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Wie gesagt, es war schon ziemlich spät – das Restaurant hatte extra für uns die Küche noch geöffnet, und wir hatten auf die Schnelle Hamburger und Salat gegessen –, und als wir uns alle gemeinsam auf den Rückweg zum Hotel gemacht haben, waren auf der Straße nur noch Leute, die vor den Kneipen herumlungerten. Als wir uns einer solchen Gruppe näherten, konnten wir sehen, wie sie uns neugierig und sehr genau taxiert haben, dann weggeschaut, sich gegenseitig angestoßen und laut geredet haben, kurz, sie haben sich auf eine Weise benommen, die mich, wäre ich allein gewesen, bewogen hätte, kehrtzumachen und einen Umweg zu nehmen, um ihnen nicht in die Quere zu kommen.

Der Ex-Soldat hat sich – in Anzug und Krawatte – vor unsere kleine Truppe gestellt und in aller Ruhe gesagt: »Lasst mich vorgehen. Haltet euch hinter mir, und bleibt dicht zusammen.« Was wir alle getan haben, das können Sie mir glauben. (Es waren noch zwei andere Männer dabei, die ihm ebenfalls sofort Folge geleistet haben – allerdings instinktiv die drei Frauen flankiert haben.) Wir haben uns wie eine Pfeilspitze durch die größere Gruppe geschoben, die uns mit nicht mehr als dem einen oder anderen vulgären Zuruf durchgelassen hat, und wir sind ohne Zwischenfälle zum Hotel gekommen.

Vide eine Gruppe mit einer funktionierenden Gesellschaftsordnung, die sich einer zufälligen Ansammlung mit einem gewissen Potenzial für unangenehmes, wenn nicht sogar gewalttätiges Verhalten nähert und sie ohne Probleme passiert.

Jamie hätte es zwar weder sich selbst noch Claire gegenüber so formuliert, aber das ist genau das, was er hier macht, aus demselben Grund.

Was mich zu einer weiteren Anmerkung zum Thema Gruppendynamik bringt: Wie Jamie Claire sehr ausdrücklich erklärt, besteht ihr Verbrechen nicht darin, dass sie seine Anordnungen nicht befolgt hat (obwohl sie das nach den Sitten der damaligen Zeit hätte tun sollen), sondern dass sie dadurch alle anderen in Gefahr gebracht hat. Und das hat sie auch. Es wäre gut möglich gewesen, dass viele von ihnen umgekommen oder im Gefängnis gelandet wären, ganz zu schweigen davon, was aus Jamie selbst geworden wäre (was er aber mit keinem Wort erwähnt).

Allerdings klärt er sie auf, was einem Mann drohen würde, der getan hat, was sie getan hat – schwere körperliche Bestrafung, wenn nicht sogar der Tod. Die Highlander sind eine Gruppe mit engem Zusammenhalt, weil das zu ihrer Sicherheit notwendig ist. Deshalb haben sie Sitten und Traditionen, die für die Ordnung und ebendiesen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe sorgen.

Claire ist durch ihre Ehe mit Jamie ein Mitglied dieser Gruppe geworden, und sie muss – der Meinung der Männer nach – dringend darin unterwiesen werden, wie man sich verhält. Es ist Jamies Pflicht, das zu tun – und wenn er sich geweigert hätte, hätte es sehr wahrscheinlich Dougal oder einer der anderen getan, vermutlich vor aller Augen.

Ein weiteres Argument, das manchmal angeführt wird, ist, dass Jamie zugibt, die Bestrafung genossen zu haben. Dieses Thema tauchte gerade wieder in einem Online-Forum auf, und ich habe folgendermaßen geantwortet:

Er hat es (zumindest teilweise) genossen, weil er ihretwegen gerade vierundzwanzig Stunden lang durch die Hölle gegangen ist.

In seinen Augen (und er wusste ja nicht, warum sie wirklich davongelaufen war) war sie nicht nur verantwortungslos, ungehorsam (und nicht nur »eigensinnig« – sie hat ja ganz bewusst getan, was er ihr verboten hatte, und seine Anweisung war unter den Umständen nicht unangemessen) und leichtsinnig gewesen (Warum sollte jemand glauben, dass es eine gute Idee ist, allein in einer Gegend umherzuspazieren, in der es Rotröcke und Deserteure gibt? Schließlich haben Jamie und Claire gerade eine tödliche Begegnung mit britischen Deserteuren hinter sich), ihr ist gar nicht klar, dass sie die Männer, die ihr zur Hilfe geeilt sind, hätte umbringen können, und sie drückt auch keinerlei Bedauern über ihre Handlungsweise aus.

Außerdem hat sie ihm Todesangst eingejagt; er wusste genau, was Randall ihr möglicherweise antun würde und dass es durchaus denkbar war, dass er sie nie wiedersehen würde. Haben Sie schon einmal Eltern gesehen, deren Kind fast überfahren worden wäre, weil es auf die Straße gelaufen ist? Meistens nehmen sie das kleine Monster nicht auf den Arm und herzen es zu Tode – sie packen den Übeltäter, geben ihm einen Klaps auf den Hintern und brüllen: »Spinnst du?!?«

Und dann hat sie ihn in die unangenehme Lage gebracht, Gerechtigkeit walten lassen zu müssen und dafür sorgen zu müssen, dass die Gemeinschaft sie wieder akzeptieren kann. Er ist frisch verheiratet, und plötzlich muss er diese halb öffentliche und ziemlich peinliche Aufgabe übernehmen, weil es seine Pflicht ist, seine Frau zur Ordnung zu rufen.

Fügen Sie jetzt noch seine persönliche Vergangenheit mit Jack Randall hinzu (dem er gerade persönlich begegnet ist und der dadurch auf seine Anwesenheit aufmerksam geworden ist, was ihn und alle in seiner Umgebung dauerhaft in Gefahr bringt) und die Tatsache, dass er sie aus Fort William befreien musste, einem Ort, der für ihn selbst mit Kerker, Trauer, Schmerz und Wut verbunden ist, und …

Sie wundern sich, dass es ihm Freude macht, ihr ein paar Klapse auf den Hintern zu verpassen? Der Mann ist ja geduldig, aber ein Engel ist er nicht.

Der Garten von Leoch

Hast du es schon einmal getan?«, fragte Ellen misstrauisch.

»Äh …« Ja. Mehr oder weniger. Einmal. Und er würde den Teufel tun, es zuzugeben. »Du denn?«

Ihre Augen öffneten sich wie Kornblumen.

»Oh, aye«, sagte sie. »Mit meinem Bruder Dougal.«

»Was?« Er fuhr zurück und fühlte sich, als wäre ihm das Herz stehengeblieben. Sie kugelte sich zusammen vor Lachen, und es begann von vorn.

»Du«, sagte er, »bist ein kleines Aas, Ellen MacKenzie.«

»Oh, vielleicht.« Sie kicherte immer noch, hielt aber inne, als sie seine Miene sah. »Du hast mir doch nicht geglaubt, oder?«

»Natürlich nicht!« Natürlich nicht. Andererseits, Dougal MacKenzie … immerhin erzählte man sich …

Sie prustete.

»Du glaubst mir nicht, dass ich noch Jungfrau bin?«

Er verlor die Geduld.

»Bist du es denn?«

»Das wirst du doch in einer Minute wissen, oder?« Sie legte sich flach auf den Rücken, die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, die Augen fest zugekniffen.

Er betrachtete sie einen Moment und rieb sich zerstreut das Kinn. Was genau erwartete sie nur von ihm?

Sie öffnete ein Auge.

»Wolltest du nicht mit mir schlafen?«

»Nun, es geht doch nicht … ich meine … wenn du so daliegst …« Er wies mit einer hilflosen Geste auf ihre Haltung.

»Oh.« Prompt spreizte sie die Beine, bis sich ihr Rock darüber spannte. »Ist das besser?«

»Aye, viel besser«, sagte er trocken. »Setz dich, du freches Ding, und küss mich.«

Sie setzte sich, immer noch argwöhnisch. Vollkommen reglos saß sie da, auch wenn sie das Kinn hob, und er sah ihren Herzschlag, ein Flattern unter der Haut an ihrem Hals. Auch in ihm flatterte es, als er begriff, dass sie Angst hatte – und zweifellos lieber sterben würde, als das zuzugeben.

Er streckte vorsichtig die Hand aus, um ihre Wange zu umfassen, sacht, als zöge er eine nistende Taube aus dem Taubenschlag. Sie schloss die Augen und leckte sich mit einem kleinen Zucken die Unterlippe. Dann runzelte sie konzentriert die Stirn und spitzte die Lippen.

Er glaubte es einfach nicht. Aber er sagte es trotzdem.