Das flammende Kreuz ist ein Regenbogen. Es beginnt mit der Beschreibung der Ereignisse eines sehr langen Tages – und jeder einzelne Faden der Geschichte nimmt seinen Ursprung an diesem Tag. Und jeder hat dann seinen eigenen Bogen, der an einem anderen Punkt endet.
Ein Hauch von Schnee und Asche. Vielleicht kennen Sie ja Katsushika Hokusais Gemälde »Die große Welle von Kanagawa«. So ist dieses Buch geformt – nur gibt es zwei große Wellen, eine ganze Sammlung von Handlungsfäden, die zu einem überwältigenden Höhepunkt ansteigen – und die kleinen Gestalten in Booten, die der Welle im Weg sind. Im Hintergrund der Fuji, massiv und unberührt vom Chaos des Wassers (der Fuji ist die Liebe zwischen Jamie und Claire).
(Ich wiederhole mich tatsächlich nicht gern. Obwohl dies eine fortlaufende Reihe ist, die im Kern von denselben Figuren handelt, hat jedes Buch seine eigene Struktur, sein eigenes Thema, dem es sich auf seine eigene Weise annähert, und seinen eigenen Stil. Außerdem ist in jedem Buch eine Erzählstimme dazugekommen – obwohl mir das nicht bewusst war, bis mich ein Freund nach dem Erscheinen von »Der Ruf der Trommel« darauf aufmerksam gemacht hat. Das achte Buch hat schließlich also auch acht Stimmen.)
Echo der Hoffnung ist geformt wie ein Krähenfuß. Ein Krähenfuß ist eine uralte Militärwaffe, die ursprünglich benutzt wurde, um die herannahende Kavallerie unschädlich zu machen. Es ist ein vierzackiger Stern, dessen Enden so angeordnet sind, dass er – ganz gleich, wie man ihn wirft – immer auf drei Stacheln stehen bleibt und einer senkrecht nach oben zeigt. Das Buch hat vier große Erzählstränge, die im Knotenpunkt der amerikanischen Revolution verschmelzen – und jeder endet in einem spitzen Stachel, glauben Sie mir.
Ein Schatten von Verrat und Liebe erinnert an ein Musikstück, das der T-S-T-D-Kadenz folgt. Der erste Teil entspricht der Tonika, dem Grundakkord der Kadenz: Jamie und Claire und die Menschen, mit denen sie zusammenleben. Im zweiten Teil hören wir die Subdominante als Variation dieser Stimmung – Brianna und Roger. Teil drei, vier und fünf gehen zurück zur Tonika – Jamie und Claire. In Teil sechs spitzen sich die Ereignisse zu und bedürfen der Auflösung: Der Dominant-Septim-Akkord erklingt. Und schließlich als Auflösung wieder die Tonika.
Da ich mir die Bücher nicht im Voraus zurechtlege (wo bliebe denn da der Spaß?), habe ich noch keine Ahnung, wo die Serie endet. Es gibt ein Ende; so viel weiß ich schon. Aber da sind wir noch nicht.
Politisch korrekt = historisch korrekt?
Jeder Mensch reagiert anders auf ein Buch (oder einen Film), und dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Immer wieder schreiben mir Leute, dass sie beim ersten Mal so und so über ein bestimmtes Element in meinen Büchern gedacht haben, dass sie es aber, als sie es fünf Jahre später noch einmal gelesen haben, ganz anders gesehen haben – oder Dinge gesehen haben, die ihnen beim ersten Mal gar nicht aufgefallen waren.
Es gibt eine Szene in »Feuer und Stein«, die im Lauf der Zeit immer wieder wahre Wellen von mehr oder weniger entrüsteten Reaktionen ausgelöst hat: die Szene, in der Jamie Claire körperlich bestraft, nachdem er sie in Fort William vor Hauptmann Randall gerettet hat. In den ersten zwei, drei Jahren nach dem Erscheinen des Buches konnte man diese Szene nicht erwähnen, ohne dass in bestimmten Foren ein Riesenstreit ausbrach, bei dem es am Ende aber meistens um Genrekonventionen ging. Dann etwa fünf Jahre lang … so gut wie gar nichts.
Das Buch hat sich weiter verkauft – so viel wusste ich von meinen Abrechnungen –, aber der Protest gegen diese Szene beschränkte sich auf vereinzelte Leserbriefe, meistens von Personen, die die Szene entweder vollkommen in den falschen Hals bekommen hatten (ein extrem bestürzter junger Mann war fest überzeugt, dass Claire von Kopf bis Fuß blutig geschlagen worden war, da er ihren Hang zur ironischen Übertreibung anscheinend nicht mitbekommen und daher ihre Formulierung »halb totgeprügelt« trotz ihres Verhaltens auf den nächsten Seiten wörtlich genommen hatte) oder selbst persönlich von dem Thema betroffen waren, was aber nichts mit der Geschichte an und für sich zu tun hatte. Öffentliche Kontroversen gab es so gut wie keine.
Dann gab es ein kurzes öffentliches Aufflackern unter dem Motto: »Aber er ist doch der Held. Ein Held würde so etwas nie tun!« Mehrere Jahre Ruhe, dann wieder eine Welle von Vorwürfen, es wäre unmoralisch und verantwortungslos von mir, eine solche Szene zu schreiben, da sie ja unweigerlich dazu führen musste, dass Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, zu dem Schluss kommen, dass es völlig in Ordnung ist, wenn ihnen ihre Männer oder Freunde die Zähne ausschlagen.
(Politisch unkorrekte Gegenfrage: Kann man wirklich so dumm sein, das aus einem historischen Roman zu schlussfolgern? Ich habe jedenfalls noch von keiner Frau gehört, die das tatsächlich dachte. Im Gegenteil, es ist mehrfach vorgekommen, dass sich in solchen Diskussionen Frauen zu Wort gemeldet haben, die sagten, sie wären Überlebende häuslicher Gewalt, und diese Szene hätte nun wirklich nichts damit zu tun. Oft mit dem Nachsatz, sie hätten die Szene interessant gefunden.)
Wieder ein paar Jahre Ruhe … und so weiter. Ich weiß nicht, warum das Thema jetzt wieder so aktuell ist – vielleicht liegt es daran, dass demnächst die TV-Folge mit dieser Szene ausgestrahlt wird und das lange Warten darauf die Phantasie einiger Leser angeregt hat, die in Bezug auf dieses Thema empfänglich sind.
Damit will ich natürlich auf keinen Fall sagen, dass das Thema nicht existiert – natürlich tut es das. Aber erstens existiert es schon viel länger, als die Medien davon Notiz nehmen, und zweitens wird bei der Wortwahl gern übertrieben. Vor allem wehre ich mich gegen die Formulierung, die nun bei der jüngsten Runde geäußert wurde, dass Jamie versucht, Claire zu »brechen« (ob nun physisch oder psychisch), indem er ihr den Hintern versohlt.
Dabei geht es doch gerade darum – und nur deshalb kann die Szene funktionieren –, dass er eben nicht versucht, sie zu »brechen«. Er will ihr auch keinen körperlichen Schaden zufügen, und er ist erst recht nicht in Rage. Natürlich wäre er dazu imstande, aber er hat sich absolut im Griff, und er macht genau das, was er vorhat: Er bestraft sie, und zwar genauso, wie man ihn als Kind und als aufsässigen Jugendlichen bestraft hat – und mit exakt derselben Absicht.
Jamies Vater hat auch nicht versucht, ihn irgendwie zu brechen; alles, was er wollte, war, sich die Aufmerksamkeit des Jungen zu sichern und ihm (mit Nachdruck) nahezulegen, dass er sich nach der gesellschaftlichen Ordnung zu richten hatte, zum Nutzen aller, Jamie selbst mit eingeschlossen.
Das ist für Jamie – und für die Menschen in seiner Umgebung – der Zweck einer Strafe. Es geht nicht um Rache, und es geht nicht darum, seine Wut an einem anderen auszulassen; es geht nicht darum, diesen anderen physisch oder psychisch zu vernichten. Es geht darum, die allgemeine Ordnung zu bewahren und den Delinquenten in der sicheren Umgebung der Gruppe halten zu können.
Viele Menschen (in Nordamerika und Westeuropa) des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts wissen den Wert der Ordnung nicht zu schätzen. (Schalten Sie den Fernseher ein und schauen Sie nur 15 Minuten zu …). Das war früher notwendigerweise anders. In einer lebensfeindlichen Umgebung, in der man zudem durch andere bedroht wird, ist das Überleben nur möglich, wenn man zusammenhält. Es ist nicht möglich, loszuziehen und seine eigenen Ziele zu verfolgen, ohne sich selbst und (wahrscheinlich) auch die Gruppe, zu der man gehört, in Gefahr zu bringen.
Für jemanden, der nach ca. 1965 geboren ist, ist das schwer zu verinnerlichen, weil er sich noch nie in einer solchen Notlage befunden hat.
Mir fällt hier ein Erlebnis auf einer Lesereise ein, in Traverse City, Michigan. Nach einem sehr langen Abend hatten mich die Organisatoren eingeladen, noch etwas essen zu gehen, und wir sind in ein Lokal in der Stadt gegangen, wo noch ein paar andere Leute zu uns gestoßen sind, darunter ein ziemlich interessanter Herr, der ebenfalls Autor ist und früher Marinesoldat war. Er hatte schon überall auf der Welt gelebt, und wir haben uns unter anderem über Kriege und Geschichte unterhalten. Er war etwas älter als ich, aber körperlich sehr fit.