Scottsdale 1991
Diana Gabaldon
Interview
FRAGE: Wie intensiv hatten Sie als Autorin des Romans mit der Adaption für das Fernsehen zu tun?
Nicht sehr intensiv, denn ich schreibe keine Drehbücher und arbeite auch nicht direkt an der Produktion mit. Andererseits aber auch … sehr intensiv, denn die Produzenten haben sich entschlossen, mich in ihre Arbeit mit einzubeziehen und mich nach meiner Meinung zu bestimmten Dingen zu fragen. (Sie hören zwar nicht unbedingt darauf, aber immerhin fragen sie.)
FRAGE: Hat es Änderungen gegeben, die die Drehbuchautoren machen mussten, um die Geschichte für den Bildschirm zu adaptieren?
Natürlich. Man kann ja ein Siebenhundert-Seiten-Buch nicht buchstabengetreu Seite für Seite verfilmen. Es würde Jahre dauern, das zu filmen, Monate, es zu senden, und sehr wahrscheinlich wäre es schlechtes Fernsehen. Ein Buch hat seine eigene Form, und es bietet dem Autor unbegrenzt Platz, seine Ziele zu verfolgen. Eine TV-Serie hat eine festgelegte Anzahl von 55-Minuten-Folgen, und jede dieser Folgen muss ihren eigenen Spannungsbogen und ihr eigenes Thema haben.
Ich finde, das Produktionsteam hat großartige Arbeit bei der Adaption geleistet, indem es die Essenz der Geschichte und einen großen Teil des Originalmaterials bewahrt hat. Ron D. Moore hat von Anfang an gesagt, dass er vorhat, das Buch zu »realisieren«, nicht, es neu zu erfinden, und ich bin der Meinung, es ist ihm gelungen. Jeder, der das Buch gelesen hat und es mag, wird es auf der Stelle wiedererkennen – aber gleichzeitig fasziniert sein von den zusätzlichen Dimensionen, die das visuelle Medium möglich macht.
FRAGE: Sie sind eine der Produzentinnen der TV-Serie »Outlander« – welche Aufgaben und Herausforderungen sind damit verbunden?
Nein, ich bin keine Produzentin; ich bin Beraterin. Das ist ein ziemlich flexibler Begriff, der nichts oder jede Menge bedeuten kann. Ich persönlich habe großes Glück; das Produktionsteam ist so großzügig, mich kontinuierlich mit einzubeziehen. Ich bekomme die Drehbücher und die Muster zu sehen, und sie wollen meine Meinung dazu hören.
Meine Aufgabe besteht mehr oder weniger darin, die eine oder andere, hoffentlich hilfreiche Anmerkung zu machen – zum Beispiel zur historischen Korrektheit, zu eventuellen Anachronismen oder aber auch in Bezug auf die Bücher. Dabei kann es um Handlungsfäden oder Figuren gehen, die vielleicht im Verlauf der Geschichte oder in späteren Büchern/Staffeln noch eine Rolle spielen – oder darum, was ich über die Fans der Bücher, über ihre Sichtweise und ihre Vorlieben weiß.
Ein paar kurze Beispiele: In einem Drehbuch entfernt sich Claire von der Truppe, die unterwegs ist, um die Pacht einzutreiben, und unterhält sich mit einigen Dorfbewohnerinnen. In der ersten Version (ein Drehbuch durchläuft diverse Entstehungsschritte und ändert sich konstant, bis hin zu – oft sogar noch während – seiner Verfilmung) war das Dorf wie die Ortschaft beschrieben, in der man den Anfang der Staffel gefilmt hatte: gemauerte Häuser, gepflasterte Straßen, Dorfläden, und Claire wird von ihren neuen Freundinnen zum Tee und zum Kartenspiel eingeladen.
Ich habe angemerkt, dass die Aussage der Szene – ihre Isolation inmitten der Männer und ihr Bedürfnis nach Anschluss – zwar in Ordnung sei, diese Situation aber nicht in die Zeit gepasst hätte. Abgelegene Highlanddörfer waren viel primitiver: keine Straßen, rietgedeckte Lehmhütten, mit Sicherheit keine Läden, und zu dieser Zeit hätten Frauen an einem solchen Ort weder Tee getrunken (sie hatten gar keinen) noch Karten gespielt. Nicht nur, dass man Karten als Teufelswerk betrachtet hätte, solche Frauen hätten auch gar keine Zeit für so etwas gehabt, schon gar nicht bei Tageslicht. Unter den harschen Bedingungen der Highlands war das Überleben nur möglich, wenn so gut wie jeder vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang arbeitete. Ich habe also ein paar mögliche Beschäftigungen für diese Frauen vorgeschlagen, Ziegenmelken, die Herstellung von Butter oder Käse, das Spinnen oder Kardieren von Wolle … oder eben das Walken der Wolle.
Das ist ein Prozess, der für die Highlands typisch war und außerdem visuell einiges hergibt. Eine Gruppe von Frauen saß sich also an einem Tisch oder auf dem Boden gegenüber und hatte eine lange Bahn frisch gewebten Tartanstoff vor sich liegen. Dieser wurde mit heißem Urin getränkt (Harnstoff dient zur Fixierung der Farbe), und dann wurde der Stoff stundenlang über den Untergrund geschoben und mit den Fäusten bearbeitet, um die Oberfläche zu verfilzen und das Material einigermaßen wasserdicht zu machen. Um sich die Monotonie dieser Tätigkeit zu verkürzen, haben die Frauen dazu traditionelle »waulking songs« gesungen.
Das Produktionsteam hat sich prompt mit dem Highland Folk Museum in Newtonmore in Verbindung gesetzt, wo es ein nachgebautes Dorf gibt, das genau meiner Beschreibung entspricht und in dem eine Gruppe von Personen das damalige Leben nachstellt, darunter auch Frauen, die Wolle walken und diese Lieder kennen. In der fünften Folge (»Tribut«) kann man sie dabei sehen; die Szene trägt auf eine sehr schöne Art zur Atmosphäre bei und erfüllt dabei den Zweck der ursprünglichen Szene, nämlich Claire das Gefühl zu geben, willkommen und mit einbezogen zu sein.
Ein andermal habe ich die Rohfassung der zweiten Folge gesehen, in der Claire Jamie die Schulter verbindet und er sie tröstet, weil sie ihren Mann verloren hat. Als er sich verabschiedet, sagt er zu ihr, dass sie keine Angst vor ihm zu haben braucht oder vor irgendjemand sonst, solange er bei ihr ist.
Ich hatte die Szene schon (mehrfach) in den Mustern gesehen und wusste also, wie sie ablief und dass sie vollständig gedreht worden war. Doch in der Rohfassung der kompletten Folge fehlte diese letzte Dialogzeile; die Szene endete ungefähr fünf Sekunden vorher. Ich habe das Produktionsteam gedrängt zu versuchen, die Zeile wieder einzufügen, mit dem Argument, dass es im Buch ein Satz mit Kultcharakter ist, dessen Fehlen den Fans mit Sicherheit auffallen würde. (Und ich habe hinzugefügt: »Außerdem sieht Jamie in dieser Einstellung umwerfend aus, so halb nackt, blutverschmiert und ernst.«) Und sie haben auf mich gehört und die Zeile wieder hineingeschnitten – und die Fans waren (natürlich) hin und weg davon.
Damit will ich nicht sagen, dass das Team immer tut, was ich vorschlage – aber es hört mir auf jeden Fall zu, und das ist ein Privileg, das ich sehr zu schätzen weiß.
FRAGE: Die Besetzung der Schauspieler muss eine große Herausforderung gewesen sein. War es schwer, Schauspieler zu finden, die Ihrer Beschreibung der Charaktere entsprachen?