und hatte nicht vor, so etwas – noch dazu in Begleitung – zu wiederholen.

Dunkle Gestalten umringten uns wirbelnd und unter wirrem Gemurmel. Jamie rutschte kopfüber wie ein Sack Steine vom Pferd. Zum Glück landete er irgendjemandem in den Armen. Bis ich vom Pferd gekrabbelt war, waren die anderen schon längst abgestiegen und hatten ihn auf eine Wiese gelegt.

»Er atmet noch«, sagte einer von ihnen erstaunt.

»Oh, wie hilfreich«, fuhr ich ihn an und tastete hektisch in der Dunkelheit nach Jamies Puls. Schließlich fand ich ihn, rapide, aber kräftig. Ich legte ihm die Hand auf die Brust, hielt mein Ohr an seinen Mund und spürte ein regelmäßiges Auf und Ab. Das Keuchen hatte nachgelassen. Ich richtete mich auf.

»Ich glaube, er ist nur ohnmächtig geworden«, sagte ich. »Legt ihm eine Satteltasche unter die Füße, und wenn es Wasser gibt, bringt mir etwas.« Zu meiner Überraschung wurden meine Anordnungen augenblicklich befolgt. Anscheinend war der junge Mann ihnen wichtig. Er stöhnte und öffnete die Augen, schwarze Löcher im Sternenschein. In dem schwachen Licht sah sein Gesicht wie ein Totenschädel aus, denn seine weiße Haut spannte sich fest über die schrägen Knochen rings um seine Augenhöhlen.

»Mir fehlt nichts«, behauptete er heiser und versuchte, sich zu setzen. »Mir ist nur ein bisschen schwindelig, das ist alles.« Ich legte ihm die Hand auf die Brust und drückte ihn wieder auf den Boden.

»Liegen bleiben«, befahl ich. Ich untersuchte ihn hastig mit den Fingerspitzen, dann erhob ich mich auf die Knie und wandte mich einer Gestalt zu, die über mir aufragte und die ich ihrer Größe nach für Dougal hielt, den Anführer.

»Die Schussverletzung blutet wieder, und außerdem hat der Idiot sich anstechen lassen. Ich glaube nicht, dass es ernst ist, aber er hat ziemlich viel Blut verloren. Sein Hemd ist durch und durch nass, doch ich weiß nicht, wie viel davon sein Blut ist. Er braucht dringend Ruhe; wir sollten wenigstens bis zum Morgen hier Rast machen.« Die Gestalt bewegte sich verneinend.

»Nein. Wir sind zwar schon weiter, als sich die Garnison vorwagen wird, aber wir dürfen die Wachpatrouille nicht vergessen. Wir haben noch gut fünfzehn Meilen vor uns.« Der gesichtslose Kopf legte sich zurück, um den Weg zu begutachten, den die Sterne zurückgelegt hatten.

»Fünf Stunden mindestens, wahrscheinlich eher sieben. Wir können so lange bleiben, bis Ihr die Blutung gestillt und ihn wieder verbunden habt, viel länger nicht.«

Ich machte mich ans Werk und murmelte verdrossen vor mich hin, während Dougal mit einem leisen Wort einen der anderen Schatten dazu abkommandierte, mit den Pferden an der Straße Wache zu halten. Die anderen Männer entspannten sich während dieser Zeit, tranken etwas und unterhielten sich leise. Murtagh mit dem Wieselgesicht half mir, indem er Leinenstreifen zurechtriss, noch etwas Wasser holte und den Patienten anhob, damit ich den Verband befestigen konnte, denn ich hatte es Jamie strikt verboten, sich zu bewegen, obwohl er steif und fest behauptete, es gehe ihm gut.

»Dir geht es nicht gut, und das ist wahrhaftig kein Wunder«, fuhr ich ihn an und ließ meiner Angst und meinem Ärger freien Lauf. »Was für ein Idiot lässt sich denn verletzen und hält nicht eine Sekunde inne, um sich darum zu kümmern? Konntest du denn nicht merken, wie sehr du geblutet hast? Du hast Glück, dass du nicht tot bist! Die ganze Zeit durch die Gegend zu hetzen und dich zu prügeln und vom Pferd zu werfen … Ach, halt doch still, du verdammter Dummkopf.« Die Streifen aus Leinen und Viskose, mit denen ich hantierte, entwischten mir in der Dunkelheit ständig wie Fische, die ihre weißen Bäuche spottend aufblitzen ließen, ehe sie in die Tiefe davonhuschten. Trotz der Kälte brach mir der Schweiß im Nacken aus. Schließlich band ich das eine Ende fest und griff nach einem anderen, das immer wieder hinter den Rücken des Patienten rutschte. »Komm zurück, du … oh, du gottverdammtes Mistding!« Jamie hatte sich bewegt, und das erste Ende hatte sich erneut gelöst.

Es folgte ein Moment schockierter Stille. »Himmel«, sagte der fette Kerl namens Rupert. »Ich habe im Leben noch nie eine Frau so fluchen hören.«

»Dann kennst du meine Tante Grisel nicht«, ließ sich eine andere Stimme unter allgemeinem Gelächter hören.

»Euer Mann sollte Euch das Fell gerben«, empfahl empört eine gestrenge Stimme in der Finsternis unter einem Baum. »Der heilige Paulus sagt: ›Lasset die Frauen schweigen und …‹«

»Sie können sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern«, fauchte ich, und der Schweiß lief mir hinter den Ohren entlang, »genau wie der heilige Paulus.« Ich wischte mir mit dem Ärmel über die Stirn. »Dreht ihn nach links. Und wenn du«, sagte ich an meinen Patienten gerichtet, »auch nur mit einem Muskel zuckst, während ich diesen Verband befestige, erwürge ich dich.«

»Och, aye«, antwortete er kleinlaut.

Am letzten Streifen zog ich zu fest, und der ganze Verband löste sich.

»So ein gottverdammter Mist!«, rief ich und hieb frustriert mit der Hand auf den Boden. Wieder folgte ein Moment schockierter Stille, dann, während ich im Dunkeln nach den losen Enden der Bandagen tastete, weitere Bemerkungen über meine unfrauliche Ausdrucksweise.

»Vielleicht sollten wir sie ja nach Ste. Anne schicken, Dougal«, meinte eine der gesichtslosen Gestalten, die im Finsteren am Straßenrand hockten. »Ich habe Jamie noch kein einziges Mal fluchen hören, seit wir von der Küste aufgebrochen sind, und er hatte ein schlimmeres Mundwerk als jeder Seemann. Vier Monate im Kloster scheinen gewirkt zu haben. Du missbrauchst ja nicht einmal mehr den Namen des Herrn, was, Junge?«

»Das würdest du auch nicht tun, wenn du dafür hättest büßen müssen, indem sie dich im Februar um Mitternacht drei Stunden nur im Hemd auf dem Steinboden der Kapelle liegen lassen«, antwortete mein Patient.

Die Männer lachten alle, und er fuhr fort: »Die auferlegte Buße dauerte eigentlich nur zwei Stunden, aber ich habe hinterher noch eine zum Aufstehen gebraucht; ich habe gedacht, meine … äh, ich dachte, ich wäre an den Steinplatten festgefroren, aber am Ende war ich doch nur steif.«

Anscheinend ging es ihm besser. Ich lächelte unwillkürlich, sprach ihn aber trotzdem streng an. »Ruhe«, warnte ich, »sonst tue ich dir noch weh.« Er fasste sich vorsichtig an den Verband, und ich schlug seine Hand beiseite.

»Oh, Drohungen, wie?«, fragte er dreist. »Und das, nachdem ich meinen Whisky mit dir geteilt habe.«

Die Feldflasche vollendete ihre Runde. Dougal kniete sich neben mich und hob sie dem Patienten vorsichtig an den Mund. Der durchdringende, verbrannte Geruch sehr rohen Whiskys stieg auf, und ich legte die Hand auf die Flasche.

»Keinen Whisky mehr«, verordnete ich. »Er braucht Tee oder notfalls Wasser. Keinen Alkohol.«

Dougal entzog mir die Flasche, ohne mich zu beachten, und schüttete meinem Patienten einen ordentlichen Schluck der scharf riechenden Flüssigkeit in den Hals, so dass er hustete. Er wartete gerade eben ab, bis der Mann am Boden wieder zu Atem gekommen war, dann setzte er die Flasche noch einmal an.

»Aufhören!« Wieder streckte ich die Hand nach dem Whisky aus. »Soll er so betrunken werden, dass er nicht mehr stehen kann?«

Ich wurde grob beiseitegeschubst.

»Was für eine Kratzbürste sie doch ist, nicht wahr?«, sagte mein Patient belustigt.