Выбрать главу

Ich wandte den Kopf, seinem Kuss entgegen. Sein Magen knurrte laut.

»Lach nicht«, brummte er. »Das ist alles deine Schuld, weil du mich hungern lässt. Es ist ein Wunder, dass ich es überhaupt fertiggebracht habe, nur mit Rinderbrühe und Ale.«

»Also schön«, sagte ich und lachte immer noch. »Du hast gewonnen. Du kannst morgen ein Ei zum Frühstück haben.«

»Ha«, sagte er im Tonfall tiefer Genugtuung. »Ich wusste doch, dass du mir etwas zu essen gibst, wenn ich dir nur den richtigen Anreiz biete.«

Wir lagen uns gegenüber und schliefen eng umschlungen ein.

Kapitel 41

Aus dem Schoß der Erde

Im Verlauf der nächsten beiden Wochen fuhr Jamies Genesung weiter fort, und ich fuhr fort, mir Fragen zu stellen. An manchen Tagen glaubte ich, wir müssten nach Rom gehen, wo der Prätendent Hof hielt, und … was tun? Dann wieder wünschte ich mir von ganzem Herzen nichts mehr, als einen sicheren, abgelegenen Fleck zu finden, wo wir in Frieden leben konnten.

Es war ein warmer, heller Tag, und die Eiszapfen an den Nasen der Wasserspeier tropften unablässig vor sich hin und bohrten unter den Dachrinnen tiefe Krater in den Schnee. Die Tür zu Jamies Zimmer war nur angelehnt, und sein Fenster war nicht verhängt, um mit dem Rauch auch die letzten Dämpfe der Krankheit zu vertreiben.

Vorsichtig steckte ich meinen Kopf um die Tür ins Zimmer hinein, um ihn nicht zu wecken, falls er schlief, doch die schmale Liege war leer. Er saß am offenen Fenster, halb von der Tür abgewandt, so dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte.

Er war zwar immer noch furchtbar dünn, doch er trug die breiten Schultern aufrecht unter dem groben Stoff der Novizenkutte, und die Anmut seiner Kraft kehrte allmählich zurück; er saß reglos und gerade auf seinem Hocker, die Beine unter der Sitzfläche verschränkt, die Konturen seines Körpers fest und harmonisch. Er hielt das rechte Handgelenk in der gesunden linken Hand und drehte die rechte Hand langsam im Sonnenlicht hin und her.

Auf dem Tisch lag ein Häufchen Stoffstreifen. Er hatte sich die Verbände von der verletzten Hand gewickelt, die er nun genau betrachtete. Reglos blieb ich an der Tür stehen. Von hier aus konnte ich die Hand gut sehen, während er sie drehte und vorsichtig betastete.

Auf der Handfläche war das Stigma der Nagelwunde nur klein, und ich war froh zu sehen, dass es gut verheilt war; nicht mehr als ein Knötchen aus rötlichem Narbengewebe, das im Lauf der Zeit verblassen würde. Auf dem Handrücken war die Lage weniger günstig. Von der Entzündung zerfressen, bedeckte die Wunde dort ein Stück Haut von der Größe einer Sixpencemünze, und sie war immer noch mit Krusten und wunder Narbenhaut bedeckt.

Auch über den Mittelfinger zog sich eine gezackte Wulst aus rotem Narbengewebe, die gleich unterhalb des ersten Gelenks begann und sich fast bis zum Knöchel zog. Daumen und Zeigefinger waren auch ohne ihre Schienen gerade, doch der kleine Finger war schlimm verdreht; er war an drei separaten Stellen gebrochen gewesen, die ich anscheinend nicht alle hatte richten können. Der Ringfinger war seltsam verwachsen, so dass er etwas nach oben ragte, wenn er die Hand wie jetzt flach auf den Tisch legte.

Jamie drehte die Handfläche nach oben und begann, die Finger mit der anderen Hand sacht zu bewegen. Manche beugten sich nicht mehr als etwa zwei Zentimeter; der Ringfinger rührte sich gar nicht. Wie ich ja schon befürchtet hatte, war das zweite Gelenk wahrscheinlich für immer steif.

Er drehte die Hand hin und her, hielt sie sich vor das Gesicht und betrachtete die steifen, verdrehten Finger und die hässlichen Narben, die im Sonnenlicht gnadenlos leuchteten. Dann senkte er plötzlich den Kopf, hielt sich die verletzte Hand an die Brust und legte die gesunde schützend darüber. Er stieß zwar kein Geräusch aus, doch seine breiten Schultern bebten kurz.

»Jamie.« Rasch durchquerte ich das Zimmer, kniete mich neben ihn und legte ihm sanft die Hand auf das Knie.

»Jamie, es tut mir leid«, sagte ich. »Ich habe getan, was ich konnte.«

Er sah mich erstaunt an. Tränen glitzerten in der Sonne auf seinen kräftigen rotbraunen Wimpern, und er wischte sie hastig mit dem Handrücken fort.

»Was?«, sagte er schluckend, sichtlich verblüfft über mein plötzliches Erscheinen. »Es tut dir leid? Was denn, Sassenach?«

»Deine Hand.« Ich streckte den Arm danach aus und zeichnete sacht die krummen Finger nach, berührte die eingesunkene Narbe auf dem Handrücken.

»Es wird besser werden«, versicherte ich ihm inständig. »Ganz bestimmt. Ich weiß, dass sie dir jetzt steif und nutzlos erscheint, aber das kommt daher, dass sie so lange geschient gewesen ist und die Knochen noch nicht richtig verheilt sind. Ich kann dir zeigen, wie du sie bewegen und massieren kannst. Du wirst sie wieder weitgehend benutzen können, wirklich …«

Er unterbrach mich, indem er mir die gesunde Hand auf die Wange legte.

»Hast du etwa gemeint …?«, begann er, dann hielt er inne und schüttelte ungläubig den Kopf. »Du hast gedacht …?« Wieder hielt er inne und begann noch einmal von vorn.

»Sassenach«, sagte er, »du hast doch nicht gedacht, dass ich um einen steifen Finger und ein paar neue Narben trauere?« Er lächelte ein wenig schief. »Ich bin ja vielleicht ein eitler Mensch, aber so schlimm ist es hoffentlich doch nicht.«

»Aber du …«, begann ich. Er nahm meine Hände in die seinen, stand auf und zog mich hoch. Ich hob die Hand und strich die einzelne Träne fort, die ihm über die Wange rollte. Die kleine feuchte Spur auf meinem Daumen war warm.

»Ich habe vor Freude geweint, Sassenach«, sagte er leise. Langsam nahm er mein Gesicht in seine Hände. »Und Gott gedankt, dass ich zwei Hände habe. Zwei Hände, mit denen ich dich halten kann, dich liebkosen kann, dich lieben kann. Gott sei gedankt, dass ich deinetwegen unversehrt geblieben bin.«

Ich legte meine Hände auf die seinen.

»Aber warum solltest du das nicht sein?«, fragte ich verdutzt. Und dann fiel mir die mörderische Sammlung von Sägen und Messern ein, die ich unter Davie Beatons Ausrüstung in Leoch gefunden hatte, und ich wusste es. Wusste, was ich im Angesicht des Notfalls völlig vergessen hatte. Dass nämlich in den Tagen vor der Entdeckung der Antibiotika das übliche – das einzige – Heilmittel bei einer Entzündung die Amputation der betroffenen Gliedmaße war.

»Oh, Jamie«, sagte ich. Ich bekam weiche Knie, wenn ich nur daran dachte, und ließ mich abrupt auf den Hocker fallen.

»Darauf bin ich überhaupt nicht gekommen«, sagte ich, immer noch wie vom Donner gerührt. »Ich habe ganz ehrlich nicht eine Sekunde daran gedacht.« Ich blickte zu ihm auf. »Aber, Jamie, wenn es mir eingefallen wäre, hätte ich es wahrscheinlich getan. Um dir das Leben zu retten.«

»Macht man es denn … machen sie es denn nicht so in … deiner Zeit?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Es gibt Medikamente zur Entzündungshemmung. Also bin ich gar nicht darauf gekommen«, sagte ich staunend. Dann hob ich plötzlich den Kopf. »Du etwa?«

Er nickte. »Ich habe fest damit gerechnet. Das war der Grund, warum ich dich in jenem Moment gebeten habe, mich sterben zu lassen. Daran habe ich gedacht, wenn ich nicht zu benommen war. Und … nur in diesem einen Moment … dachte ich, ich könnte es nicht ertragen, so zu leben. So ist es nämlich Ian ergangen.«

»Nein, wirklich?« Ich war schockiert. »Er hat mir gesagt, er hätte sein Bein durch eine Granate verloren, und ich bin nicht auf den Gedanken gekommen, ihn nach den Einzelheiten zu fragen.«