Ich hörte ihr respektvoll zu und merkte mir alles, obwohl ich aufrichtig hoffte, dass ich nie gezwungen sein würde, dieses Wissen anzuwenden.
»Und jetzt, Junge, spül dir hiermit den Mund aus; es reinigt die Wunden und lindert den Schmerz. Weidenrindentee«, erklärte sie an mich gerichtet, »mit etwas geriebener Lilienwurzel.« Ich nickte; ich erinnerte mich, in einer längst vergangenen Botanikstunde gehört zu haben, dass Weidenrinde in der Tat Salizylsäure enthielt, den Wirkstoff des Aspirins.
»Kann es denn nicht sein, dass die Weidenrinde die Blutung verstärkt?«, fragte ich. Mrs. Fitz nickte beifällig.
»Aye, manchmal. Deshalb verabreicht man danach eine ordentliche Handvoll in Essig getränktes Johanniskraut; das stillt Blutungen, wenn man es bei Vollmond sammelt und gut zerstampft.« Jamie spülte sich gehorsam den Mund mit der adstringierenden Lösung aus, auch wenn ihm der beißende Essig die Tränen in die Augen trieb.
Die Blutegel hatten sich jetzt vollgesogen und waren auf das Vierfache ihrer ursprünglichen Größe angeschwollen. Die faltige Haut der dunklen Tierchen war jetzt gespannt und glänzte; sie sahen wie runde, polierte Steine aus. Ein Egel fiel plötzlich ab und landete vor meinen Füßen auf dem Boden. Mrs. Fitz, die sich trotz ihrer Körperfülle mühelos bückte, hob ihn zielsicher auf und legte ihn wieder in die Schüssel. Sie fasste den anderen Egel vorsichtig direkt hinter dem Maul und zog sacht daran, so dass sich sein Kopf in die Länge dehnte.
»Nicht zu fest ziehen«, sagte sie. »Manchmal platzen sie.« Ich erschauerte unwillkürlich bei dieser Vorstellung. »Aber wenn sie fast satt sind, lassen sie meistens einfach los. Wenn nicht, lasst sie, und sie fallen von selbst ab.« Dieser Blutegel ließ tatsächlich einfach los und hinterließ ein kleines Blutrinnsal an der Stelle, an der er gesessen hatte. Ich betupfte die kleine Wunde mit einem Handtuchzipfel, den ich in die Essiglösung getaucht hatte. Zu meiner Überraschung hatten die Egel gewirkt; die Schwellung war beträchtlich zurückgegangen, und das Auge war zumindest teilweise offen, obwohl das Lid noch dick war. Mrs. Fitz untersuchte es kritisch und beschloss, keinen weiteren Blutegel zu nehmen.
»Du wirst morgen einen außerordentlich schönen Anblick bieten, Junge«, prophezeite sie und schüttelte den Kopf, »aber wenigstens wirst du etwas sehen können. Jetzt solltest du ein Stückchen rohes Fleisch darauflegen und einen Tropfen Suppe mit einem Schluck Bier trinken, um dich zu stärken. Komm gleich in die Küche, dort bekommst du beides.« Sie ergriff ihr Tablett, hielt aber kurz inne.
»Was du getan hast, war sehr lieb von dir, Junge. Laoghaire ist meine Enkeltochter; ich danke dir an ihrer Stelle. Obwohl sie dir besser persönlich danken sollte, wenn sie Manieren hat.« Sie tätschelte Jamie die Wange und watschelte ebenso schwerfällig wie behende davon.
Ich untersuchte ihn nun sorgfältig; die archaische Behandlung war überraschend wirksam gewesen. Das Auge war zwar immer noch etwas geschwollen, aber kaum verfärbt, und der Riss in der Lippe war jetzt eine saubere Linie, die nicht mehr blutete und kaum dunkler als das umliegende Gewebe war.
»Wie fühlst du dich?«, fragte ich.
»Gut.« Ich muss ihn ungläubig angesehen haben, denn er lächelte, allerdings vorsichtig wegen der Verletzungen an seinem Mund. »Es sind doch nur ein paar blaue Flecken. Sieht so aus, als müsste ich mich schon wieder bei dir bedanken; jetzt hast du mich an drei Tagen schon dreimal verarztet. Du musst mich für einen ziemlichen Tollpatsch halten.«
Ich berührte eine rote Stelle an seinem Kinn. »Nicht für einen Tollpatsch. Aber ein bisschen tollkühn vielleicht.« Mir fiel eine Bewegung am Eingang zum Hof ins Auge, wo es gelb und blau aufblitzte. Das Mädchen namens Laoghaire hielt sich schüchtern im Hintergrund, als sie mich sah.
»Ich glaube, da ist jemand, der dich allein sprechen möchte«, sagte ich. »Ich gehe dann. Aber der Verband an deiner Schulter kann morgen abgenommen werden. Ich komme zu dir.«
»Aye. Nochmals danke.« Er drückte mir zum Abschied sacht die Hand. Ich entfernte mich und warf im Vorübergehen einen neugierigen Blick auf das Mädchen. Aus der Nähe war sie noch hübscher, mit sanften blauen Augen und samtiger Haut. Sie leuchtete geradezu, als sie Jamie ansah. Während ich den Innenhof hinter mir ließ, fragte ich mich, ob seine ritterliche Geste tatsächlich so selbstlos gewesen war wie zunächst vermutet.
Nachdem mich am Morgen das Gezwitscher der Vögel im Freien und der Menschen in der Burg geweckt hatte, zog ich mich an und suchte mir durch die zugigen Korridore meinen Weg zum Speisesaal. Dieser war jetzt wieder umgeräumt, und aus riesigen Kesseln wurde Porridge verteilt, zusammen mit auf dem Feuer gebackenem Fladenbrot, das mit Melasse beträufelt war. Der Duft des dampfenden Essens war so kräftig, dass man sich fast daran anlehnen konnte. Ich fühlte mich immer noch benommen und verwirrt, doch ein warmes Frühstück stärkte mich für einen Erkundungsgang.
Mrs. FitzGibbons steckte bis zu den Ellbogen in Mehlteig, als ich ihr mitteilte, dass ich Jamie suchen wollte, um ihm den Verband abzunehmen und mir einen Eindruck davon zu verschaffen, wie es um die Heilung seiner Schussverletzung stand. Sie winkte mit ihrer weiß verschmierten Hand, und einer ihrer kleinen Helfer kam herbei.
»Alec, lauf und such Jamie, den neuen Pferdeknecht. Sag ihm, er soll mit dir kommen, um sich die Schulter verarzten zu lassen. Wir sind im Kräutergarten.« Sie schnippte mit den Fingern, und der Junge trollte sich, um meinen Patienten ausfindig zu machen.
Mrs. FitzGibbons überließ einer Küchenmagd den Teig, wusch sich die Hände und wandte sich mir zu.
»Es wird ein bisschen dauern, bis sie zurück sind. Möchtet Ihr vielleicht in der Zeit einen Blick auf den Kräutergarten werfen? Ihr scheint Euch ja mit Pflanzen auszukennen, und wenn Ihr wollt, könntet Ihr hin und wieder dort mit Hand anlegen.«
Der Kräutergarten, wichtiger Lieferant für Heil- und Gewürzkräuter, lag geschützt in einem Innenhof, der groß genug war, um die Sonne einzulassen, aber von den Frühlingswinden abgeschirmt war und seinen eigenen Brunnen besaß. Fenchelstauden begrenzten den Garten im Westen, Kamille im Süden und Brombeeren im Norden; die Burg selbst bildete den Ostrand und bot zusätzlichen Schutz vor dem Wind. Es gelang mir, die grünen Sprossen später Krokusse und die weichen Blätter des Schildampfers zu erkennen, die aus dem fruchtbaren dunklen Boden hervorlugten. Mrs. Fitz zeigte mir Fingerhut, Gartenmelde und Ziest, dazu einige weitere Kräuter, die ich nicht kannte.
Das späte Frühjahr war Pflanzzeit. Der Korb an Mrs. Fitz’ Arm enthielt massenweise Knoblauchzehen, aus denen die Ausbeute des Sommers sprießen würde. Die kräftige Matrone reichte mir den Korb und einen Grabstock, mit dem man Löcher in den Boden drückte. Offenbar hatte ich lange genug in der Burg herumgefaulenzt; solange Colum noch keine Aufgabe für mich gefunden hatte, hatte Mrs. Fitz immer Arbeit für eine untätige Hand.
»Hier, meine Liebe. Pflanzt sie hier an der Südseite zwischen dem Thymian und dem Fingerhut.« Sie zeigte mir, wie man die Knollen in einzelne Zehen aufteilte, ohne sie zu verletzen, und wie man sie einpflanzte. Es war ganz einfach, man steckte die Zehen mit dem stumpfen Ende nach unten in den Boden, circa vier Zentimeter tief. Dann stand sie auf und schüttelte sich den Staub aus den voluminösen Röcken.
»Behaltet ein paar Knollen«, wies sie mich an. »Teilt sie auf und pflanzt sie einzeln überall im Garten verteilt. Knoblauch hält das Ungeziefer von den anderen Pflanzen fern, Zwiebeln und Schafgarbe ebenfalls. Und knipst die verblühten Ringelblumen ab, aber sammelt sie, sie sind nützlich.«
Durch den ganzen Garten verstreut wuchsen Ringelblumen, deren goldene Blüten sich gerade öffneten. In diesem Moment kam der kleine Junge, den sie losgeschickt hatte, um Jamie zu suchen, atemlos zurückgerannt. Er berichtete, dass sich der Patient weigerte, seinen Arbeitsplatz zu verlassen.