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»Seht zu, dass Ihr fertig werdet«, befahl Dougal. »Wir haben heute Nacht noch einen langen Weg vor uns, und er wird die Kraft brauchen, die ihm der Whisky gibt.«

Sobald die Bandagen fest verknotet waren, versuchte der Patient, sich zu setzen. Ich drückte ihn flach auf den Boden und legte ihm das Knie auf die Brust, um ihn dort festzuhalten. »Nicht bewegen«, sagte ich mit Nachdruck. Ich packte Dougal am Kiltsaum und zerrte fest daran, damit er sich noch einmal neben mich kniete.

»Sehen Sie sich das an«, befahl ich in meinem besten Oberschwesternton. Ich ließ ihm das tropfnasse Hemd in die Hände fallen. Mit einem angewiderten Ausruf schleuderte er es von sich.

Ich nahm seine Hand und legte sie dem Patienten auf die Schulter. »Und da. Eine Klinge hat sich komplett durch seinen Trapezmuskel gebohrt.«

»Ein Bajonett«, meldete sich der Patient hilfsbereit zu Wort.

»Ein Bajonett!«, rief ich aus. »Und warum hast du mir das nicht gesagt?«

Er zuckte mit den Schultern und grunzte schmerzerfüllt auf. »Ich habe gespürt, wie es eingedrungen ist, aber ich konnte nicht sagen, wie schlimm es war; es hat nicht sehr weh getan.«

»Tut es jetzt weh?«

»Ja«, antwortete er knapp.

»Gut«, sagte ich nun restlos provoziert. »Du hast es verdient. Vielleicht lehrt dich das, dich herumzutreiben, junge Frauen zu entführen und Menschen zu t-töten und …« Ich war den Tränen lächerlich nah und hielt inne, während ich um meine Fassung rang.

Dougal wurde unseres Wortwechsels müde. »Also, kannst du deine Füße rechts und links von einem Pferd halten, Mann?«

»Er kann nicht reiten!«, protestierte ich aufgebracht. »Er gehört ins Krankenhaus! Und er kann schon gar nicht …«

Wie immer wurde mein Protest vollständig ignoriert.

»Kannst du reiten?«, wiederholte Dougal.

»Aye, wenn du mir die Kleine von der Brust nimmst und mir ein sauberes Hemd besorgst.«

Kapitel 4

Ich komme zur Burg

Der Rest des Weges verstrich ereignislos, wenn man es denn als ereignislos bezeichnet, mitten in der Nacht fünfzehn Meilen über Stock und Stein zu reiten, häufig ohne den Luxus einer Straße, in Begleitung einer Gruppe bis an die Zähne bewaffneter Männer in Kilts und schließlich auf einem Pferd mit einem Verletzten. Immerhin wurden wir nicht von Straßenräubern angegriffen, wir begegneten keinem Raubtier, und es regnete nicht. Gemessen an dem Standard, an den ich mich allmählich gewöhnte, war es sogar ziemlich langweilig.

Die Dämmerung erhob sich in Streifen und Schlieren über dem nebeligen Moor. Unser Ziel ragte vor uns auf, ein riesiger dunkler Steinklotz im grauen Gegenlicht.

Die Umgebung war nicht länger still und verlassen. Ein schmaler Strom schlicht gekleideter Menschen bewegte sich auf die Burg zu. Sie traten an die Seite der engen Straße, um die Pferde vorbeitraben zu lassen, und starrten mit offenen Mündern auf meine Kleidung, die ihnen unübersehbar fremd erschien.

Wenig überraschend herrschte dichter Nebel, doch das Licht reichte aus, um mir eine Steinbrücke über einem kleinen Fluss zu zeigen, der vor der Burg entlanglief und sich eine Viertelmeile weiter in einen dumpf schimmernden See ergoss.

Die Burg selbst war kantig und massiv. Keine verspielten Türmchen oder gezackten Zinnen. Dies war eher ein riesiges befestigtes Haus mit dicken Steinmauern und hohen Fensterschlitzen. Mehrere Schornsteine rauchten über den glänzenden Schieferdächern und trugen das ihre zum allgemeinen Grau in Grau bei.

Der mit einem Tor versehene Eingang war breit genug, um zwei Wagen nebeneinander durchzulassen. Das kann ich mit Fug und Recht behaupten, denn genau das passierte gerade, als wir die Brücke überquerten. Der eine von Ochsen gezogene Wagen war mit Fässern beladen, der andere mit Heu. Unsere kleine Kavalkade drängte sich auf der Brücke zusammen und wartete ungeduldig darauf, dass die Wagen ihre mühselige Durchfahrt vollendeten.

Ich riskierte eine Frage, während sich die Pferde ihren Weg über die schlüpfrigen Steine des feuchten Innenhofs bahnten. Ich hatte nicht mehr mit meinem Begleiter gesprochen, seit ich ihm unterwegs die Wunde erneut verbunden hatte. Auch er hatte geschwiegen und nur hin und wieder leise aufgestöhnt, wenn ihn ein Fehltritt des Pferdes durchrüttelte.

»Wo sind wir?«, krächzte ich heiser von der Kälte und vom langen Schweigen.

»Burg Leoch«, antwortete er knapp.

Leoch. Nun gut, wenigstens wusste ich jetzt, wo ich war. Als ich zuletzt in Leoch gewesen war, war es eine malerische Ruine in den Highlands gewesen. Jetzt war es noch um einiges malerischer, dank der Schweine, die am Fuß der Burgmauern wühlten, und des durchdringenden Güllegeruchs. Allmählich begann ich, die unmögliche Vorstellung zu akzeptieren, dass ich mich höchstwahrscheinlich irgendwo im achtzehnten Jahrhundert befand.

Ich war mir sicher, dass es trotz aller Bombenkrater nirgendwo im Schottland von 1946 solchen Schmutz und ein solches Chaos gab. Und dass wir definitiv in Schottland waren, daran ließen die Akzente der Menschen auf dem Innenhof keinen Zweifel.

»Heda, Dougal!«, rief ein zerlumpter Pferdeknecht, der auf das Pferd des Anführers zulief, um es am Zaumzeug zu packen. »Du bist früh dran, Mann, wir hatten nicht vor dem Gathering mit euch gerechnet!«

Der Anführer unserer kleinen Gruppe schwang sich aus dem Sattel und überließ dem schmutzigen Jungen die Zügel.

»Aye, nun ja, wir hatten Glück, und wir hatten Pech. Ich muss zu meinem Bruder. Kannst du Mrs. Fitz rufen, damit sie sich um die Männer kümmert? Sie brauchen Frühstück und ein Bett.«

Er winkte Murtagh und Rupert, ihn zu begleiten, und die drei verschwanden zusammen in einem Durchgang.

Auch wir anderen stiegen ab und dampften zehn Minuten auf dem nassen Hof vor uns hin, ehe Mrs. Fitz, wer auch immer das sein mochte, die Güte besaß, sich zu zeigen. Ein Gewimmel neugieriger Kinder sammelte sich rings um uns und spekulierte über meine mögliche Herkunft und Funktion. Die Waghalsigeren unter ihnen brachten gerade den Mut auf, an meinem Rock zu zupfen, als eine kräftige Dame in braunem Leinen geschäftig aus dem Haus kam und sie verscheuchte.

»Willy, mein Lieber!«, rief sie erfreut. »Wie schön, dich zu sehen! Und Neddie!« Sie gab dem kleinen Glatzkopf einen herzlichen Begrüßungskuss, der ihn beinahe umwarf. »Ihr braucht bestimmt Frühstück. In der Küche gibt es reichlich, geht und bedient euch.« Sie wandte sich mir und Jamie zu und fuhr zurück wie von einer Schlange gebissen. Sie gaffte mich mit offenem Mund an, dann heftete sich ihr Blick stirnrunzelnd auf Jamie und verlangte eine Erklärung für meine Erscheinung.

»Claire«, sagte er und neigte den Kopf knapp in meine Richtung, »und Mistress FitzGibbons«, fügte er mit einem Nicken in die andere Richtung hinzu. »Murtagh hat Claire gestern gefunden, und Dougal hat gesagt, wir müssen sie mitnehmen«, fügte er hinzu, um zu verdeutlichen, dass ihn keine Schuld traf.

Mistress FitzGibbons schloss den Mund und betrachtete mich abschätzend von oben bis unten. Anscheinend kam sie zu dem Schluss, dass ich trotz meiner seltsamen, skandalösen Aufmachung relativ harmlos aussah, denn sie lächelte – gütig, obwohl ihr mehrere Zähne fehlten – und nahm mich beim Arm.

»Nun denn, Claire. Willkommen. Kommt mit mir, und wir suchen Euch etwas, das Euch ein bisschen mehr … mmm.« Sie betrachtete meinen kurzen Rock und meine unangemessenen Schuhe und schüttelte den Kopf.

Sie führte mich schon festen Schrittes davon, als mir mein Patient einfiel.

»Oh, warten S…, wartet bitte! Ich habe Jamie ganz vergessen!«

Mistress FitzGibbons war überrascht. »Ach, Jamie kann für sich selbst sorgen. Er weiß, wo es Essen gibt, und irgendjemand wird ihm schon einen Schlafplatz besorgen.«

»Aber er ist verletzt. Er ist gestern angeschossen worden und hat eine Stichwunde. Ich habe ihn notdürftig versorgt, aber ich hatte keine Zeit, die Wunde anständig zu säubern oder zu verbinden. Ich muss mich jetzt darum kümmern, ehe sie sich infiziert.«