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»Aye, eine Granatenverletzung an seinem Bein hat sich entzündet. Die Ärzte haben es ihm abgenommen, um eine Blutvergiftung zu verhindern.« Er hielt inne.

»Ian kommt eigentlich nicht schlecht damit zurecht. Aber …« Er zögerte und zog an seinem steifen Ringfinger. »Ich kannte ihn ja vorher schon. Es geht ihm nur deshalb so gut, weil er Jenny hat. Sie … hält ihn zusammen.« Er lächelte mich verlegen an. »Wie du es für mich getan hast. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum sich Frauen diese Mühe machen.«

»Nun ja«, sagte ich leise, »das tun Frauen nun einmal gern.«

Er lachte still in sich hinein und zog mich an sich. »Aye. Der Himmel weiß, warum.«

Eine Weile standen wir eng umschlungen da, ohne uns zu bewegen. Meine Stirn ruhte an seiner Brust, ich hatte die Arme um seinen Rücken gelegt, und ich konnte seinen Herzschlag spüren, langsam und kräftig. Schließlich bewegte er sich und ließ mich los.

»Ich muss dir etwas zeigen«, sagte er. Er drehte sich um und öffnete die kleine Schublade des Tischs, um einen zusammengefalteten Brief hervorzuziehen, den er mir reichte.

Es war ein Empfehlungsschreiben, in dem Abt Alexander dem Chevalier St. George, auch bekannt als Seine Majestät, König James von Schottland, seinen Neffen James Fraser als fähigen Linguisten und Übersetzer ans Herz legte.

»Es ist ein Anfang«, sagte Jamie, während er beobachtete, wie ich den Brief zusammenfaltete. »Und wir werden bald ein Ziel brauchen. Aber was du mir auf dem Craigh na Dun erzählt hast – das war doch wahr, oder?«

Ich holte tief Luft und nickte. »Es ist wahr.«

Er nahm mir den Brief ab und klopfte sich nachdenklich damit auf das Knie.

»Dann ist das hier«, er wedelte mit dem Brief, »alles andere als ungefährlich.«

»Möglich.«

Er warf das Pergament in die Schublade und blickte ihm noch einen Moment nach. Dann hob er den Kopf, und seine dunkelblauen Augen hielten die meinen gefangen. Sanft legte er mir die Hand auf die Wange.

»Ich habe es ernst gemeint, Claire«, sagte er leise. »Mein Leben gehört dir. Und es ist an dir zu entscheiden, was wir tun sollen, wohin wir als Nächstes gehen. Nach Frankreich, nach Italien, sogar zurück nach Schottland. Mein Herz gehört dir, seit ich dich das erste Mal gesehen habe, und hier hast du meine Seele und meinen Körper in deinen Händen gehalten und sie gerettet. Wir gehen, wohin du es sagst.«

Es klopfte leise an der Tür, und wir zuckten auseinander wie ertappte Liebende. Hastig fuhr ich mir über das Haar, während ich dachte, dass ein Kloster zwar ein exzellentes Genesungsheim war, als Liebesnest jedoch einiges zu wünschen übrig ließ.

Ein Laienbruder trat auf Jamies Aufforderung hin ein und legte eine große lederne Satteltasche auf den Tisch. »Von MacRannoch aus Eldridge Manor«, sagte er mit einem breiten Grinsen. »Für Mylady Broch Tuarach.« Dann verbeugte er sich und ging und hinterließ einen Hauch von Meerwasser und kalter Luft.

Ich öffnete die Schnallen der Lederriemen, neugierig, was mir MacRannoch wohl geschickt haben mochte. Die Tasche enthielt drei Dinge: eine Note, nicht adressiert und nicht unterzeichnet, ein kleines Päckchen, das an Jamie adressiert war, und den gegerbten Pelz eines Wolfes, der noch kräftig nach dem Handwerk des Gerbers roch.

In der Note stand: »Wem ein tugendsam Weib beschert ist, viel edler denn die köstlichsten Perlen.«

Jamie hatte das andere Päckchen geöffnet. Er hielt etwas Kleines, Schimmerndes in der Hand und warf einen fragenden Blick auf den Wolfspelz.

»Das ist ja doch ein wenig seltsam. Sir Marcus hat dir einen Wolfspelz geschickt, Sassenach, und mir ein Perlenarmband. Vielleicht hat er die Etiketten vertauscht?«

Das Armband war wunderhübsch, eine einzelne Reihe Süßwasserperlen, die von verflochtenen Goldketten umrahmt wurden.

»Nein«, sagte ich und betrachtete es bewundernd. »Es ist richtig. Das Armband passt zu der Halskette, die du mir bei unserer Hochzeit gegeben hast. Deine Mutter hatte sie von ihm, wusstest du das?«

»Nein, das wusste ich nicht«, antwortete er leise und berührte die Perlen. »Vater hat sie mir für meine Frau gegeben, wer auch immer das sein würde.« Ein flüchtiges Lächeln zupfte an seinem Mundwinkel. »Aber er hat mir nicht gesagt, woher sie stammten.«

Ich erinnerte mich an Sir Marcus’ Hilfsbereitschaft in der Nacht, als wir so spontan in sein Haus geplatzt waren, und an seinen Gesichtsausdruck, als wir ihn am nächsten Tag verlassen hatten. Ich konnte Jamies Gesicht ansehen, dass auch er an den Baronet dachte, der sein Vater hätte werden können. Er streckte die Hand aus, um mir das Armband umzulegen.

»Aber es ist doch nicht für mich!«, protestierte ich.

»Natürlich ist es das«, sagte er entschlossen. »Es ziemt sich nicht für einen Mann, einer respektablen, verheirateten Frau ein Schmuckstück zu schenken, also hat er es mir geschickt. Aber es ist eindeutig für dich.« Er sah mich an und grinste. »Es passt auch gar nicht um mein Handgelenk, so klapperdürr ich im Moment auch sein mag.«

Er wandte sich dem zusammengelegten Wolfsfell zu und schüttelte es aus.

»Aber warum hat dir MacRannoch das geschickt?« Er legte sich den haarigen Pelz um die Schultern, und ich fuhr mit einem Aufschrei zurück. Der Kopf war sorgfältig mit abgehäutet und gegerbt worden. Mit gelben Glasaugen funkelte er mir böse von Jamies linker Schulter entgegen.

»Ach!«, sagte ich. »Er ist noch genauso, wie er aussah, als er noch am Leben war!«

Jamie, der meiner Blickrichtung folgte, wandte den Kopf und sah sich unvermittelt der zähnefletschenden Visage gegenüber. Mit einem Schreckensruf riss er sich den Pelz vom Leib und schleuderte ihn durch das Zimmer.

»Großer Gott!«, sagte er und bekreuzigte sich. Das Fell lag nun auf dem Boden, und die Glasaugen funkelten im Kerzenschein finster vor sich hin.

»Wie meinst du das, ›als er noch am Leben war‹, Sassenach? War er etwa ein persönlicher Freund von dir?«, fragte Jamie und betrachtete den Wolf mit zusammengekniffenen Augen.

Da erzählte ich ihm alles, wozu ich bis jetzt nicht gekommen war; von dem Wolf und den anderen Wölfen, von Hector und dem Schnee, von der Kate mit dem Bären und der Auseinandersetzung mit Sir Marcus, von Murtaghs Erscheinen und den Rindern und dem langen Warten auf dem Hügel im violetten Nebel der verschneiten Nacht, dem Warten auf die Nachricht, ob er noch lebte oder tot war.

Dünn oder nicht, seine Brust war breit und seine Arme warm und kraftvoll. Er drückte mein Gesicht an seine Schulter und wiegte mich, während ich schluchzte. Eine Weile versuchte ich, mich zu beherrschen, doch er nahm mich nur fester in den Arm und sagte leise, sanfte Worte in die Wolke meines Haars, und schließlich gab ich auf und weinte mit der völligen Hingabe eines Kindes, bis ich vor Erschöpfung erschlaffte und nach Atem rang.

»Übrigens habe ich auch ein kleines Geschenk für dich, Sassenach«, sagte er und strich mir über das Haar. Ich zog die Nase hoch und wischte sie an meinem Rock ab, weil ich nichts anderes zur Hand hatte.

»Es tut mir leid, dass ich nichts für dich habe«, sagte ich und sah zu, wie er aufstand und die zerwühlte Bettwäsche durchsuchte. Vielleicht suchte er ja ein Taschentuch, dachte ich und zog erneut die Nase hoch.

»Abgesehen von solch kleinen Geschenken wie meinem Leben, meiner Unversehrtheit und meiner rechten Hand?«, fragte er trocken. »Das reicht für den Anfang, a nighean donn.« Er richtete sich auf und hielt eine Novizenrobe in der Hand. »Zieh dich aus.«

Mir fiel der Mund auf. »Was?«

»Zieh dich aus, Sassenach, und zieh das hier an.« Er reichte mir die Robe und grinste. »Oder möchtest du, dass ich mich umdrehe?«

Ich hielt das grobe Leinen um mich geklammert und folgte Jamie die nächste dunkle Treppenflucht hinunter. Es war die dritte und bei weitem die schmalste; die Laterne in seiner Hand beleuchtete die Steinblöcke von Wänden, die kaum mehr als einen halben Meter auseinanderlagen. Es fühlte sich sehr so an, als würden wir von der Erde verschluckt, je weiter wir dem schmalen schwarzen Schacht in die Tiefe folgten.